Leitsatz

1. Von einer Mitunternehmerschaft zwischen Ehegatten in der Landwirtschaft ist auch dann auszugehen, wenn weder ein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag noch ein der Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder ein erheblicher Teil des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes jedem Ehegatten zu Alleineigentum oder Miteigentum gehört, die Eheleute in dem gemeinsamen Betrieb mitarbeiten und keine anzuerkennenden abweichenden Vereinbarungen über die Nutzung der Wirtschaftsgüter bestehen (ständige Rechtsprechung seit Urteil vom 30.6.1983, IV R 206/80, BFHE 138, 561, BStBl II 1983, 636).

2. Pachtflächen sind nicht geeignet, eine Ehegatten-Mitunternehmerschaft ohne ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag zu begründen (Fortführung der Grundsätze des Senatsurteils vom 7.10.1982, IV R 186/79, BStBl II 1983, 73).

 

Normenkette

§ 13 Abs. 1 EStG , § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Ein landwirtschaftlicher Betrieb wurde zu einem erheblichen Teil auf zugepachteten Flächen geführt (Anteil 62 – 78 %). Die Eigentumsflächen standen im Miteigentum der Landwirtsehegatten. Die Flächenbewirtschaftung übernahm der Ehemann, die kaufmännischen Belange besorgte die Ehefrau. Das FA ging von einer Mitunternehmerschaft der Ehegatten aus und erließ einen Gewinnfeststellungsbescheid.

 

Entscheidung

Klage und Revision der Ehegatten hatten keinen Erfolg. Der BFH war der Auffassung, im Hinblick auf das gemeinschaftliche Grundeigentum und die Mitarbeit beider Ehegatten liege eine Mitunternehmerschaft vor. Ohne Bedeutung sei, welchen Anteil die im Miteigentum stehenden Flächen an den Gesamtflächen hätten. Die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass die Ehefrau ihren Flächenanteil dem Ehemann überlassen und auf ihren Gewinnanteil verzichtet habe.

 

Hinweis

1. Eine Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nimmt der BFH nur an, wenn ein Gesellschaftsverhältnis oder ein vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis besteht und alle Beteiligten Mitunternehmerrisiko getragen sowie Mitunternehmerinitiative entfaltet haben. Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft vermutet die Rechtsprechung ein Gesellschaftsverhältnis bereits dann, wenn Ehegatten gemeinsam Flächen bewirtschaften, die ihnen entweder gemeinsam oder jeweils alleine gehören.

Diese Vermutung stützt sich auf die besondere Bedeutung des Grundeigentums für die Erzielung landwirtschaftlicher Einkünfte durch Verwertung der Früchte des Bodens. Die Vermutung kann nur durch den Nachweis widerlegt werden, dass einer der Ehegatten dem anderen ein Nutzungsrecht an seinen Grundstücken bzw. Grundstücksanteilen eingeräumt und damit auf eine eigene Beteiligung am Gewinn aus der Fruchtziehung verzichtet hat.

2.Welchen Anteil die beiden Eheleute an den Eigentumsflächen haben, spielt nach Meinung des BFH keine Rolle, wenn wenigstens ein kleiner Teil der Flächen im Miteigentum der Eheleute steht. Handelt es sich um den Ehegatten jeweils alleine gehörende Flächen, wird aber eine Geringfügigkeitsgrenze beachtet, die bisher bei 20 % des gemeinen Werts der Fläche (nicht der Flächengröße) gesehen wurde, nach dem Besprechungsurteil jetzt aber wohl bei 10 % des gemeinen Werts der Gesamtfläche liegt. Gehören zu dem Betrieb auch gepachtete Flächen, werden diese bei der Verhältnisrechnung nicht berücksichtigt, und zwar unabhängig davon, ob Pächter beide Ehegatten sind oder nur einer von ihnen.

3. Beachten Sie, dass gemeinsame Bewirtschaftung nicht eine unmittelbare Beteiligung beider Ehegatten an der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte erfordert. Jeder Beitrag zur Geschäftstätigkeit, der als Wahrnehmung von Mitunternehmerinitiative gewertet werden kann, reicht aus. Diese Voraussetzung wird, wie das Besprechungsurteil zeigt, auch von einer rein kaufmännischen Mitwirkung erfüllt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.1.2004, IV R 44/02

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