A. Allgemeines

 

Rn. 303

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

§ 2 Abs 4 EStG definiert das "Einkommen" wie folgt:

 
  Gesamtbetrag der Einkünfte
./. Sonderausgaben (§§ 1010g EStG)
./. außergewöhnliche Belastungen (§§ 3333b EStG)
= Einkommen

B. Vom Aufteilungs- und Abzugsverbot zum Aufteilungsgebot

 

Rn. 304

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

Vom Gesamtbetrag der Einkünfte können nur die in § 2 Abs 4 EStG genannten Posten abgezogen werden.

Eine andere Frage ist, ob § 12 EStG ein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot enthält. Diese Frage bejahte der BFH in jahrzehntelanger Rspr (GrS BFH BStBl II 1971, 17; 1979, 213; 1990, 49; s § 12 Rn 126ff (Wienbergen)), änderte diese aber seit GrS 1/06 (BFH BStBl II 2010, 672; BMF v 06.07.2010, BStBl I 2010, 614).

Nunmehr gilt, was zugunsten des StPfl zu begrüßen ist: § 12 Nr 1 S 2 EStG enthält kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot für Aufwendungen, die sowohl der Einkunftserzielung dienen als auch privat veranlasste Teile enthalten (sog gemischte Aufwendungen). Im Urteilsfall ging es um eine gemischt veranlasste Reise. Der GrS bestimmte hier, dass in einem solchen Fall grds in einerseits abziehbare WK/BA und andererseits in nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufzuteilen ist (= Aufteilungsgebot), wenn die beruflich veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht nur untergeordnet sind. Dabei könne es das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge ggf erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder ganz von einer Aufteilung abzusehen. Nach einer historischen Analyse der Thematik in Rspr und Literatur begründet der GrS sein Ergebnis ua mit dem objektiven Nettoprinzip (dazu s Rn 1616g). Dazu s § 12 Rz 132ff (Wienbergen).

 

Rn. 305

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

Das Schreiben des BMF v 06.07.2010, BStBl I 2010, 614 legt, wie nicht anders zu erwarten, dieses Urteil sehr restriktiv aus. Zu weiteren Einzelheiten s § 12 Rn 139ff (Wienbergen).

 

Rn. 306

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

vorläufig frei

C. Sonderausgaben (§§ 10–10g EStG)

1. Allgemeines

 

Rn. 307

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

Sonderausgaben (§§ 1010g EStG; die §§ 10h10i EStG sind aufgehoben mit Wirkung ab 23.07.2016 durch Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v 18.07.2016, BGBl I 2016, 1679) sind Aufwendungen, die nicht zu den BA/WK gehören, weil sie nicht unmittelbar mit der Einkunftserzielung zusammenhängen (§ 10 Abs 1 EStG). Sie gehören vielmehr zur Einkunftsverwendung – daher der Begriff "Sonderausgaben".

Solche Aufwendungen sind grds nicht abzugsfähig. Insbesondere da sie zT zwangsläufig (unvermeidbar) sind, kann oder muss (wegen des Gebots der Besteuerung auch nach der subjektiven Leistungsfähigkeit, Art 3 Abs 1 GG, s BVerfGE 43, 108/20; 61, 319/44; 68, 143/52) das Gesetz jedoch Abzüge zulassen – subjektives Nettoprinzip (BFH BStBl II 1995, 47), s Rn 16h, 33, 329. Allerdings sind freilich nicht alle Sonderausgaben zwangsläufig (zB Spenden, § 10b EStG).

 

Rn. 308

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

Der StPfl, der Sonderausgaben aufwendet, kann nicht geltend machen, dass er in Höhe dieser Beträge gar keine Einkünfte bezogen hat. Durch Sonderausgaben wird weder die Summe noch der Gesamtbetrag der Einkünfte gekürzt. Die Sonderausgaben wirken sich auf der – stärker vermögensbezogenen – Einkünfteebene noch nicht aus. Das Gesetz unterscheidet jedoch zwischen der

  • Einkünfte-Ebene und der
  • Einkommenserzielungs-Ebene
 

Rn. 309

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

Auf der Ebene der Einkommenserzielung werden zusätzlich Verpflichtungen berücksichtigt, denen sich der StPfl aus subjektiven Gründen nicht entziehen kann. Hier werden also Aufwendungen zum Abzug zugelassen, die sich für den StPfl unter Berücksichtigung dringender persönlicher Verpflichtungen wie durchlaufende Posten darstellen, die zwar zu den Einkünften gehören, aber seine Leistungsfähigkeit doch nicht erhöhen. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Sonderausgaben als Einkommensschmälerungen ausgestaltet.

 

Rn. 309a

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

Dadurch, dass der Gesetzgeber den Abzug von Steuerberatungskosten strich (§ 10 Abs 1 Nr 6 EStG aF bis einschließlich VZ 2005), hatte er nach Ansicht des BFH weder das objektive noch das subjektive Nettoprinzip verletzt (BFH X R 10/08, BStBl II 2010, 617; BFH X R 10/10, BFH/NV 2011, 977). Ua deswegen ist das objektive Nettoprinzip nicht verletzt, da Steuerberatungskosten, die mit Einkunftsarten zusammenhängen, nach wie vor abziehbar sind. Auch das subjektive Nettoprinzip ist nicht verletzt, da außerhalb des Einkünftebereichs anfallende Steuerberatungskosten nicht zwangsläufig sind, da der Ersatz von Steuerberatungskosten nicht sozialhilferechtlich gewährleistet ist (BFH X R 10/10, BFH/NV 2011, 977).

 

Rn. 309b

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

Derzeit ist unter BFH IX R 6/21 (Vorinstanz FG Mchn v 22.09.2020, 12 K 1937/19) die Frage anhängig, wie die Höhe des Einkommens (§ 2 Abs 4 EStG) im Fall des Zusammentreffens eines negativen Gesamtbetrags der Einkünfte und eines positiven KiSt-Erstattungsüberhangs gemäß § 10 Abs 4b S 3 EStG im Verlustentstehungsjahr zu ermitteln ist, wenn gleichzeitig der negative Gesamtbetrag der Einkünfte für ein Verlustrü...

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