Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweiserleichterung im Rechtsschutz gegen Diskriminierungen. Kein Indiz für Diskriminierung durch Auskunft nach § 11 EntgTranspG

 

Leitsatz (amtlich)

Die Auskunft nach § 11 Entgelttransparenzgesetz ist kein Indiz im Sinne des § 22 AGG, welches auch bei großen Vergütungsunterschieden zwischen dem Verdienst einer Klägerin und dem Median der männlichen Vergleichsgruppe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Diskriminierung wegen des Geschlechts vermuten lässt.

 

Normenkette

EntgTranspG § 11; AGG § 22; RL 2006/54/EG Art. 19 Abs. 1; AGG § 1; BGB § 611a Abs. 2; EntgTranspG § 7

 

Verfahrensgang

ArbG Göttingen (Entscheidung vom 29.01.2019; Aktenzeichen 1 Ca 194/18 Ö)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.01.2021; Aktenzeichen 8 AZR 488/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen - unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin - vom 29.01.2019 - 1 Ca 194/18 Ö - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen, soweit es den Antrag der Klägerin zu Ziffer 1 anbelangt, im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Differenzvergütungsansprüche wegen geschlechterdiskriminierender Vergütung.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 15.03.1998 als Arbeitnehmerin tätig. Aufgrund Änderungsvertrages vom 12.09.2011 ging ihr Arbeitsverhältnis auf die P. L. C-Stadt über. Hier nahm die Klägerin ab dem 01.10.2011 die Aufgaben einer Abteilungsleitung wahr. Ihre Arbeitgeberin ernannte sie zum 01.04.2012 zur Abteilungsleiterin. Auf Grundlage eines Vergleiches, der zur Beilegung eines Rechtsstreites vor dem Arbeitsgericht Hannover am 17.11.2017 geschlossen worden war, wechselte sie mit Wirkung zum 01.12.2017 wieder zur Beklagten. Seitdem ist sie als Abteilungsleiterin in der Abteilung "Schaden" der B-Stadt tätig.

Bis zum 01.04.2013 richtete sich die Vergütung nach dem Gehaltstarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe. Dieser Gehaltstarifvertag enthält eine Differenzierung der Höhe der Vergütung nach den Berufsjahren. Wegen der genauen Einzelheiten wird auf eben diesen, Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 25.01.2019, verwiesen.

Anlässlich der bevorstehenden Ernennung zur Abteilungsleiterin verhandelte die Klägerin mit ihrem damaligen Vorgesetzten bei der P. L. C-Stadt einen Stufenplan, der zunächst vorsah, dass sie mit Ernennung zur Abteilungsleiterin am 01.04.2012 einen Sprung von der Tarifgruppe VI auf die Tarifgruppe VIII des Gehaltstarifvertrages für das private Verkehrsgewerbe zuzüglich einer Verantwortungszulage macht.

Seit dem 01.04.2013 wird die Klägerin außertariflich vergütet. Neben den Tariflohnerhöhungen, die die Klägerin auch an ihre außertariflichen Angestellten weitergibt, erhielt sie zum 01.04.2013 und zum 01.04.2015 eine Gehaltserhöhung. Eine geplante Erhöhung zum 01.04.2017 fand nicht statt. Hintergrund hierfür waren nach der Auffassung der Beklagten Mängel im Führungsverhalten der Klägerin, welche letztlich auch ursächlich für den Wechsel wieder zurück zur Beklagten in die Regionaldirektion B-Stadt waren. Ob diese Mängel tatsächlich bestanden haben, ist zwischen den Parteien streitig.

Bis zum 31.01.2019 erhielt die Klägerin eine Vergütung in Höhe von 5.385,40 € brutto zuzüglich einer übertariflichen Zulage in Höhe von 500,00 € brutto. Ab dem 01.02.2019 erhöhte die Beklagte die Vergütung der Klägerin um 303,50 € brutto und die Zulage auf 550,00 €.

Mit Schreiben vom 02.07.2018 beantragte die Klägerin von der Beklagten die Erteilung einer Auskunft nach § 11 EntgTranspG. Unter dem 24.07.2018 teilte die Beklagte zunächst mit, welches Grundentgelt und welche übertarifliche Zulage die Klägerin erhalte und informierte sie über den Median der männlichen Abteilungsleiter, bezogen auf die Abteilungsleiter, die wie die Klägerin seit 2012 eine Führungsaufgabe übertragen erhielten: Grundentgelt: 5.595,00 € brutto und übertarifliche Zulage: 550,00 € brutto monatlich.

Damit war die Klägerin nicht einverstanden. Die Beklagte erteilte am 22.08.2018 eine weitere Auskunft, der zur Folge der Median aller männlichen Abteilungsleiter in der V. 6.292,00 € brutto Grundgehalt betrage, wobei der "Mediona-AL" die Führungstätigkeit seit 1999 wahrnehme. Der Median der übertariflichen Zulage bei männlichen Beschäftigten der Vergleichsgruppe betrage 600,00 € brutto monatlich.

Abteilungsleiter erhalten regelmäßig eine übertarifliche Vergütung. Tariflohnerhöhungen gibt die Beklagte auch an ihre außertariflichen Angestellten weiter. Die Beklagte überprüft die Vergütung in einem Rhythmus von ca. 2 - 3 Jahren und entscheidet dann über eine Gehaltserhöhung. Nähere Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig.

Die Abteilungsleiter und Abteilungsleiterinnen, die bei der Beklagten tätig sind, haben eine sehr unterschiedliche Dauer der Betriebszugehörigkeit, auch haben sie die Funktion der Abteilungsleitung für einen sehr unterschiedlichen Zeitraum inne. Bei ihnen hand...

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