Rz. 11

[Autor/Stand] Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Einziehung ergeben sich – abgesehen von der Spezialregelung in § 375 Abs. 2 AO – über die Verweisung in § 369 Abs. 2 AO aus dem Allgemeinen Teil des StGB. Die inhaltlichen Voraussetzungen ergeben sich

  • für die Einziehung von Taterträgen (dem vormaligen Verfall) aus §§ 7373e StGB (s. § 399 Rdnr. 41 ff.) und § 29a OWiG (s. § 370 Rdnr. 140 ff.); s. Rdnr. 12 ff.
  • sowie für die Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten aus §§ 7475 StGB (s. § 370 Rdnr. 1131.5 ff.) und § 375 Abs. 2 AO (s. § 375 Rdnr. 32 ff.); s. Rdnr. 21 ff.
  • Gemeinsame Vorschriften für beide Institute ergeben sich aus §§ 7676b StGB (s. § 370 Rdnr. 1130 ff.); s. Rdnr. 22 ff.
 

Rz. 12

[Autor/Stand] Durch die Einziehung von Taterträgen (§ 73 StGB) sollen die Vermögensvorteile, die der Täter durch die Tat erlangt hat (im hier interessierenden Bereich also ersparte Steuern und Sozialabgaben), weggenommen werden und der Staatskasse zugeführt werden. Anschließend erfolgt die Entschädigung des Verletzten.

Die Anordnung der Einziehung setzt voraus, dass der Täter oder der Teilnehmer "etwas erlangt" hat (vgl. § 73 Abs. 1 StGB). Hinsichtlich der Wertermittlung gilt weiter, wenn auch stärker "verbotsbezogen" das "Bruttoprinzip", dh. alles, was der Täter erlangt hat, wird ohne Abzug gewinnmindernder Aufwendungen abgeschöpft[3]. Eine Präzisierung ist dahin gehend erfolgt, dass die Berechnung in einem zweistufigen Verfahren erfolgt (§ 73 Abs. 1, § 73d StGB). S. § 399 Rdnr. 45.3 f.

 

Rz. 13

[Autor/Stand] Auch bei Steuerstraftaten ist nunmehr eine Einziehung von Tatvorteilen nicht ausgeschlossen. Mit der Streichung der Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (s. Rdnr. 2) ist nun die Subsidiarität des staatlichen Vermögenszugriffs aufgehoben und der Verletzte – und als solcher gilt bei Steuerstraftaten der Fiskus – auf das Erstattungs- und Verteilungsverfahren in der Strafvollstreckung verwiesen.

 

Rz. 14

[Autor/Stand] Auch nach der neuen Rechtslage bestehen wie bisher zwei vorläufige Sicherungsinstrumente:

  • Gegenstände, die der Einziehung unterliegen, werden nach §§ 111b111d StPO beschlagnahmt.
  • Die Einziehung des Wertersatzes wird durch Vermögensarrest (bisher: dinglicher Arrest) gesichert (§§ 111e111h StPO), bei einem Anfangsverdacht "kann", liegen dagegen "dringende Gründe" für die Annahme einer rechtswidrigen Bereicherung vor, "soll" die Sicherung erfolgen (§ 111b Abs. 1, § 111e Abs. 1 StPO).

Die Vollziehung dieser Sicherungsmittel sowie die Rechtskraft der Einziehungsanordnung werden dem Verletzten mitgeteilt. Er hat seinen Anspruch binnen sechs Monaten nach Rechtskraft bei der Vollstreckungsbehörde anzumelden, um eine Entschädigung zu erhalten.

Aufgegeben wird die bisherige abgestufte Regelung, wonach die Sicherung bei Vorliegen eines bloßen Anfangsverdachts grundsätzlich nur sechs, maximal zwölf Monate zulässig ist. Ebenso entbehrlich ist das Vorliegen eines Arrestgrundes.

 

Rz. 15

[Autor/Stand] Damit besteht für die BuStra grds. die Möglichkeit, beim Amtsgericht den Vermögensarrest zur vorläufigen Sicherung der Steueransprüche gem. § 73c StGB, §§ 111e-111d StPO zu beantragen[7].

Daneben kann die FinB (Veranlagungs-FA) gem. § 324 AO mit eigenen Mitteln selbst eine vorläufige Sicherung ihrer Ansprüche erreichen, sodass das Sicherungsinteresse für einen strafprozessualen Arrest fraglich ist. Zum bislang umstr. Verhältnis von strafprozessualem und steuerlichen Arrest s. § 399 Rdnr. 42 ff.

 

Rz. 16

[Autor/Stand] Bei der Einziehung zwecks Abschöpfung des durch eine Steuerhinterziehung erlangten Vorteils ist eine steuerliche Belastung des kriminellen Gewinns (vgl. § 40 AO) zu beachten, um eine doppelte Ahndung zu vermeiden[9]. Der aus der Straftat erlangte Vermögensvorteil kann nur dann in voller Höhe für eingezogen erklärt werden, wenn er noch nicht bestandskräftig besteuert ist. Im anschließenden Besteuerungsverfahren kann dann der steuerlich anzusetzende Gewinn um den für eingezogen erklärten Betrag gemindert werden. Ansonsten kommt eine Anrechnung der Steuerlast über die Regelung des § 73e Abs. 2 StGB in Betracht.

 

Rz. 17

[Autor/Stand] Daneben besteht auch die Möglichkeit des erweiterte Einziehung von Taterträgen (§ 73a StGB) bzgl. sonstiger inkriminierter Gegenstände[11]. S. dazu näher § 399 Rdnr. 46.2 und § 370 Rdnr. 1130.20 ff.

Als Anknüpfungstat kommt damit jede rechtswidrige Straftat, also auch jedes Steuerdelikt, in Betracht.

 

Rz. 18

[Autor/Stand] Möglich ist auch die Anordnung der Einziehung von Taterträgen bei Dritten nach § 73b StGB (sog. Verschiebungsfälle), wenn der Vermögenswert nicht dem Täter selbst, sondern einem anderen zugeflossen ist, für den der Tatbeteiligte gehandelt hat (s. dazu näher § 399 Rdnr. 44.11 ff.). Das kann insb. eine juristische Person oder Personenvereinigung sein.

 

Rz. 19

[Autor/Stand] Die Neuregelung erfolgte iS der BGH-Rspr.[14] zu den sog. Vertretungs-, Verschiebungs- und Erfüllun...

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