Rz. 25

[Autor/Stand] Nur für den übrigen Grundbesitz und damit die Mehrheit der wirtschaftlichen Einheiten wird als Bewertungsansatz ein neues Verfahren eingeführt, das nutzungs-, größen- und lageunabhängig durchgängig auf den Bodenwert abstellt. Dieser sei aufgrund der Differenzierung der Bodenrichtwerte und der unterschiedlichen Größe der Grundstücke ebenfalls geeignet, eine relationsgerechte Besteuerung herzustellen.[2] Es besteht ein abstrakter Zusammenhang zwischen dem Bodenwert und den kommunalen Infrastrukturleistungen. Nicht entscheidend ist, wie wertvoll die aufstehenden Gebäude sind.[3] Die Grundsteuer will auch in der Konzeption des Landesgrundsteuergesetzes BW keine Ersatz-Vermögensteuer sein.[4]

 

Rz. 26

[Autor/Stand] Ziel der Bewertung des Grundvermögens sei ein leicht verständliches, wie nachvollziehbares, effektives und automationsgestütztes Verfahren.[6] Tatsächlich hat sich die Nutzung von Bodenrichtwerten in langjähriger Praxis für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer, der Grunderwerbsteuer und für die Kaufpreisaufteilung im Rahmen der Ertragsteuern bewährt.[7] Die Bewertung mit dem Bodenwert ist angesichts der erheblich verbesserten Datenverfügbarkeit und der Verfahrenstransparenz ein modernes und zukunftsfähiges Besteuerungskonzept.[8] Der Berechnungsweg ist für die Steuerpflichtigen transparent.[9]

 

Rz. 27

[Autor/Stand] Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 LGrStG BW ermittelt sich der Grundsteuerwert der Grundstücke durch Multiplikation ihrer Fläche des Grund und Bodens mit dem jeweiligen Bodenrichtwert gemäß § 196 BauGB. Maßgebend ist nach § 38 Abs. 1 Satz 2 LGrStG BW der Bodenrichtwert des Richtwertgrundstücks in der Bodenrichtwertzone, in der sich das zu bewertende Grundstück befindet. Dabei wird typisierend auf den durchschnittlichen Lagewert des Bodens für eine Mehrheit von Grundstücken innerhalb eines abgegrenzten Gebiets (Bodenrichtwertzone) abgestellt, die nach ihren Grundstücksmerkmalen weitgehend übereinstimmen und für die im Wesentlichen gleiche allgemeine Wertverhältnisse vorliegen.[11] Nach der hier nicht überzeugenden Gesetzesbegründung werde durch das Abstellen auf die Bodenrichtwerte und das darin verkörperte Potenzial des Grundstücks zugleich eine Schnittstelle zur objektiven Leistungsfähigkeit hergestellt.[12] Es ist ein Trugschluss, dass die Bewertung des Grundbesitzes mit dem Bodenwert die Möglichkeit einer ertragsbringenden oder potenzialausschöpfenden Nutzung repräsentiert und eine objektive Leistungsfähigkeit aus dem Steuergegenstand vermittelt.[13] Die fehlende konzeptionelle Stimmigkeit zeigt sich auch bei dem Abstellen auf einerseits den Bodenwert und andererseits auf den Ertragswert. "Somit beruht die Belastungsentscheidung für die Grundsteuer zuvorderst zwar auf dem Äquivalenzgedanken, daneben auch auf dem Gedanken der Leistungsfähigkeit."[14]

 

Rz. 28

[Autor/Stand] Die Bewertung mit dem Bodenwert birgt Risiken und Ungenauigkeiten, die sich auf die Ermittlung der Bodenrichtwerte als durchschnittliche Lagewerte für eine Mehrzahl von Grundstücken innerhalb der Bodenrichtwertzonen als abgegrenzte Gebiete beziehen.[16] Die Aussagekraft der Bodenrichtwerte hängt neben der konkreten Arbeitsweise der regionalen Gutachterausschüsse von der Zahl der Transaktionen, die Eingang in die Kaufpreissammlung (§ 195 BauGB) gefunden haben, ab (s. VerfR GrStG Rz. 49). Zwar fließen in die Wertermittlung besondere Sach- und Fachkenntnis sowie größere Ortsnähe ein.[17] Dies schließt aber eine sachlich unzutreffende Bewertung im Einzelfall nicht aus.[18] Nicht selbständig anfechtbar sind die Bodenrichtwerte mangels gesonderter Feststellung.[19]

 

Rz. 29

[Autor/Stand] Ein pauschaler Abschlag auf den Bodenwert ist im Landesgrundsteuergesetz BW nicht vorgesehen. Nach § 145 Abs. 3 BewG, der für Erbschafts-/Schenkungsfälle, bei denen die Steuer vor dem 1.1.2009 entstanden ist, und für die Grunderwerbsteuer, wenn der Erwerbsvorgang bis zum 31.12.2008 verwirklicht worden ist, gilt, wurde der Wert eines unbebauten Grundstücks regelmäßig nach seiner Fläche und dem um 20 % ermäßigten Bodenrichtwert bestimmt, um alle weiteren wertbeeinflussenden Merkmale zu erfassen (s. § 145 BewG Rz. 131 mit zahlreichen Beispielen).[21] Der Gesetzgeber hat den Abschlag wohl aus Aufkommensgründen nicht in die erbschaftsteuerliche Bedarfsbewertung nach § 179 BewG übernommen, die für Erwerbszeitpunkte nach dem 31.12.2008 gilt (zur Rechtsentwicklung s. § 179 BewG Rz. 5). Das BVerfG hat einen pauschalen Bewertungsabschlag als Element typisierender Bewertung angesichts des bei Grundbesitz bestehenden Wertkorridors nicht grundsätzlich beanstandet.[22] Die Berücksichtigung eines pauschalen Bewertungsabschlags durch das Landesgrundsteuergesetz BW wäre möglich gewesen.

 

Rz. 30

[Autor/Stand] Mit § 38 Absatz 4 wurde durch ÄndGLGrStG v. 22.12.2021[24] eine Nachweismöglichkeit für einen anderen Wert (Öffnungsklausel, Escape-Klausel) eingeführt (vgl. § 38 LGrStG BW Rz. 107). Die nachträglich eingefügte Option, die vom Schrifttum[25] gefordert w...

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