Schrifttum:

Hüttemann, Grundlagen und Bedeutung der grenzüberschreitenden Vermögensabschöpfung unter besonderer Berücksichtigung der Verordnung (EU) 2018/1805, NZWiSt 2019, 201, 248.

a) Vorläufige Sicherung

 

Rz. 1113

[Autor/Stand] Auf europäischer Ebene ist die vorläufige grenzüberschreitende Sicherstellung von Vermögensgegenständen im Ausland möglich, wenngleich in der Praxis je nach ersuchtem Staat schwierig und bislang (noch) eher die Ausnahme[2]. Die Verordnung (EU) 2018/1805 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.11.2018 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen tritt zum 19.12.2020 in Kraft und stellt ab diesem Zeitpunkt unmittelbar geltendes Recht dar. Die Rb Sicherstellung und Einziehung werden hierdurch bzgl. der betroffenen Mitgliedstaaten ersetzt, ohne Anwendung jedoch für Dänemark und Irland.

 

Rz. 1114

[Autor/Stand] Für ausgehende Ersuchen gelten die originären ausländischen Vorschriften, wie für eingehende Ersuchen die inländischen Vorschriften der §§ 66 ff., 88 ff. IRG gelten.[4] Sofern ein nach Maßgabe der §§ 94, 95 IRG zulässiges Ersuchen gestellt wird, besteht für den ersuchten Staat nach § 96 IRG die Verpflichtung, Rechtshilfe zu bewilligen. Neben der Verpflichtung des ersuchenden Staates, eine justizielle Sicherstellungsentscheidung und eine vollständig ausgefüllte Bescheinigung entsprechend den Vorgaben der Art. 4 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 Buchst. a und Art. 9 Rb Sicherstellung vorzulegen, ist die Zulässigkeit grundsätzlich davon abhängig, dass ein sog. "Listendelikt" i.S.d. Art. 3 Abs. 2 Rb Sicherstellung vorliegt (§ 94 Abs. 1 Nr. 1 IRG). In diesem Fall erfolgt keine Überprüfung der beiderseitigen Strafbarkeit. Eine Gegenausnahme ist in § 94 Abs. 1 Nr. 2 IRG geregelt. Ein Ersuchen in Steuer-, Abgaben-, Zoll- und Währungsangelegenheiten ist danach auch zulässig, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Abgaben-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates. Die weitere Umsetzung eines zulässigen Ersuchens nach Maßgabe des Rb Sicherstellung richtet sich gem. § 94 Abs. 1 IRG nach § 58 Abs. 3 und § 67 IRG, d.h. anders als bei Ersuchen im Rahmen der (vertraglosen) Rechtshilfe nach § 67 Abs. 1 IRG ist neben der Beschlagnahme nach § 77 Abs. 1 IRG i.V.m. § 111b Abs. 1, § 111c StPO auch der Vollzug von Arresten in das Legalvermögen des Betroffenen nach § 77 Abs. 1 IRG i.V.m. § 111b Abs. 2, § 111d StPO möglich.[5]

 

Rz. 1115

[Autor/Stand] Die Europäische Ermittlungsanordnung (EEA) trifft keine explizite Aussage, was die Vollstreckung von Arrestbeschlüssen im Ausland betrifft. Was den grenzüberschreitenden Arrest in Strafsachen betrifft, hat sich indes aus der Erfahrung heraus gezeigt, dass durchaus auch die EEA herangezogen werden kann.

 

Beispiel

So war es bspw. unproblematisch, eine inländische Arrestentscheidung im Wege der Rechtshilfe nach Österreich zu übermitteln, die entsprechenden Gelder "einzufrieren" und im Wege der EEA Auskunft darüber zu erlangen, in welcher Höhe Gelder an eine dritte Gesellschaft geflossen sind. Der Sachverhalt stellte sich im konkreten Fall so dar, dass ein US-amerikanisches Unternehmen elektronische Dienstleistungen in Europa (insb. auch Deutschland) erbrachte und die Abrechnung und Weiterleitung der Gelder zentral über eine österreichische Gesellschaft erfolgte.

 

Rz. 1116

[Autor/Stand] Ausweislich des Wortlauts beziehen sich die vorläufigen Maßnahmen nach der EEA (Art. 32 RL EEA) zwar nur auf Beweismittel. Die Vollstreckungshilfe für einen anderen Mitgliedstaat der EU nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI des Rates vom 6.10.2006 über die gegenseitige Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen[8] (Rb Einziehung Gegenseitigkeit) richtet sich nach den §§ 88a88f IRG. Mit dem Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 22.7.2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der EU vom 6.6.2008[9] wurde der Rahmenbeschluss 2003/577/JI des Rates vom 22.7.2003 (Rb Sicherstellung) über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der EU in das nationale Recht umgesetzt.[10] Beide Rahmenbeschlüsse sind in das IRG implementiert worden, der Rb Sicherstellung durch Gesetz vom 6.2008[11] und der Rb Einziehung Gegenseitigkeit durch Gesetz vom 8.10.2009[12]. Beide Beschlüsse werden zum 19.12.2020 durch die Verordnung (EU) 2018/1805 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.11.2018 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen ersetzt[13].

 

Rz. 1117

[Autor/Stand] Zum 19.12.2020 wird die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.11.2018 über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellung und Einziehungsentscheidungen in Kraft treten[15]. Die Verordnung folgt dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung[16]. Insbesondere eine Verpflichtung z...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge