Rn. 30

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Entstrickungsvorgänge iS § 4 Abs 1 S 3 EStG: Das Antragswahlrecht zur Bildung eines Ausgleichspostens knüpft an den Entstrickungstatbestand des § 4 Abs 1 S 3 EStG an. § 4g EStG ist systematisch eine Ausnahmeregelung zu den in § 4 Abs 1 S 3 EStG angeordneten Entstrickungsfolgen, er gilt daher (vorbehaltlich Anordnung entsprechender Geltung) nicht für andere Entstrickungs-/Realisationsvorgänge (vgl Reddig in Kirchhof/Seer, § 4g EStG Rz 3 (20. Aufl 2021); kahle in Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht, Rz 2995 (4. Aufl 2021)). Die Bildung eines Ausgleichspostens ist damit dem Grunde nach nur möglich, wenn ein WG iSd § 4 Abs 1 S 3 EStG als entnommen gilt (im Einzelnen s §§ 4, 5 Rn 244ff (Briesemeister)), ein Realisationstatbestand hierdurch also lediglich fingiert, der Gewinn damit nicht durch einen tatsächlichen Leistungsfähigkeitszuwachs gedeckt wird. Nicht durch Bildung eines Ausgleichspostens streckbar sind damit Gewinne, die auf echte Realisationstatbestände, dh auf einen Verwertungsakt am Markt zurückgehen (Bsp Veräußerung), ebenso wie solche, die durch sog unechte Realisationstatbestände ohne Verwertungsakt verursacht werden (Bsp Wertaufholung, § 6 Abs 1 Nr 1 S 4, Nr 2 S 3 EStG; Entnahme iS § 4 Abs 1 S 3 EStG).

 

Rn. 31

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

WG-Überführung: Die Ausgleichspostenbildung setzt voraus, dass eine Überführung von WG in eine ausländische Betriebsstätte ursächlich für das Entstehen eines Entstrickungsgewinns ist. Auf die Entnahmefiktion bei Nutzungsüberlassung von WG zurückgehende Gewinne (s §§ 4, 5 Rn 263ff (Briesemeister)) sind tatbestandlich dagegen nicht erfasst, da die Zuordnung des WG zur inländischen Betriebsstätte unverändert fortbesteht (ebenso Kessler/Winterhalter/Huck, DStR 2007, 133, 134; Bodden in Korn, § 4g EStG, Rz 33 (September 2019); Kolbe in H/H/R, § 4g EStG Rz 17 (Februar 2021); Heinicke in Schmidt, § 4g EStG Rz 4 (40. Aufl 2021)). Der fiktive Entnahmegewinn entsteht bei Nutzungsüberlassung ohnehin ratierlich. Für Entstrickungsgewinne infolge fiktiver Veräußerungen von WG, dh fiktiver WG-Zuordnungswechsel iS § 12 Abs 1 KStG wird die Geltung des § 4g EStG angeordnet (vgl auch BMF v 22.12.2016, BStBl I 2017, 182 Rz 452 iVm BsGaV).

 

Rn. 32

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Überführung in EU-/EWR-Betriebsstätte: Die Bildung eines Ausgleichspostens ist nur möglich, wenn das Besteuerungsrecht Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des WG zugunsten eine Staates iS § 36 Abs 5 S 1 EStG beschränkt oder ausgeschlossen wird. Begünstigt sind damit nunmehr sowohl WG-Überführungen in Mitgliedstaaten der EU als auch des EWR, sofern durch diese Staaten Amtshilfe entsprechend oder iSd Amtshilferichtlinie gemäß § 2 Abs 11 EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG) und gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung iS der Beitreibungsrichtlinie einschließlich in diesem Zusammenhang anzuwendender Durchführungsbestimmungen im VZ jeweils geltender Fassung oder eines entsprechenden Nachfolgerechtsakts geleistet werden. Die bisherige Beschränkung auf Überführungen in EU-Betriebsstätten wurde in Übereinstimmung mit der ATAD und nach anhaltender Kritik im Schrifttum mit ATADUmsG v 25.06.2021 (BGBl I 2021, 2035) fallen gelassen.

 

Rn. 33

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Grenzüberschreitende Sitzverlegung: Bei Sitzverlegung in das EU-/EWR-Ausland wurde eine Ausgleichspostenbildung nach § 4g EStG aF mit Hinweis darauf abgelehnt, dass der StPfl mit der Sitzverlegung aus der unbeschränkten StPfl ausscheidet, § 4g EStG aF aber einen unbeschränkt StPfl verlangte (Dötsch/Pung, DB 2006, 2651; Kahle in Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht, Rz 2996 (4. Aufl 2021)). Abgesehen davon, dass die Aufdeckung der stillen Reserven und Herbeiführung der Schlussbesteuerung den letzten Akt vor dem Übergang aus der unbeschränkten in die beschränkte StPfl darstellt (Förster, DB 2007, 72), sind durch § 4g EStG idF ATADUmsG nunmehr auch beschränkt StPfl begünstigt. Eine Sitzverlegung vom Inland in das EU-/EWR-Ausland wird von § 12 Abs 1 KStG erfasst (vgl Kolbe in H/H/R, § 12 KStG Rz 53 (April 2021); dieser ordnet die Geltung des § 4g EStG explizit an. Für den Wegzug ins EU-/EWR-Ausland ist jedenfalls nach ATADUmsG von der Möglichkeit einer Ausgleichspostenbildung auszugehen (vgl bereits zur Rechtslage vor ATADUmsG Endert in Frotscher/Geurts, § 4g EStG Rz 13a (Oktober 2020)). Korrespondierend ordnet § 4g Abs 2 S 2 EStG iVm § 36 Abs 5 S 4 Nr 4 EStG eine Ausgleichspostenauflösung an, wenn der StPfl in einem anderen als den § 36 Abs 5 S 1 EStG bezeichneten Staaten (Nicht-EU-/EWR-Staaten) ansässig wird (s Rn 86). Die Sitzverlegung in Drittstaaten qualifiziert schon nicht für die Bildung eines Ausgleichspostens.

 

Rn. 34

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Nachträglicher Eintritt des Tatbestandsmerkmals der WG-Überführung in EU-/EWR-Staat: Wird ein WG im Anschluss an eine Überführung in eine Drittstaaten-Betriebsstätte in eine EU-/EWR-Betriebsstätte überführt, ist fraglich, ob § 4g EStG eine anteilige Ausgleichpostenbildung ermöglicht. A...

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