ba) Die Abgrenzung des Tatbestandsmerkmals

baa) Zivilrechtlicher Gesellschafter

 

Rn. 23a

Stand: EL 172 – ET: 04/2024

Erfüllen mehrere natürliche oder juristische Personen (s Rn 23) die Grundvoraussetzung des § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG, indem sie gemeinsam einen gewerblichen Betrieb betreiben, so sind sie dennoch streng nach dem Wortlaut des § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG und dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung Mitunternehmer nur dann, wenn sie zusätzlich in einem zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnis in einer Personenhandelsgesellschaft (OHG, KG) unmittelbar oder mittelbar miteinander verbunden sind (BFH vom 16.12.1997, BStBl II 1998, 480 zu 2., bestätigt BFH vom 21.04.2009, BFH/NV 2009, 1322; BFH BStBl II 1991, 691; 1984, 751; 1994, 282 zur verdeckten Mitunternehmerschaft; auch s Priester, FS Schmidt 1993, 331).

 

Rn. 23b

Stand: EL 172 – ET: 04/2024

Neben der Personenhandelsgesellschaft ist im Gesetzeswortlaut noch der Gesellschafter einer "anderen Gesellschaft" erwähnt. Darunter unter sind nach hM nur Gesellschaften zu verstehen, die gemeinsam ein Gewerbe betreiben und bei denen es sich nicht um KapGes handelt. Darunter fallen

  • als Außengesellschaften die rechtsfähige und nicht rechtsfähige GbR (s Rn 13f und s Rn 54), die inzwischen abgeschaffte Partenreederei gemäß § 489 HGB (s Rn 55), die EWIV (Rn 55a) und PersGes ausländischen Rechts (zB die amerikanische partner ship: s Debatin, BB 1978, 669; Schulze zur Wiesche, DB 1981, 2143; s Rn 18).
  • Innengesellschaften, die ein Handelsgewerbe betreiben und bei denen nach außen nur einer der Gesellschafter als Unternehmer auftritt, während das Unternehmen ohne Gesamthandsvermögen schuldrechtlich nach innen für mehrere Beteiligte geführt wird, zB atypische stille Gesellschaften gemäß § 230 HGB, s Rn 51–52; atypische stille Unterbeteiligungen, s Rn 53; verdeckte Mitunternehmerschaften, s Rn 24. Der Inhaber des Handelsgewerbes ist trotz der Beteiligung des Innengesellschafters aus den in seinem Betrieb geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet (für die stille Gesellschaft s § 230 Abs 2 HGB).

Bei fremdüblichen Konditionen ist möglicherweise auch die Gewinn- (und Verlust-)Gemeinschaft zwischen KapGes iSd § 292 Abs 1 Nr 1 AktG (offen ob und bejahendenfalls unter welchen Bedingungen – ablehnend der zu BFH vom 22.02.2017, BStBl II 2018, 33 hinzugezogene BMF) eine "andere Gesellschaft" und die Beteiligten deren "Gesellschafter" iSd Wortlauts des Gesetzes. Diese begründet vertragliche Ansprüche auf Aufteilung ihrer Gewinne und Verluste nach dem vereinbarten Schlüssel unter Aufrechterhaltung der rechtlichen Selbstständigkeit der beteiligten KapGes: Lt BFH BStBl III 1965, 71, keine Mitunternehmerschaft, wenn der Pool im außerbetrieblichen Interesse abgeschlossen wurde. Generell als Mitunternehmerschaft kritisch zu beurteilen, weil Poolung stets Einkommensverwendung bedeutet, das Einkommen bezieht jeder Poolteilnehmer originär. Auch s im Einzelnen s Rn 54 unter "sonstige Gesellschaften".

bab) Der dem zivilrechtlichen Gesellschafter wirtschaftlich vergleichbare Gemeinschafter

 

Rn. 23c

Stand: EL 172 – ET: 04/2024

Der gemeinschaftliche Bezug von Einkünften aus gewerblichen Unternehmen wäre so verstanden nach dem Wortlaut von § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG für sich allein nicht ausreichendes Tatbestandsmerkmal für den steuerlichen Status "Mitunternehmer". Eine derart restriktive Eingrenzung des Tatbestandsmerkmals "Mitunternehmer" würde der Absicht des Gesetzgebers hinsichtlich des Zwecks von § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG jedoch nicht gerecht. Nach dem Willen des Gesetzgebers hat § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG nur klarstellende und bestätigende Bedeutung (so BFH BStBl II 1983, 215) und stellt keine abschließende Regelung dar, sondern einzubeziehen sind auch Personen, die nicht in einem zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnis einer Außen- oder Innengesellschaft, sondern in einem wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnis zueinanderstehen (bestätigend zB BFH vom 17.06.2020, BFH/NV 2021, 108 Rz 24, auch für die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Freibeträge nach den §§ 13a Abs 1 und 2, 13b Abs 1 S 1 Nr 2 ErbStG) und einen Gewerbebetrieb betreiben (keine Freiberufler und LuF), also

  • Gemeinschafter des BGB, s Aufzählung im Urteil des GrS BFH BStBl II 1984, 751/68 und Hennerkes/Binz, DB 1985, 1308; Herzig, BB 1986, 533, 535; Vfg OFD Münster, StEK EStG § 15 Nr 145) – im Einzelnen s nachfolgend – und
  • wegen § 10 Abs 6 S 1 WEG aF zivilrechtlich verselbstständigte Wohnungseigentümergemeinschaften bei Betrieb eines Blockheizkraftwerks (BHKW): BFH vom 20.09.2018, IV R 6/16, BStBl II 2019, 160 (also ist keine konkludente Gründung einer GbR zur Mitunternehmerschaft erforderlich; daran hat sich auch durch die gemäß § 9a Abs 1 S 1 WEG lt WeMoG vom 16.10.2020, BGBl I 2020, 2187 gegebene Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) mE nichts geändert (auch die neue GbR lt MoPeG ist rechtsfähig, ohne dass sich die Zuordnung als Mitunternehmerschaft ändern soll: s Rn 13f).

Bei der Beschränkung des Gesetzeswortlautes (s nachfolgend) auf die zivilrechtliche Gesellschaftereigenschaft soll es sich um eine planwidrige Unvollständig...

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