Rz. 24

[Autor/Stand] Durch Verfassungsänderung mit Bundesgesetz vom 15.11.2019[2] ist einerseits in Art. 105 Abs. 2 Satz 1 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Grundsteuer festgeschrieben worden. Im Gegenzug ist die Befugnis zur landesgesetzlichen Abweichung in Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG eingeführt worden. Der dort verwendete Begriff "Grundsteuer" umfasst nach Auffassung des bayerischen Gesetzgebers die verfahrensmäßigen Fragen der Festsetzung und Erhebung der Steuer durch die Gemeinden und die Bestimmung ihrer Bemessungs- und Berechnungsgrundlage.[3] Den Ländern wurde mit Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 Grundgesetz eine – von Bayern schon seit vielen Jahren gewünschte[4] – Abweichungsmöglichkeit von den bundesgesetzlichen Regelungen für die Grundsteuer eingeräumt (sog. Länderöffnungsklausel). Von dieser Gesetzgebungskompetenz wurde mit dem BayGrStG[5] für den Bereich der Grundstücke des Grundvermögens (Grundsteuer B) weitreichend Gebrauch gemacht. Für den Bereich der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) werden nur punktuelle Änderungen vorgenommen.

 

Rz. 25

[Autor/Stand] Prägendes Element der Lastenverteilung im BayGrStG ist der Äquivalenzgedanke. Bei diesem, mit dem vorliegenden Gesetz im Bereich der Grundstücke des Grundvermögens als Gegenstand der Grundsteuer B umgesetzten Maßstab für die Steuerlastverteilung sind die physikalischen Flächengrößen Ausgangspunkt der Betrachtung. Als Besteuerungsgrundlagen sind sie nach Auffassung des bayerischen Gesetzgebers nur in geringem Maße streitanfällig und könnten transparent und nachvollziehbar ermittelt und überprüft werden. Die möglichst automationsunterstützte Bestimmung der Äquivalenzbeträge und der Grundsteuermessbeträge trage wesentlich zu einem reibungslosen Verfahren und zu einem vor allem im Vergleich zu den bundesgesetzlichen Regelungen unkomplizierten und weniger umfangreichen Vollzugsaufwand bei. Die Äquivalenzbeträge ermitteln sich durch Multiplikation der Fläche des Grund und Bodens bzw. der Gebäudeflächen mit der jeweiligen (gesetzlich normierten) Äquivalenzzahl (vgl. Art. 1 Abs. 3 BayGrStG). Den Grundsteuermessbetrag bildet die Summe aus den Produkten aus den Äquivalenzbeträgen mit der jeweiligen Grundsteuermesszahl (vgl. Art. 1 Abs. 2 BayGrStG). Da die tatsächliche Höhe der Steuerbelastung durch den kommunalen Hebesatz bestimmt wird, betreffen die Regelungen zur Berechnungsgrundlage ausschließlich die Lastenverteilung innerhalb derselben Kommune. Angesichts der finanziellen Bedeutung der Grundsteuer für die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen sei das gewählte Modell ein wesentlicher Beitrag für einen reibungslosen, effizienten und gleichmäßigen Vollzug zur Deckung des allgemeinen kommunalen Finanzbedarfs.[7]

 

Rz. 26

[Autor/Stand] Die Grundsteuer steht nach der verfassungsrechtlichen Zuweisung gem. Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG den Gemeinden zu und dient der Finanzierung des allgemeinen kommunalen Finanzbedarfs. Die nicht erst im Zuge der politischen Verhandlungen der Grundsteuerreform, sondern bereits seit Jahrzehnten im steuerrechtlichen und finanzwissenschaftlichen Schrifttum geführte Diskussion um die Systemfrage einer gerechten Belastungsentscheidung beantwortet der bayerische Gesetzgeber damit, dass der reine Fiskalzweck dem Grunde nach den Eingriff rechtfertige. Dabei sei die Grundsteuer ihrem Wesen nach eine Objektsteuer, die ohne Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und der subjektiven Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen am Grundbesitz anknüpft. Im Zuge dessen verfolgt das BayGrStG für die Frage der Lastenverteilung im Bereich der Grundsteuer B, also zwischen Grundstücken als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens, den Gedanken der besonderen Verwurzelung mit dem örtlichen Gemeinwesen im Sinne des Äquivalenzgedankens.[9]

 

Rz. 27

[Autor/Stand] Das BVerfG verlangt in seinem Urteil vom 10.4.2018[11] eine relations- und realitätsgerechte Abbildung der Wirtschaftsgüter zueinander. Bei einer kommunalen Steuer, die an den Grundbesitz anknüpft, ergibt sich nach Auffassung des bayerischen Gesetzgebers zwischen den öffentlichen Leistungen der Gemeinden für die Daseinsvorsorge und dem Steueraufkommen ein enger Zusammenhang, auch wenn aufgrund des Wesens der Steuer (vgl. § 3 AO) zwischen beiden kein Verhältnis von Leistung und Gegenleistung besteht.[12] Nur bestimmte, den jeweiligen Begünstigten direkt und individuell zuordenbare Leistungen der Gemeinde werden durch Gebühren und Beiträge abgegolten; letztlich kämen aber alle Verbesserungen der kommunalen Infrastruktur allen Grundstücken zugute. Da für die Gesamtheit dieser Leistungen – häufig schon aufgrund ihrer Eigenschaft als öffentliche Güter – Gebühren und Beiträge nicht oder nicht kostendeckend erhoben werden können, stelle die Grundsteuer B eine sachangemessene Finanzierungsquelle hierfür dar. Eine konkrete Gegenleistung sei nicht Grundlage und könne mit Blick auf § 3 Abs. 1 Abgabenordnung auch nicht gefordert werden.

 

Rz. 28

[Autor/Sta...

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