Rn. 80

Stand: EL 164 – ET: 04/2023

Als außerordentliche Einkünfte kommen gemäß § 34 Abs 2 Nr 2 EStG Entschädigungen iSd § 24 Nr 1 EStG in Betracht.

Nach § 24 Nr 1 EStG gehören zu den Einkünften iSd § 2 Abs 1 EStG Entschädigungen, die gewährt worden sind

  • als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen (Buchst a) oder
  • für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche (Buchst b)
  • als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB (Buchst c).

Entschädigungen werden bereits seit dem Reichs-EStG 1920 als außerordentliche Einnahmen im Wege einer Tarifermäßigung begünstigt.

Dabei wurden die Entschädigungen als nicht regelmäßig wiederkehrende Einnahmen interpretiert.

Der Begriff "Entschädigung" ist gesetzlich nicht definiert. Bzgl der Buchst a und b des § 24 Nr 1 EStG setzt der Begriff voraus, dass der StPfl infolge einer Beeinträchtigung der durch die einzelne Vorschrift geschützten Güter einen finanziellen Schaden erlitten hat und die Zahlung unmittelbar zum Schadensausgleich bestimmt ist, vgl R 24.1 EStR 2012; BFH v 06.07.2005, BStBl II 2006, 55.

Die Annahme einer Entschädigung setzt zudem voraus, dass der Ausfall von Einnahmen entweder von dritter Seite veranlasst wurde oder, wenn er vom StPfl selbst oder mit dessen Zustimmung herbeigeführt worden ist, dass dieser unter nicht unerheblichem rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck gestanden hat, vgl FG He v 01.08.2012, EFG 2012, 2123 rkr; BFH v 14.05.2003, BStBl II 2004, 449; FG BdW v 17.03.2005, EFG 2005, 935 rkr. Eine begünstigte Entschädigung liegt demzufolge nur vor, wenn der StPfl sich dem zusammengeballten Zufluss der Einnahmen im Sinne einer Zwangssituation nicht entziehen konnte, vgl BFH v 29.02.2012, BStBl II 2012, 569; BFH v 13.03.2018, BStBl II 2018, 709: Nach Ansicht des BFH muss es nicht schädlich sein, dass der StPfl auf einen Auflösungsvertrag hingewirkt hat. Entscheidend ist, dass eine Konfliktlage vorliegt.

Zahlungen, die keinen Einnahmeverlust ausgleichen, sondern bürgerlich-rechtliche Erfüllungsleistungen des (ursprünglichen) Rechtsverhältnisses sind, gehören nicht zu den Entschädigungen, vgl FG D'dorf v 18.01.2012, DStRE 2012, 1308 (betreffend Kapitalabfindungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung); BFH v 13.12.2005, BStBl II 2006, 2042; BFH v 01.07.2004, BFH/NV 2004, 1342 (betreffend sog "Buy-Out"-Vergütung) und BFH v 16.06.2004, BStBl II 2004, 1705 (keine Entschädigung, wenn die bisherige vertragliche Basis bestehen bleibt und nur die Zahlungsmodalitäten geändert werden).

Vgl auch BFH v 16.12.2021, BFH/NV 2022, 325: Nach Ansicht das BFH reicht es nicht aus, dass Arbeitslohn in einem anderen VZ als demjenigen zufließt, zu dem er wirtschaftlich gehört, und dort mit weiteren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusammentrifft.

Die Auszahlung des Rückkaufswerts infolge Kündigung einer Pensionskassenversicherung ist keine begünstigte Entschädigung für entgehende Einnahmen, vgl BFH v 06.05.2020, BFH/NV 2021, 298.

Auch Verzugs- und Erstattungszinsen sind nicht nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuern, da sie unabhängig davon erbracht werden, ob dem StPfl Einnahmen entgangen sind oder entgehen, vgl BFH v 12.11.2013, BStBl II 2014, 168.

Der Ersatz von zurückzuzahlenden Einnahmen oder der Ausgleich von Ausgaben stellt ebenfalls keinen Einnahmeverlust dar und ist deshalb keine Entschädigung iSd § 24 Nr 1 Buchst a EStG, vgl BFH v 18.10.2011, BStBl II 2012, 286; FinMin SchlH v 18.10.2021, DStR 2021, 2909 (betreffend Corona-Hilfen).

Die Ersatzleistung muss somit auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen, vgl BFH v 14.04.2015, BFH/NV 2015, 1354; BFH v 10.07.2012, BFH/NV 2012, 2041; BFH v 16.04.2004, BStBl II 2004, 1055; ausführlich hierzu vgl Geserich, DB 2016, 1953.

Die vollständige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn im Rahmen eines fortgesetzten Rechtsverhältnisses auf neuer Rechtsgrundlage eine Entschädigung für den Verlust (Wegfall) zukünftiger Ansprüche geleistet wird (Teilentschädigung), zB bei einer Entschädigung für die unbefristete Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit bei Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses, vgl BFH v 25.08.2009, BStBl II 2010, 1030, oder für eine Entschädigung, wenn der ArbG einseitig die bisherige betriebliche Versorgungszusage widerruft und er den Beschäftigten eine neue betriebliche Altersversorgung anbietet, die zu wesentlich niedrigeren Ansprüchen führt, vgl BFH v 13.03.2018, BFH/NV 2018, 715. Die Umwandlung eines Dienstverhältnisses in ein Abwicklungsbeschäftigungsverhältnis (mit einer Transfergesellschaft) steht der Annahme einer neuen Rechtsgrundlage grds nicht entgegen. Die von der Transfergesellschaft gezahlten Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld stellen nach mittlerweile überholter finanzgerichtlicher Rspr tarifbegünstigte Entschädigungen dar, vgl FG D'dorf v 25.10.2010, EFG 2011, 976 rkr. Dagegen hat der BFH die Tarifbegünstigung ab...

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