Rn. 49

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

"Verpflichtungen" iS der Norm werden im Schrifttum zT weit gefasst, indem neben Außenverpflichtungen (Verpflichtungen gegenüber Dritten) auch reine Innenverpflichtungen (Verpflichtungen des Bilanzierenden gegenüber sich selbst) dem Anwendungsbereich der Norm zugeordnet werden, sofern die Innenverpflichtung passviert wurde, Bsp Innenverpflichtungen wegen unterlassener Instandhaltung sowie Abraumbeseitigung nach § 249 Abs 1 S 2 Nr 1 HGB (Schindler in Kirchhof, § 4f EStG Rz 10 (19. Aufl 2020); Hörner in Frotscher/Geurts, § 4f EStG Rz 9 (Oktober 2018)). Dies wird mit dem Regelungsziel des § 4f EStG, die Hebung stiller Lasten zu beschränken (s Rn 9), begründet (Prinz, Ubg 2013, 60).

Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 4f EStG auf passivierte Innenverpflichtungen scheidet aus mehreren Gründen aus: Aufwandsrückstellungen sind ein Periodisierungsinstrument, durch das künftig anfallende Vermögensminderungen bereits in der Berichtsperiode als Aufwand verrechnet werden, ohne dass gesetzlich auferlegte oder vertraglich übernommene Pflichten bestehen (Eifler, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Rückstellungen, 1976, 196). Sie sind mangels Gläubiger "unechte Schulden" (Schubert in Beck'scher Bilanzkommentar, § 249 Rz 4 (12. Aufl 2020)) und als solche vom Verpflichtungsbegriff des § 4f EStG nicht erfasst. Eine Verpflichtung iS des § 4f EStG setzt – wie auch die Inbezugnahme der Schuldübernahme (iS § 414 BGB) verdeutlicht – neben einem Schuldner einen Gläubiger, dh ein Zwei-Parteien-Verhältnis voraus, das bei Innenverpflichtungen nicht vorliegt. § 4f EStG erfordert die Entlastung von einer Außenverpflichtung, Innenverpflichtungen sind nicht erfasst (im Ergebnis auch Schindler, GmbHR 2014, 563; Horst, FR 2015, 825; Riedel, FR 2017, 955; Kahle/Braun, FR 2018, 199 f; Dannecker/Rudolf, BB 2014, 2539, 2542; Krumm in Blümich, § 4f EStG Rz 21 (Juli 2019); Schober in H/H/R, § 4f EStG Rz 10 (August 2019); Dommermuth in Kanzler/Kraft/Bäuml, EStG, § 4f Rz 18 (6. Auf 2021); aA Weimer, Die Hebung stiller Lasten in der Steuerbilanz, 2017,169; Schindler in Kirchhof, § 4f EStG Rz 10 (19. Aufl 2020)).

Da die Passivierung von Innenverpflichtungen ohnehin nur geboten ist, wenn die im Gj unterlassenen Aufwendungen innerhalb der ersten drei Monate des folgenden Gj (bei unterlassener Instandhaltung) bzw im folgenden Gj (bei unterlassener Abraumbeseitigung) nachgeholt werden, die Belastung also unmittelbar im Folgejahr eintritt, wäre eine Aufwandsverteilung über 15 Jahre massiv überschießend. Wird der Einbezug von Innenverpflichtungen in den Verpflichtungsbegriff des § 4f EStG dagegen bejaht und mit dem BMF jede Passivierungsbeschränkung (auch wenn diese nicht zu Abweichungen zwischen HB und StB führt) als § 4f EStG auslösend gewertet (BMF v 30.11.2017, BStBl I 2017, 1619 Rz 2, s Rn 44), wäre zudem nicht ersichtlich, warum ein Einbezug auf (nicht zum vollen Wert) passivierte Innenverpflichtungen zu beschränken sein sollte, nicht aber Innenverpflichtungen einschließen sollte, die infolge eines Ansatzverbots (§ 249 Abs 2 S 1 HGB, § 5 I S 1 EStG) gar nicht ausgewiesen werden (zB für unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen, die erst nach Ablauf des Dreimonatszeitraums im Folgejahr durchgeführt werden; für sonstige, nicht in § 249 Abs 1 Nr 1 HGB bezeichnete Zwecke).

 

Rn. 50–51

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

vorläufig frei

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