1. Grundsatz

 

Rn. 60

Stand: EL 137 – ET: 08/2019

§ 26 Abs 1 S 1 EStG stellt die Möglichkeit der Einzelveranlagung (bis VZ 2012 getrennten Veranlagung) und der Zusammenveranlagung (zulässig bis VZ 2012 auch die Möglichkeit der besonderen Veranlagung nach § 26c EStG aF nur für den VZ der Eheschließung) gleichrangig nebeneinander. Damit sind die Ehegatten/Lebenspartner (§ 2 Abs 8 EStG) in der Wahl der Veranlagungsart völlig frei.

Für die Durchführung der Zusammenveranlagung (bis VZ 2012 und der besonderen Veranlagung nach § 26c EStG aF) für den VZ der Eheschließung ist Voraussetzung, dass beide Ehegatten/Lebenspartner (§ 2 Abs 8 EStG) das Veranlagungswahlrecht entsprechend ausüben (§ 26 Abs 2 S 2 EStG) und damit ihr gemeinsames Bestreben nach einer niedrigeren Gesamtsteuerschuld bekunden.

Dagegen steht bei der Einzelveranlagung (bis VZ 2012 getrennten Veranlagung) der Gesichtspunkt im Vordergrund, dass einer der Ehegatten eine auch steuerlich erkennbare und wirksame Trennung seiner Einkünfte und seines Einkommens vom anderen Ehegatten erreichen will. Deshalb genügt hier die Erklärung eines Ehegatten zur Wahl der Einzelveranlagung (bis VZ 2012 getrennten Veranlagung) (§ 26 Abs 2 S 1 EStG), und zwar ungeachtet dessen, ob dies die Zustimmung des anderen Ehegatten findet, BT-Drucks 10/2884, 100.

2. Form der Erklärung

 

Rn. 61

Stand: EL 137 – ET: 08/2019

Bis VZ 2012 sind die Erklärungen der Ehegatten über die getroffene Wahl der Veranlagungsart beim FA schriftlich oder zu Protokoll abzugeben, § 26 Abs 2 S 3 EStG idF bis VZ 2012. Dies geschieht im Regelfall durch Ankreuzen des in der gemeinsamen und von beiden Ehegatten unterschriebenen Steuererklärung dafür vorgesehenen Kästchens. Die Erklärung kann auch in einem besonderen Schreiben an das FA erfolgen, das vom steuerlichen Berater unterschrieben ist, vgl FG Mchn v 10.04.2002, 1 K 1512/01.

Verweigert ein Ehegatte die Unterschrift, so fehlt damit die schriftliche Erklärung zur Wahlrechtsausübung dieses Ehegatten. Das FA ist dann in erster Linie zu weiterer Tatsachenfeststellung verpflichtet, vgl BFH BStBl II 1973, 49.

Nur für den Fall, dass keine Umstände festgestellt werden können, die auf Interessengegensätze zwischen den Ehegatten schließen lassen, darf § 26 Abs 3 EStG idF bis VZ 2012 angewandt werden. Danach wird bei fehlender Erklärung zum Veranlagungswahlrecht unterstellt, dass die Ehegatten die Zusammenveranlagung wählen, BFH BStBl II 1973, 557. Bei einer zu Protokoll abgegebenen Erklärung fertigt der Beamte eine Niederschrift und unterzeichnet diese. Die Erklärung kann in diesem Zusammenhang mE auch fernmündlich abgegeben werden.

Ab VZ 2013 wird die Wahl durch Abgabe der Steuererklärung nach § 26 Abs 2 S 3 EStG ausgeübt. Danach können die Ehegatten/Lebenspartner (§ 2 Abs 8 EStG) – im Unterschied zu § 26 Abs 2 S 3 EStG aF – ihre Wahl allein in der Weise erklären, dass sie die gewünschte Veranlagungsart im vorgesehenen Kästchen auf dem Hauptvordruck der Erklärung ankreuzen vgl Ettlich in Blümich, § 26 EStG Rz 105, 145. Aufl. Die Wahl der Veranlagungsart ist nach neuem Recht mit dem Eingang der Steuererklärung beim nach § 19 AO zuständigen FA bindend (BR-Drucks 54/11 v 04.02.2011, 54). Zur Ausnahme hierzu s Rn 75.

3. Änderung des Veranlagungswahlrechts (§ 26 Abs 2 S 4 EStG)

a) Rechtslage bis VZ 2012

 

Rn. 62

Stand: EL 137 – ET: 08/2019

Das G sieht für die Ausübung des Veranlagungswahlrechts keine Frist vor und enthält zudem keine Vorschrift über eine Bindung an die einmal getroffene Wahl. Eine Bindung tritt insb nicht zwischen den Eheleuten ein, denn die privaten Beziehungen der Ehepartner zueinander sollen gerade keinen Einfluss auf die Veranlagungsart haben, BFH BStBl II 1982, 152. Die Ehegatten können sich daher – auch einseitig – von der einmal getroffenen Wahl wieder lösen, es sei denn, dies verbietet sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, wenn zB der Antragsteller keine eigenen positiven oder negativen Einkünfte hat oder diese so gering sind, dass sie weder einem Steuerabzug unterlegen haben noch zu einer ESt-Veranlagung führen können, vgl BFH BStBl II 2004, 980 mwN.

Rechtsmissbrauch liegt auch dann vor, wenn durch die wiederholte widersprüchliche Ausübung des Wahlrechts die Durchsetzung der festgesetzten Steuer (zeitweilig) verhindert werden soll, vgl BFH BFH/NV 2005, 186. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liegt nicht vor, wenn der Ehegatte (mit eigenen Einkünften) im Einspruchsverfahren getrennte Veranlagung beantragt, obwohl er sich im Scheidungsverfahren mit der Zusammenveranlagung einverstanden erklärte, BFH BFH/NV 2000, 842.

 

Rn. 63

Stand: EL 137 – ET: 08/2019

Der BFH geht in st Rspr davon aus, dass die Ehegatten ihr Veranlagungswahlrecht bis zur Unanfechtbarkeit sogar eines Berichtigungs- o Änderungsbescheides ausüben und bis zu diesem Zeitpunkt die einmal getroffene Wahl – vorbehaltlich eines rechtsmissbräuchlichen oder willkürlichen Verhaltens – frei widerrufen können, vgl BFH BFH/NV 1999, 1333 mwN. Die Anfechtungsbeschränkung des § 351 Abs 1 AO sowie sonstige Korrekturbeschränkungen, wie zB § 177 AO, gelten insoweit nicht, vgl BFH BFH/NV 1999, 160; 1999, 1333. Auch eine Frist...

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