Rn. 1404

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

§ 20 Abs 2 S 4 u 5 EStG enthält eine Veräußerungsfiktion für den Fall, dass von einem Zinsschein oder einer Zinsforderung eine Abtrennung vom Stammrecht erfolgt.

Mit dieser Regelung sollen Gestaltungen verhindert werden, mit denen versucht wird, durch sogenanntes Bond-Stripping die Steuerbelastung tariflich zvE zu mindern. Die Gestaltung zielt darauf ab, Verluste aus KapVerm zu generieren, die nach § 32d Abs 2 EStG dem persönlichen Steuersatz unterliegen und damit voll mit den übrigen Einkünften verrechnet werden können, während die Gewinne der AbgSt mit einem Steuersatz von 25 % unterliegen. Die Veräußerungsfiktion wurde mit Wirkung zum 01.01.2017 eingeführt (§ 52 Abs 28 S 19 EStG).

 

Rn. 1405

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

In der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses v 08.06.2016, BT-Drucks 18/8739, 115 f, wird das Modell wie folgt beschrieben:

Zitat

„Das Modell ist so konzipiert, dass bei im PV erworbenen Anleihen der Zinsschein oder die Zinsforderung vom Anleihemantel abgetrennt wird (Bond-Stripping) und die AK für die Anleihe vollständig dem Anleihemantel zugeordnet werden. Der Anleihemantel wird an eine ausschließlich zur Abwicklung der Gestaltung erworbene Vorratsgesellschaft (GmbH), an welche der StPfl zu 100 % beteiligt ist, veräußert. Wegen der vollständigen Zuordnung der AK zum Anleihemantel generiert der StPfl aus der Veräußerung des Anleihemantels einen Verlust iSv § 20 Abs 2 S 1 Nr 7 EStG, der nach § 32d Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst b EStG der tariflichen ESt unterliegt. Die Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 20 Abs 6 EStG findet nach § 32d Abs 2 S 2 EStG insoweit keine Anwendung, so dass die aus der Veräußerung des Anleihemantels erzielten Verluste mit anderen Einkünften verrechnet werden können.

Den Zinsschein oder die Zinsforderung veräußert der StPfl an seine Bank. Wegen der vollständigen Zuordnung der AK zum Anleihemantel generiert der StPfl aus der Veräußerung des Zinsscheins oder der Zinsforderung in Höhe des vollständigen Veräußerungserlöses einen Gewinn gemäß § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst b EStG. Der Veräußerungsgewinn unterliegt der AbgSt von 25 %.”

 

Beispiel aus der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses v 08.06.2016, BT-Drucks 18/8739, 115 f:

A erwirbt im PV eine festverzinsliche Bundesanleihe für EUR 5 000 000 von der B-Bank. Kurz nach dem Erwerb der Anleihe veranlasst A die Trennung von Zinsschein und Anleihemantel. Den Zinsschein veräußert A für EUR 3 000 000 an die B-Bank. Den Anleihemantel veräußert er für EUR 2 000 000 an eine ausschließlich zur Abwicklung dieser Gestaltung gegründete Vorratsgesellschaft (GmbH), an der er zu 100 % beteiligt ist. In Höhe des vereinbarten Erlöses gewährt er der GmbH ein zinsloses Darlehen, das diese unmittelbar nach der Weiterveräußerung des Anleihemantels an die B-Bank mit dem hierdurch erzielten Veräußerungserlös von ebenfalls EUR 2 000 000 tilgt.

Wegen der vollständigen Zuordnung der AK zum Anleihemantel erzielt A nach seiner Auffassung aus der Veräußerung des Zinsscheins einen Gewinn von EUR 3 000 000, der gemäß § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst b EStG iVm § 32d Abs 1 EStG dem gesonderten Steuertarif von 25 % unterliegt. Folgt man der Auffassung von A, würde er aus der Veräußerung des Anleihemantels an die GmbH wegen der vollständigen Zuordnung der AK zum Anleihemantel einen Verlust von EUR 3 000 000 gemäß § 20 Abs 2 S 1 Nr 7 EStG erzielen. Da A an der GmbH zu mindestens 10 % beteiligt ist, findet gemäß § 32d Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst b EStG der gesonderte Steuertarif nach § 32d Abs 1 EStG keine Anwendung. Die Verluste unterliegen damit der tariflichen ESt und können mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden.

 

Rn. 1406

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Derartige Gestaltungsmodelle unterliegen nach Auffassung der FinVerw zumindest dem Tatbestand des § 42 AO (s OFD Ffm v 21.01.2020, S 2252 A-046-St24). Durch § 20 Abs 2 S 4 u 5 EStG sollen diese Modelle klarstellend vermieden werden. Nach der Regelung wird bei einer Abtrennung des Zinsscheins oder der von dem dazugehörigen Stammrecht eine Veräußerung des einheitlichen WG Anleihe (bestehend aus Anleihemantel und Zinsschein oder Zinsforderung) fingiert und in demselben Zeitpunkt eine Anschaffung der nach Abtrennung selbstständigen WG (Anleihemantel einerseits und Zinsschein oder Zinsforderung andererseits) unterstellt. Ein Veräußerungsgewinn ermittelt sich nach § 20 Abs 4 S 8 u 9 EStG. Dazu auch s Rn 1286 sowie s Rn 1448.

 

Rn. 1407–1409

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

vorläufig frei

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