Ist der Wegzug ins Ausland vollzogen, droht ggf. die sog. erweiterte beschränkte Steuerpflicht. Ziel der erweiterten beschränkten Steuerpflicht des § 2 AStG ist es laut Gesetzesbegründung, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu gewährleisten, die durch den Wohnsitzwechsel ins Ausland verletzt worden sein könnte.[1] Faktisch reduziert die Anwendung der Norm jedoch für eine bestimmte Zeit die steuerliche Motivation des Wegzugs.

[1] Begründung zum Entwurf der Bundesregierung eines Außensteuergesetzes, BT-Drucks. VI/2883, 16 Rn. 13 f., 17 Rn. 18 f.

2.5.3.1 Persönliche Voraussetzungen

Die persönlichen Voraussetzungen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht ergeben sich aus § 2 Abs. 1 AStG. Demnach muss der Steuerpflichtige als Deutscher in den letzten 10 Jahren vor Beendigung seiner unbeschränkten Steuerpflicht insgesamt mindestens 5 Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sein.

2.5.3.2 Sachliche Voraussetzungen

Sachliche Voraussetzung ist entweder, dass der Steuerpflichtige in ein niedrig besteuertes ausländisches Gebiet verzieht oder in keinem ausländischen Gebiet ansässig ist und wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland hat.

Nach § 2 Abs. 2 AStG wird ein niedrig besteuertes Gebiet vermutet, wenn das ausländische Gebiet von einer unverheirateten Person bei einem Einkommen von 77.000 EUR eine Einkommensteuer erhebt, die um mehr als ein Drittel geringer ist als die deutsche Einkommensteuer oder der Steuerpflichtige im Ausland in Abweichung zu den allgemeinen Besteuerungsregelungen im Ausland bevorzugt besteuert werden kann.

Nach § 2 Abs. 3 AStG liegen wirtschaftliche Interessen in Deutschland u. a. vor,

  • wenn inländische Einkünfte, d. h. solche, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i. S. d. § 34d EStG sind, im Veranlagungszeitraum mehr als 30 % sämtlicher Einkünfte des Steuerpflichtigen betragen oder 62.000 EUR übersteigen (Nr. 2) oder
  • zu Beginn des Veranlagungszeitraums das Vermögen der Person, dessen Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i. S. d. § 34d EStG wären, mehr als 30 % ihres Gesamtvermögens beträgt oder 154.000 EUR übersteigt (Nr. 3).

Kryptowährungen gelten als nicht ausländische Einkünfte i. S. d. § 34d EStG, da sie im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts[1] als veräußerte Wirtschaftsgüter nicht im Ausland belegen sind.[2]. Somit sind Veräußerungsgeschäfte von Kryptowährungen bei der Bewertung der wirtschaftlichen Interessen in Deutschland einzubeziehen.

2.5.3.3 Rechtsfolge

Nach § 2 Abs. 1 AStG ist der Steuerpflichtige für einen Zeitraum von 10 Jahren nach seinem Wegzug und dem Ausscheiden aus der deutschen unbeschränkten Steuerpflicht über die beschränkte Steuerpflicht hinaus erweitert beschränkt einkommensteuerpflichtig mit allen Einkünften i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz EStG, die bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i. S. d. § 34d EStG sind.

Dies bedeutet für die Veräußerung von Kryptowährungen:

  • Durch die erweiterte beschränkte Steuerpflicht nach § 2 AStG sind aber solche Veräußerungsgewinne noch bis zu 10 Jahre nach dem Wegzug aus Deutschland im Rahmen der deutschen Einkommensteuer zu versteuern, weil es bei den Kryptowährungen an einem eindeutigen Auslandsbezug fehlt. Die Steuerpflicht greift allerdings nur für Verkäufe innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr.[1] Der Wegzug selbst löst keine Veräußerungsfiktion aus
  • bis zu 10 Jahre nach dem Wegzug aus Deutschland im Rahmen der deutschen Einkommensteuer zu versteuern, weil es bei den Kryptowährungen an einem eindeutigen Auslandsbezug fehlt. Die Steuerpflicht greift allerdings nur für Verkäufe innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr.[2]. Der Wegzug selbst löst keine Veräußerungsfiktion aus.[3]

Wenn – was häufig der Fall ist – Kryptowährungen (genauer der Private Key) auf einer Hardware Wallet gespeichert sind, der Anleger aus Deutschland wegzieht und die Hardware Wallet mitnimmt, werden u. E. die erzielten Einkünfte aus der Veräußerung der Kryptowährung innerhalb der Spekulationsfristen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Jahresfrist) oder § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG (10-Jahresfrist[4]) im Rahmen der erweitert beschränkten Steuerpflicht berücksichtigt, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 2 AStG erfüllt sind. Die Einkünfte sind u. E. weder inländische[5] noch ausländische[6], sondern "neutrale" Einkünfte, die dann unter § 2 AStG fallen. Ob dies auch dann der Fall ist, wenn die Coins – genauer der Private Key – auf einer in Deutschland belegenen Exchange, wie z. B. www.bitcoin.de, liegen, ist ungeklärt. Dies steht aber zu befürchten.

 
Hinweis

Veräußerungsfristen beachten

Da die Kryptowährungen nicht bereits während der Ansässigkeit in Deutschland gekauft worden sein müssen, ist auch bei Erwerb im Ausland (nach dem Wegzug aus Deutschland) darauf zu achten, dass erst nach Ablauf eines Jahres veräußert wird, um die Steuerpflicht in Deutschland zu vermeiden.

Andererseits ist ein in Deutschland nicht steue...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge