Rn. 32

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Die Frage der Schuldzurechnung im Fall der bloßen Erfüllungsübernahme ist streitig, die Beantwortung der Zurechnungsfrage aber entscheidend für die Anwendung des § 4f EStG (ebenso wie des § 5 Abs 7 EStG).

In der Beurteilung der Schuldzurechnung bei interner Erfüllungsübernahme hat die FinVerw eine drastische Kehrtwende vollzogen: Nachdem zunächst vertreten wurde, dass bei Vereinbarung einer (entgeltlichen) Erfüllungsübernahme iS § 329 BGB kein Zurechnungswechsel der Schuld vorliegt, sondern die Verpflichtung unverändert beim Originärschuldner auszuweisen ist, dieser mangels Übertragung keine stillen Lasten realisiert, sondern neben der Originärschuld eine Freistellungsforderung zu aktivieren ist und eine Saldierung auf Ansatz- ebenso wie auf Bewertungsebene ausgeschlossen ist (BMF v 24.6.2011, BStBl I 2001, 627, Rz 6, 8), legt die FinVerw (in Übereinstimmung mit der Abbildung der befreienden Schuldübernahme und des Schuldbeitritts) nunmehr auch der steuerlichen Beurteilung der Erfüllungsübernahme die Annahme eines Zurechnungswechsels der Schuld zugrunde. Der Originärschuldner realisiere folglich stille Lasten und habe weder die Originärschuld noch einen Freistellungsanspruch auszuweisen (BMF v 30.11.2017, BStBl 2017 I, 1619 Rz 24f). Auch im Schrifttum wird teilweise vertreten, die Vereinbarung einer Erfüllungsübernahme habe beim (Originär-)Schuldner und Freistellungsgläubiger den Wegfall der Verpflichtung zur Folge, die Aktivierung der Freistellungsforderung scheide zugleich aus (Hoffmann, StuB 2010, 166; Rätke, StuB 2011, 653: sonst "Aufblähung" der Bilanz; Hoffmann, StuB 2012, 1; Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 246 HGB Rz 379 (12. Aufl 2021)). Die Ablehnung des Ausweises von Verpflichtung und Freistellungsforderung wird mit einer an das wirtschaftliche Eigentum auf der Aktivseite angelehnten wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf der Passivseite begründet, derzufolge die Last (Verbindlichkeit/Rückstellung) nur bei dem tatsächlich wirtschaftlich Verpflichteten bilanziell auszuweisen ist; parallel zur Behandlung einer Bürgschaft habe der Originärschuldner und Freistellungsberechtigte – ungeachtet seiner Alleinstellung als Schuldner im Außenverhältnis – lediglich einen Bilanzvermerk iS § 251 HGB für sein Erfüllungsobligo anzubringen (Hoffmann, StuB 2010, 166).

 

Rn. 33

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Wirtschaftliche Belastung: Ob eine Verpflichtung den Schuldner wirtschaftlich belastet, ist abhängig von der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme durch den Gläubiger (BFH v 22.11.1988, VIII R 62/85, BStBl II 1989, 359; BFH v 26.04.2012, IV R 43/09, BStBl II 2017, 1228). Von einer wirtschaftlichen Belastung ist bei rechtlichem Bestand einer Verpflichtung regelmäßig auszugehen (BFH v 23.09.1969, I R 22/66, BStBl II 1970, 104; BFH v 14.03.1986, III R 179/82, BStBl II 1986, 669; BFH v 25.04.2006, VIII R 40/04, BStBl II 2006, 749; Wassermeyer, WPg 2002, 12; Christiansen, DStR 2008, 737; Krumm in Blümich, § 5 EStG Rz 755 (März 2020)). Bei vollständigem Auseinanderfallen von Außen- und Innenverpflichtung wird der im Außenverhältnis verpflichtete Originärschuldner vom Gläubiger in jedem Fall in voller Höhe in Anspruch genommen.

Kein Zurechnungswechsel bei vollständigem Auseinanderfallen von Außen- und Innenverpflichtung: Der im Außenverhältnis unverändert allein verpflichtete Originärschuldner hat die Schuld weiterhin zu passivieren (ADS, § 246 HGB Rz 418 (6. Aufl 1998); Wellisch/Bleckmann, DB 2006, 122; Schmidt/Hageböke, DStR 2002, 2151 f; Förschle/Scheel in Deubert/Förschle/Störk, Sonderbilanzen, Kap Q Rz 338 (6. Aufl 2021); Hierstedter, DStR 2010, 886; Prinz, FR 2011, 553; Siegel, FR 2011, 784 f; Höhn/Geberth, DB 2011, 1777; ebenso IDW RS HFA 30 Rz 21, 103, IDW Life 1/2017, 102). Mit der Vereinbarung, den Originärschuldner im Innenverhältnis von Verpflichtungen gegenüber einem Dritten freizustellen, wird ein neues Schuldverhältnis begründet, das in der Bilanz des im Innenverhältnis Freistellungsverpflichteten durch Passivierung einer selbstständigen Freistellungsverpflichtung zu berücksichtigen ist. Der Originärschuldner hat als Freistellungsberechtigter korrespondierend eine Freistellungsforderung iH der AK zu aktivieren (ADS, § 246 HGB Rz 418 (6. Aufl 1998); Schmidt/Hageböke, DStR 2002, 2150; Wälzholz, DB 2007, 673; Geberth/Höhn, DB 2010, 1908; Prinz, FR 2010, 428; Prinz, FR 2011, 553; Winnefeld, Bilanz-Handbuch, Kap D Rz 1556 (5. Aufl 2015); Förschle/Scheel in Deubert/Förschle/Störk, Sonderbilanzen, Kap Q Rz 338 (6. Aufl 2021); IDW RS HFA 30 Rz 21, 103, IDW Life 1/2017, 102). § 246 Abs 1 S 3 HGB ordnet iVm § 5 Abs 1 EStG an, dass Schulden in der Bilanz des Schuldners, dh bei dem auszuweisen sind, der im Außenverhältnis rechtlich verpflichtet ist, wenn die Inanspruchnahme wahrscheinlich ist. Bei vollständigem Auseinanderfallen von Außen- und Innenverpflichtung scheidet eine Nettobetrachtung von originärer Schuld und Freistellungsforderung nach Maßgabe der Zurechnungsanordnu...

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