Rn. 223

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Zur Vertrauensschutzregelung des BFH auch über den vorstehenden Zeitpunkt hinaus s Rn 235a. Zu § 17 Abs 2a EStG, mit dem die Rechtslage vor MoMiG im Wesentlichen wiederhergestellt wurde, s Rn 281aff.

Ein Darlehen ist noch nach den Vorschriften vor Inkrafttreten des MoMiG zu behandeln, wenn das Insolvenzverfahren bei einer GmbH vor dem 01.11.2008 eröffnet wurde oder wenn Rechtshandlungen, die nach § 6 AnfG der Anfechtung unterworfen sind, vor dem 01.11.2008 vorgenommen wurden (BMF vom 21.10.2010, BStBl I 2010, 832). Die FinVerw unterscheidet entsprechend der Rspr vier verschiedene Darlehensarten:

  • das "Krisendarlehen",
  • das "stehen gelassene Darlehen",
  • das "krisenbestimmte Darlehen" sowie
  • das "Finanzplandarlehen"

(BMF vom 08.06.1999, BStBl I 1999, 545; zusammenfassend zu den einzelnen Darlehenstypen BFH vom 13.07.1999, VIII R 31/98, BStBl II 1999, 724).

 

Rn. 224

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Ein "Krisendarlehen" ist ein Darlehen, das in der Krise der Gesellschaft eingeräumt wird. Unter Krise ist ein Zeitpunkt zu verstehen, in der die Gesellschaft entweder insolvenzreif ist oder die Insolvenz zwar noch nicht eingetreten, die Rückzahlung aber aufgrund der finanziellen Lage der Gesellschaft erheblich gefährdet ist. Letztlich ist für die Annahme eines Krisendarlehens entscheidend, dass ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns dieses Risiko nicht eingegangen wäre und kein Darlehen gewährt hätte (BFH vom 04.11.1997, VIII R 18/94, BStBl II 1999, 344; BFH vom 13.07.1999, VIII R 31/98, BStBl II 1999, 724 entsprechend der zivilrechtlichen Grundsätze des § 32a GmbHG aF).

Die AK durch den Ausfall eines Krisendarlehens bestimmen sich nach dem Nennwert der ausgefallenen Darlehensforderung (ursprünglicher Darlehensbetrag oder Valutastand).

 

Rn. 225

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Ein Ausfall eines "stehen gelassenen Darlehens" liegt vor, wenn ein Gesellschafter mit einem vor der Krise gewährten Darlehen ausfällt, welches er in der Krise stehenließ, obwohl er es hätte abziehen können, insbesondere also keine Krisenbestimmungsabrede (s Rn 229) getroffen wurde. Ein solches Darlehen stellt den Regelfall eines Gesellschafterdarlehens dar.

In diesen Fällen bestimmen sich die nachträglichen AK um den gemeinen Wert des Darlehens, den es zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise hatte (BFH vom 24.04.1997, VIII R 16/94, BStBl II 1999, 339).

 

Rn. 226

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Es war strittig, ob die Einlage des Gesellschafters, um damit ein wertgemindertes Darlehen an sich abzulösen (sog "Cash-Zirkel", vgl zur Begrifflichkeit Blaas/Schwahn, DB 2013, 2350; Ott, StuB 2018, 15, 22), den Tatbestand des § 42 AO verwirklichen kann.

 

Beispiel:

A ist alleiniger Gesellschafter der A-GmbH und gewährte seiner GmbH ein "normales" Darlehen über EUR 1 000. Im Anschluss gerät die A-GmbH in eine Krise, der gemeine Wert des Darlehens beträgt zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise EUR 0.

A leistet in der Krise eine Einlage in die A-GmbH iHv EUR 1 000, unmittelbar danach tilgt die A-GmbH das Darlehen. Der Ausfall des Darlehens hätte sich nicht auf die AK ausgewirkt, A erhofft sich durch diese Gestaltung eine Erhöhung der AK um EUR 1 000.

Zu Recht hat der BFH entschieden, dass hierin kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt, da ein solches Vorgehen gesellschaftsrechtlich zulässig ist. Ohne Bedeutung ist, ob auch dann nachträgliche AK entstanden wären, wenn ein anderes Vorgehen gewählt worden wäre (BFH vom 20.07.2018, IX R 5/15, BStBl II 2019, 194). Das BMF war dem Verfahren beigetreten und wendet dieses Urteil nun über den entschiedenen Einzelfall an (OFD Frankfurt vom 10.04.2019, S 2244 A – 61 – St 215, DStR 2019, 1820).

Solche Gestaltungen sind aber dennoch risikobehaftet, da Rückzahlungen eines Gesellschafterdarlehens im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gemäß § 135 Abs 1 Nr 2 InsO, § 6 AnfG anfechtbar sind (Ott, StuB 2018, 15, 22).

 

Rn. 227

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

vorläufig frei

 

Rn. 228

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Hingegen liegt ein "krisenbestimmtes Darlehen" vor, wenn der Gesellschafter seiner Gesellschaft ein Darlehen gewährt und mit bindender Wirkung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftern erklärt, er werde es auch in der Krise der Gesellschaft stehenlassen (Krisenbestimmungsabrede). Eine ausreichende Krisenbestimmung kann mE auch in der Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts gesehen werden, wodurch der Rückzahlungsanspruch erst nachrangig nach allen anderen Fremdgläubigern und in zeitlicher Hinsicht bis zur Abwendung der Krise zusammen und gleichrangig mit den Einlagenrückgewähransprüchen der übrigen Gesellschafter befriedigt werden darf. Für das Vorliegen eines krisenbestimmten Darlehens ist ein qualifizierter Rangrücktritt jedoch nicht zwingend notwendig (FG Köln vom 18.03.2014, 1 K 3127/11, EFG 2014, 1093).

Ein Ausfall eines krisenbestimmten Darlehens führt zu nachträglichen AK in Höhe des Nennwertes der Darlehensforderung (BFH vom 10.11.1998, VIII R 6/96, BStBl II 1999, 348).

 

Rn. 2...

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