Rn. 110

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

§ 23 Abs 1 Nr 1 EStG (und Nr 2) ist nur dann erfüllt, wenn die Anschaffung eines WG mit der Veräußerung desselben WG in Beziehung steht. Die Veräußerung und der spiegelbildliche Vorgang der Anschaffung ist die entgeltliche Übertragung eines WG auf bzw von einem Dritten (BFH vom 30.11.2010, BStBl II 2011, 491; BFH vom 30.11.1976, BStBl II 1977, 384; BFH vom 22.09.1987, BStBl II 1988, 250; vgl zur Abgrenzung von einer Nutzungsüberlassung BFH vom 11.02.2014, BStBl II 2014, 566).

Entscheidend für die Besteuerung des privaten Veräußerungsgeschäfts ist, dass der StPfl sich Werterhöhungen von WG innerhalb einer bestimmten Frist wirtschaftlich zugeführt hat. Die Geschäfte, von denen dieser Tatbestand abhängt, sind die jeweiligen Verpflichtungsgeschäfte; die sachenrechtlichen Verfügungsgeschäfte wie die Begründung des Eigentums beim Anschaffungs- bzw Veräußerungsgeschäft stellen nur deren Vollzug dar.

Für die Fristberechnung iRd § 23 Abs 1 Nr 1 und 2 EStG ist damit stets der Zeitpunkt des Abschlusses des zugrundeliegenden Vertrags relevant und nicht der spätere Übergang des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums. Der dingliche Vollzug des jeweiligen Vertrags ist aber zwingende Voraussetzung für eine Steuerbarkeit nach § 23 EStG.

Wird ein geschlossener Vertrag nicht dinglich durch Übertragung des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums umgesetzt, liegt keine Veräußerung oder Anschaffung iSd § 23 EStG vor.

 

Rn. 111

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Anschaffungs- bzw Veräußerungsgeschäfte sind insb der Tausch- und Kaufvertrag, aber auch die Abgabe des Meistgebots in der Zwangsversteigerung (der Zeitpunkt des Zuschlagsbeschlusses ist dagegen irrelevant, vgl FG D'dorf vom 26.11.2020, DStRE 2021, 592 rkr) sowie gesellschaftsrechtliche Vorgänge, zu denen beispielsweise Einbringungen von WG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in PersGes gehören. Eine Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten liegt immer dann vor, wenn eine entsprechende – auch teilweise – Gutschrift auf dem für die Beteiligung des StPfl an dem Vermögen der PersGes maßgeblichen Kapitalkonto erfolgt (vgl BMF vom 11.07.2011, BStBl I 2011, 713).

Die von der Einbringung zu unterscheidende schlichte Einlage in ein BV führt nur unter den Voraussetzungen des § 23 Abs 1 S 5 Nr 1 EStG zu einer Veräußerung (s Rn 192ff). Umgekehrt wird die Entnahme stets als Anschaffungsvorgang behandelt (s Rn 184f).

 

Rn. 112

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Wirtschaftlich sind die Wertbewegungen bereits durch die Verpflichtungsgeschäfte eingetreten (BFH vom 30.11.1976, BStBl II 1977, 384). Andererseits muss die Anschaffung bzw Veräußerung nicht zwingend auf einem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft beruhen, es genügt vielmehr eine der Wirkung des obligatorischen Rechtsgeschäfts gleichstehende Rechtshandlung, zB die Abgabe des Meistgebots in der Zwangsversteigerung (BFH vom 28.06.1977, BStBl II 1977, 827).

Es reicht schon aus, dass innerhalb der Behaltefrist tatsächlich eine Situation geschaffen wird, die wirtschaftlich gesehen einer Veräußerung gleichzustellen ist. Dies ist zB bei einem bürgerlich-rechtlich wirksamen, beide Vertragsparteien bindenden Vorvertrag der Fall, iR dessen sich die Vertragsparteien über alle wesentlichen Punkte geeinigt haben und wenn der Inhalt des abzuschließenden Hauptvertrags im Übrigen zumindest bestimmbar ist (BFH vom 13.12.1983, BStBl II 1984, 311).

Voraussetzung ist aber, dass es sich nicht um formungültige und damit nichtige Vertragsgestaltungen handelt.

 

Rn. 113

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

vorläufig frei

 

Rn. 114

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

WG, die zur Begleichung einer – grundsätzlich auf Geld gerichteten – Zugewinnausgleichsforderung unter lebenden Ehegatten (§§ 1372, 1378 Abs 1 BGB) an Erfüllungs statt übereignet werden, sind nach der Rspr des BFH vom 15.02.1977, BStBl II 1977, 389 als entgeltlich übertragen einzuordnen (s auch Vfg OFD Ffm vom 27.02.2014, S 2256 A-16-St 224 und OFD Mchn vom 26.06.2001, S 2256–17 St 41, DB 2001, 1533 mit Bsp).

Ein entgeltliches Geschäft kann in diesen Fällen ggf dadurch vermieden werden, dass bereits vor Beendigung der Zugewinngemeinschaft ein Zugewinnausgleich durch Gegenstandsübertragung vereinbart wird, da die Übertragung des Gegenstands dann keine Leistung an Erfüllungs statt darstellt, wie dies bei der Erfüllung einer grundsätzlich auf Geld gerichteten Zugewinnausgleichsforderung der Fall ist (vgl Stein, DStR 2012, 1063).

 

Rn. 115–118

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

vorläufig frei

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