Rn. 199

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Im Rahmen von § 49 Abs 1 Nr 4 Buchst b EStG gilt das sog Kassenstaatsprinzip. Danach werden solche nichtselbstständigen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Ausübungsort im Inland besteuert, wenn der inländische Haushalt aufgrund des Dienstverhältnisses belastet wird. Die Regelung entspricht Art 19 OECD-MA. Teilweise bestehen europarechtliche und gleichheitsrechtliche Bedenken (Loschelder in Schmidt, § 49 EStG Rz 87, 41. Aufl; Gosch in Kirchhof/Seer, § 49 EStG Rz 65, 21. Aufl).

Mit der Erweiterung des § 49 Abs 1 Nr 4 Buchst b EStG um den Hs 2 werden lokal Beschäftigte mit Einkünften aus inländischen öffentlichen Kassen von der Einkommensbesteuerung in Deutschland ausgenommen, wenn sie in einem Staat tätig sind, für den kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der ESt anzuwenden ist. Die Besteuerung dieses Personenkreises ist Aufgabe des Wohnsitz- oder Tätigkeitsstaats. Die Ausklammerung gilt nicht für ins Ausland entsandte Personen. Wenn kein DBA mit dem Tätigkeitsstaat besteht und dieser die aus einer deutschen öffentlichen Kasse bezogenen Einkünfte im Rahmen der unbeschränkten EStPfl des lokal Beschäftigten besteuert, kommt es zu einer Doppelbesteuerung, wenn der andere Staat die Doppelbesteuerung nicht einseitig vermeidet. Dies gilt nicht im Anwendungsbereich eines DBA. Die Regelung gilt ua für lokal Beschäftigte von deutschen Auslandsvertretungen und für lokal Beschäftigte, die im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit tätig sind. Lokal Beschäftigte sind solche Personen, die lokal in dem jeweiligen Land für eine Tätigkeit gewonnen werden und nicht zuvor einen inländischen Wohnsitz hatten (BR-Ducks 356/19, 131).

 

Rn. 200

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Öffentliche Kassen sind die Kassen der inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und solche Kassen, die einer Dienstaufsicht und Prüfung der Finanzgebarung durch die inländische öffentliche Hand unterliegen (H 3.11 LStH 2022 "Öffentliche Kassen"). Auch Zahlstellen im Ausland stellen inländische öffentliche Kassen dar, wenn sie der inländischen Dienstaufsicht unterliegen (Haiss in H/H/R, § 49 EStG Rz 761, August 2019). Erfasst werden daher auch private Unternehmen, die wegen der mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligung des Bundes nach Maßgabe der Bundeshaushaltsordnung der Prüfung durch den Bundesrechnungshof unterliegen (vgl Bublitz, IStR 2007, 77).

Maßgebend ist die wirtschaftliche Lastentragung (Gewährung aus den Haushaltsmitteln der öffentlichen Kasse), so dass auch ein bloßer unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen einen ausländischen ArbG unschädlich ist (vgl BFH BStBl II 1998, 21; Gosch in Kirchhof/Seer, § 49 EStG Rz 65, 19. Aufl). Erfolgt eine Erstattung der Zahlung durch einen Dritten, scheidet eine wirtschaftliche Belastung aus (vgl Anissimov in Lademann, § 49 EStG Rz 1654, EL 268, 5/2022). Bei einem teilweisen Zuschuss unterliegt nur der nicht von einem Dritten bezuschusste Teil der beschränkten StPfl (aA Haiss in H/H/R, § 49 EStG Rz 761, August 2019).

 

Rn. 201

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Die Nennung der Kassen des Bundeseisenbahnvermögens und der Deutschen Bundesbank unterfallen bereits der Begrifflichkeit der öffentlichen Kassen und haben keine konstitutive Wirkung. Ins Ausland entsandte Bedienstete des Goethe Instituts und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes erzielen beispielsweise ebenso beschränkt stpfl Einkünfte (BT-Drucks 13/5952, 49) wie ein im Ausland tätiger Lehrer, der vom Bundesverwaltungsamt vergütet wird (vgl BFH BStBl II 1988, 768). Einzufordern ist dann jedoch eine rechtliche Beziehung zu der öffentlichen Kasse (vgl Reimer in Brandis/Heuermann, § 49 EStG Rz 224 mwN, EL 162, 5/2022). Gleiches gilt für einen ins Ausland entsandten ArbN eines privaten Unternehmens, das mit der Durchführung eines aus Mitteln der Bundesrepublik und der EU finanzierten Entwicklungsprojekts beauftragt ist (BFH BStBl II 2019, 671; speziell zu DBA Tunesien FG He, 9 K 24/18, ISR 2018, 356).

 

Rn. 202

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Die Berücksichtigung eines Dienstverhältnisses (§ 1 Abs 2 LStDV) verdeutlicht die ausschließliche Berücksichtigung von Tätigkeiten aus nichtselbstständiger Arbeit. Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Dienstverhältnisse werden gleichermaßen erfasst. Nachträgliche Einkünfte werden vom Wortlaut einbezogen. Bezüge in Hinblick auf ein künftiges Dienstverhältnis werden ausdrücklich ("gegenwärtig") ausgeschlossen (vgl Haiss in H/H/R, § 49 EStG Rz 767, August 2019).

 

Rn. 203

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Das Vorliegen der Voraussetzungen einer unbeschränkten StPfl gemäß § 1 Abs 2, 3 EStG ist vorrangig zu prüfen. Ggf kann eine Steuerbefreiung aus § 3 Nr 12, 13, 64 S 2 EStG vorliegen.

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