a) Funktionelle Zuständigkeit

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Im Bußgeldverfahren ist funktionell die Verwaltungsbehörde für die Verfolgung und Ahndung der Ordnungswidrigkeiten primär zuständig (§ 35 OWiG). Das ist im Verfahren wegen Steuerordnungswidrigkeiten grds. die zuständige FinB (§ 409 AO i.V.m. §§ 35, 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG). Unter Verfolgung in diesem Sinne ist die selbständige und eigenverantwortliche Ermittlungstätigkeit zur Aufklärung eines Sachverhalts, unter Ahndung dagegen die Festsetzung der vom Gesetz für die Ordnungswidrigkeiten angedrohten Rechtsfolgen (Geldbußen und Nebenfolgen) zu verstehen (zur Rechtmäßigkeit der Ahndungsbefugnis s. Rz. 74)[2]. Weitergehend als im Steuerstrafverfahren hat die FinB also im Bußgeldverfahren eigene Sanktionskompetenz. Die Ermittlungsbefugnisse sind im Einzelnen dargestellt in Rz. 25 ff.

Die StA oder der Richter sind nur ausnahmsweise gesetzlich zur Verfolgung berufen (s. Rz. 9 ff.).

b) Sachliche Zuständigkeit

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Was die sachliche Zuständigkeit anbelangt, ist anzusetzen bei § 409 AO. Danach ist zuständige Verwaltungsbehörde i.S.d. § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG die nach § 387 Abs. 1 AO sachlich zuständige FinB, d.h. diejenige, "welche die betroffene Steuer verwaltet".

Zum Begriff der FinB vgl. die Legaldefinition in § 386 Abs. 1 Satz 2 AO (s. § 386 Rz. 31 ff.).

Die Bezugnahme auf § 387 AO bedeutet, dass für die Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten sachlich die gleichen FinB, also das FA, HZA, das BZSt sowie die Familienkasse, zuständig sind. Das ist wegen der fließenden Übergänge im subjektiven Bereich (z.B. Vorsatz oder Leichtfertigkeit bei der Steuerverkürzung) auch sachgerecht[4]. Ebenso wie im Steuerstrafverfahren kann durch Rechtsverordnung die sachliche Zuständigkeit für den Bereich mehrerer FinB einer FinB, den Straf- und Bußgeldsachenstellen, übertragen werden (§ 409 Satz 2 AO i.V.m. § 387 Abs. 2 AO, s. § 387 Rz. 35 f.). Dabei kann es u.U. zu einem Auseinanderfallen der sachlichen Zuständigkeit kommen[5]. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Ausführungen zu § 387 AO verwiesen.

Die Steuer- und Zollfahndung ist keine Ermittlungsbehörde im vorbezeichneten Sinn; sie ist aber gem. § 208 Abs. 1 Nr. 1 AO auch sachlich zuständig für die Erforschung von Steuer(zoll-)ordnungswidrigkeiten; ihre Ermittlungsbefugnis wird für das Bußgeldverfahren durch § 410 Abs. 1 Nr. 9 AO i.V.m. § 404 Satz 1 und 2 Halbs. 1 AO begründet (s. Rz. 41 und § 404 Rz. 160). Die Fahndung hat z.B. keine Befugnis zum Abschluss des Bußgeldverfahrens durch Bußgeldbescheid oder Einstellung.

c) Örtliche Zuständigkeit

 

Rz. 6

[Autor/Stand] Die örtliche Zuständigkeit der FinB im Bußgeldverfahren bestimmt sich gem. § 410 Abs. 1 Nr. 1 AO nach den §§ 388–390 AO. Damit treten die §§ 3739 OWiG zurück. Gemäß § 388 Abs. 1 AO ist örtlich zuständig die FinB

Als subsidiäre Anknüpfungspunkte ("auch") kommen in Betracht:

  • die für den neuen Wohnsitz zuständige FinB (wenn der Betroffene seinen Wohnsitz nach Einleitung des Verfahrens geändert hat; § 388 Abs. 2 Satz 1 AO);
  • die für die Besteuerung nunmehr zuständige FinB (wenn sich die Zuständigkeit nach Einleitung des Verfahrens geändert hat; § 388 Abs. 2 Satz 2 AO);
  • die FinB, in deren Bezirk der Betroffene sich gewöhnlich aufhält (wenn er im Geltungsbereich der AO – d.h. in der Bundesrepublik – keinen Wohnsitz hat; § 388 Abs. 3 AO).

Bei zusammenhängenden Ordnungswidrigkeiten (mehrere Ordnungswidrigkeiten desselben Betroffenen, mehrere Beteiligte an derselben Ordnungswidrigkeit) kann jede der nach § 388 AO zuständigen FinB die Gesamtermittlung übernehmen (§ 389 AO).

 

Rz. 6.1

[Autor/Stand] Sind mehrere FinB i.S.d. §§ 387389 AO sachlich und örtlich zuständig, so ist grds. die FinB zur Durchführung des Verfahrens befugt, die wegen der Tat zuerst das (Bußgeld-)Verfahren (i.S.d. § 410 Abs. 1 Nr. 6, § 397 AO) eingeleitet hat (§ 390 Abs. 1 AO; Grundsatz der Priorität; s. § 390 Rz. 3)[8]. Auf Ersuchen dieser FinB muss eine andere das Verfahren übernehmen, wenn dies – etwa zur Vermeidung von vermehrter Arbeit und Kosten – sachdienlich ist (§ 390 Abs. 2 Satz 1 AO). Im Falle eines Kompetenzkonflikts entscheidet die OFD, der die ersuchte FinB untersteht (§ 390 Abs. 2 Satz 2 AO). Hinsichtlich der Einzelheiten ist auf die Ausführungen zu den §§ 388390 AO zu verweisen.

Zu beachten ist, dass die in § 390 AO enthaltene Regelung der sog. Vorrangzuständigkeit von der des § 39 OWiG zum Teil abweicht. In § 39 OWiG wird für die Begründung der Zuständigkeit auf die erste Vernehmung und nicht auf die Einleitung des Bußgeldverfahrens abgestellt. Die Sonderregelung des § 390 Abs. 1 AO greift indessen nur ein, wenn es darum geht, welcher von mehreren an sich zuständigen...

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