Rn. 182b

Stand: EL 163 – ET: 02/2023

Verbindung mit dem Grund und Boden zu einem nur vorübergehenden Zweck: Bauten, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind, werden gemäß § 95 Abs 1 S 1 BGB nicht Bestandteile des Grundstücks. Als Scheinbestandteile (s Rn 163) werden sie zivilrechtliches Eigentum des Erbauers. Hiervon ist zB auszugehen, wenn eine Beseitigungspflicht vereinbart wurde. Für die Einordnung einer Sache als Scheinbestandteil kommt es auf den Willen des Einfügenden im Zeitpunkt der Verbindung an, die Verbindung wieder zu lösen (BGH v 07.04.2017, V ZR 52/16, NJW 2017, 2099). Die massive Bauart eines Gebäudes steht der Annahme eines auf eine nur vorübergehende Zweckbestimmung gerichteten Willens nicht bereits entgegen (BGH v 04.07.1984, VIII ZR 270/83, NJW 1984, 2878; BGH v 22.12.1995, V ZR 334/94, NJW 1996, 916; BFH v 09.04.1997, II R 95/94, BStBl II 1997, 452; BFH v 14.01.2004, IX R 54/99, BFH/NV 2004, 1088). Dies gilt auch, wenn die Verbindung von Gebäude und Grund und Boden nur unter erheblichen Beschädigungen gelöst werden kann (BGH v 31.10.1952, V ZR 36/51, NJW 1953, 137; Stresemann in MüKomm BGB, § 95 BGB Rz 3 (9. Aufl 2021). Der massiven Bauweise ist dann Bedeutung beizumessen, wenn keine Vereinbarung über die Entfernung des Gebäudes getroffen und eine solche auch nicht in Auslegung des Miet-/Pachtvertrages anzunehmen ist und dies den "sicheren Schluss" darauf zulässt, dass die Verbindung gerade nicht zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt, sondern das Gebäude nach dem Willen des Mieters/Pächters nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses dem Grundstückseigentümer zufallen soll (BGH v 31.10.1952, V ZR 36/51, NJW 1953, 137).

Wird explizit vereinbart, dass der Grundstückseigentümer das Gebäude nach Beendigung der Nutzung übernehmen soll (gegen Entgelt oder unentgeltlich), liegt kein Scheinbestandteil vor (vgl BGH v 12.07.1984 IX ZR 124/83, NJW 1985 unter II.2.a. mwN; BFH v 22.05.2007, IX R 22/06, BFH/NV 2007, 1836). Gebäude einerseits und Grund und Boden andererseits sind in Fällen der Verbindung zu einem nur vorübergehenden Zweck gerade keine einheitliche Sache, so dass sich die zivilrechtliche Eigentumslage nicht nach § 946 BGB bestimmt, dh der Erbauer des Gebäudes die Eigentumsrechte nicht an den Grundstückseigentümer verliert (vgl auch BFH v 09.04.1997, II R 95/94, BStBl II 1997, 452). Mit dem Auseinanderfallen von zivilrechtlichem Eigentum am Gebäude einerseits und am Grund und Boden andererseits liegt auch aus zivilrechtlicher Sicht ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden vor.

Gebäude, die in Ausübung eines Rechts errichtet werden: Die gleiche Rechtsfolge zieht § 95 Abs 1 S 2 BGB für Gebäude, die in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden sind. Die zivilrechtliche Zurechnungsanordnung zum Erbauer ist von der Erwägung getragen, dass derjenige, der in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück ein Gebäude mit dem Grundstück verbindet, idR nicht das Grundstück auf Dauer verbessern, sondern durch Steigerung der Ertragsfähigkeit des Rechts lediglich seinem Recht dienen will (vgl RG v 02.12.1922, V 162/22, RGZ 106, 49, 51; Stresemann in MüKo BGB, § 95 Rz 22 (9. Aufl. 2021)). Durch § 95 Abs 1 S 2 BGB in Bezug genommene Rechte sind nur dingliche Rechte, keine schuldrechtlichen Nutzungsrechte (BFH v 10.03.1970, II R 135/68, BStBl II 1970, 522 zu Gebäuden; OLG Koblenz v 21.09.2006, 5 U 738/06, ZfIR 2007, 292 zu Windkraftanlagen). Als dingliche Rechte, die die Errichtung eines Bauwerks auf einem fremden Grundstück zulassen, kommen insbesondere das Nießbrauchsrecht (OLG Celle v 21.12.1951, 4 U 107/51, MDR 1952, 774; s auch BFH v 07.09.2012, II B 45/12, BFH/NV 2012, 1945) und das Erbbaurecht in Betracht. Errichtet ein Nießbraucher auf einem zu seinen Gunsten mit einem Nießbrauch belasteten Grundstück ein Gebäude, wird dieses nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, es ist lediglich Scheinbestandteil des Grundstücks. Zivilrechtlicher Eigentümer ist der Nießbraucher. Das aufgrund eines Erbbaurechts auf einem fremden Grundstück errichtete Bauwerk gilt als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts (§ 12 Abs 1 S 1 ErbbauRG), das selbst wie ein Grundstück behandelt wird (§ 11 ErbbauRG). Erst nach Erlöschen des Erbbaurechts wird ein Gebäude Grundstücksbestandteil (§ 12 Abs 3 ErbbauRG).

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