Rz. 74

[Autor/Stand] Der Bußgeldbescheid ist ein Verwaltungsakt besonderer Art, der sowohl Verwaltungshandeln als auch Justizhandeln beinhaltet[2]. Die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten durch einen Bescheid der Verwaltungsbehörden verstößt nach Auffassung des BVerfG[3] und nach fast einhelliger Meinung im Schrifttum[4] nicht gegen Verfassungsrecht. Gerade die inzwischen deutlich angestiegene Höhe der bei Steuerordnungswidrigkeiten zulässigen Geldbuße (für vorsätzliche Gefährdungshandlungen bei § 379 AO von 5.000/10.000/25.000 EUR, bei §§ 381, 382 AO bis zu 5.000 EUR, bis zu 10.000 EUR bei § 383b AO und 25.000 EUR bei § 380 AO bis hin zu 50.000 EUR bei § 378 Abs. 2, § 383 AO bzw. § 26a Abs. 3 UStG bis zu 30.000 EUR) macht deutlich, dass der Bußgeldbescheid den Betroffenen weit empfindlicher treffen kann als eine sog. Kriminalstrafe in Geld.

Vorläufig ist der Bußgeldbescheid (ebenso wie der Strafbefehl) insofern, als sein Bestand davon abhängt, ob sich der Betroffene mit ihm abfindet. Unterwirft er sich nicht (d.h. legt er Einspruch ein), so wird der Bußgeldbescheid nicht etwa wie bei einem gerichtlichen Urteil von der übergeordneten Instanz nur auf seine Zulässigkeit und Begründetheit nachgeprüft, sondern er wird hinfällig und damit – soweit er eine Unrechtsfolge ausspricht – rechtlich nicht mehr existent. Eine Wirkung entfaltet der Bußgeldbescheid nur insofern, als er für das sich anschließende gerichtliche Verfahren den Untersuchungsgegenstand begrenzt. Der Richter hat aber ansonsten eine neue und eigene Bußgeldentscheidung zu treffen, da der Bußgeldbescheid nach dem Einspruch des Betroffenen nur noch die Bedeutung einer Beschuldigung hat[5].

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.02.2022
[2] Vgl. Tormöhlen in HHSp., § 410 AO Rz. 87.
[3] BVerfG v. 6.6.1967 – 2 BvR 375/60, 2 BvR 53/60, 2 BvR 18/65, BVerfGE 22, 49 (81); BVerfG v. 16.7.1969 – 2 BvL 2/69, BVerfGE 27, 18 (33).
[4] Vgl. stellvertretend für alle Seitz/Thoma in Göhler18, Vor § 1 OWiG Rz. 4 ff.; Begr. zum Entwurf eines OWiG, BT-Drucks. V/1269, 32.
[5] Seitz/Bauer in Göhler18, Vor § 65 OWiG Rz. 8.

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