Schrifttum:

Fleury, Verfassungsprozessrecht, 9. Aufl. 2012; Gusy, Die Verfassungsbeschwerde. Voraussetzungen, 1988; Klein/Sennekamp, Aktuelle Zulässigkeitsprobleme der Verfassungsbeschwerde, NJW 2007, 945; Lechner/Zuck, BVerfGG, 8. Aufl. 2019; Lübbe-Wolff, Die erfolgreiche Verfassungsbeschwerde, AnwBl. 2005, 509; Lübbe-Wolff/Geisler, Neuere Rechtsprechung des BVerfG zum Vollzug von Straf- und Untersuchungshaft – Bericht mit Hinweisen zu einigen häufig übersehenen Erfolgsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde, NStZ 2004, 478; Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Loseblatt; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, 63. Aufl. 2020, Einl. Rz. 230 ff.; Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, 3. Aufl. 1991; Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 9. Aufl. 2012; Werth, Verfassungsbeschwerde gegen letztinstanzliche Entscheidungen des BFH, AO-StB 2007, 24; Zuck, Der Zugang vom BVerfG – Was läßt das 5. Änderungsgesetz zum Gesetz über das BVerfG von der Verfassungsbeschwerde noch übrig?, NJW 1993, 2641; Zuck, Die erfolgreiche Verfassungsbeschwerde aus Anwaltssicht, AnwBl. 2006, 95; Zuck, Das Recht der Verfassungsbeschwerde, 5. Aufl. 2017; Zuck, Als Anwalt im Verfassungsrecht, NJW 2017, 35.

 

Rz. 900

[Autor/Stand] Die Verfassungsbeschwerde macht den weitaus größten Anteil der beim BVerfG eingehenden Verfahren aus. Ihre Zahl wächst ständig[2]. Dennoch bestehen bei diesem Rechtsbehelf im Ergebnis nur höchst geringe Erfolgsaussichten; allenfalls 1–2 % der Verfahren sind von Erfolg gekrönt[3]. Festzuhalten ist, dass die Verfassungsbeschwerde ein "exklusives" Verfahren darstellt, was mit dadurch begründet ist, dass viele anhängig gemachten Beschwerden bereits an den hohen Zulässigkeitsanforderungen scheitern.

Die Verfassungsbeschwerde "ist kein zusätzlicher Rechtsbehelf für das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten oder Verwaltungsgerichten. Sie ist dem Bürger als besonderes Rechtsschutzmittel zur prozessualen Durchsetzung der Grundrechte oder der diesen gleichgestellten Rechte gewährt"[4]. Das BVerfG ist keine Superrevisionsinstanz[5]. Insbesondere ist die Verfassungsbeschwerde "nicht dazu bestimmt, wahlweise neben andere Rechtsmittel zu treten oder gar die Vereinfachung oder Umgehung des sonst vorgeschriebenen Rechtsweges zu ermöglichen"[6].

a) Zulässigkeit

 

Rz. 901

[Autor/Stand] Aus den §§ 90 ff. i.V.m. § 22 Abs. 2, § 23 Abs. 1 BVerfGG und den dazu ergangenen Entscheidungen des BVerfG sowie aus den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen ergibt sich ein umfangreicher Katalog von Zulässigkeitsvoraussetzungen, deren Beachtung unerlässlich ist, andernfalls die Verfassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird. Folgende Punkte bedürfen dabei besonderer Prüfung:

aa) Beschwerdebefugnis

 

Rz. 902

[Autor/Stand] Die Berechtigung, selbständig oder durch einen gesetzlichen Vertreter im eigenen Namen eine Verfassungsbeschwerde zu erheben, steht jeder Person zu, die Träger der in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 BVerfGG genannten Rechte sein kann, die also grundrechtsfähig ist[9].

 

Rz. 902.1

[Autor/Stand]"Jedermann" i.S.d. § 90 Abs. 1 BVerfGG ist zunächst jeder Deutsche im Geltungsbereich des Grundgesetzes, soweit das geltend gemachte Recht ihm seinem Wesen nach zustehen kann und nicht verwirkt ist. Dazu zählen auch Ausländer, soweit sie sich nicht auf Rechte berufen, die nur Deutschen zustehen (Art. 8, 9, 11, 12, 33, 38 GG).

 

Rz. 902.2

[Autor/Stand] Auch juristische Personen des Privatrechts sind beschwerdebefugt (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG).

 

Rz. 902.3

[Autor/Stand] Für ausländische juristische Personen gilt Art. 19 Abs. 3 GG grundsätzlich nicht[13].

Eine in der Rechtsform einer Partnership nach US-amerikanischem Recht tätige internationale Rechtsanwaltskanzlei (US-LLP) mit Kanzleistandorten in Deutschland ist keine inländische juristische Person i.S.v. Art. 19 Abs. 3 GG und kann sich daher nicht auf materielle Grundrechte berufen (s. dazu die sog. VW/Jones Day Beschlüsse des BVerfG vom 27.6.2018, s. Beispiel in Rz. 958)[14].

Dagegen hatte das BVerfG 2009 in einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde einer englischen Rechtsanwaltssozietät gegen die Anordnung der Durchsuchung ihrer Büros in Düsseldorf und Frankfurt/M. anders entschieden[15]. Beide Fälle waren aber letztlich nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar. Diese englische Rechtsanwaltssozietät mit pro rata mehr Büros/Rechtsanwälten in Deutschland wurde als organisatorisch eigenständig mit inländischem Tätigkeitsschwerpunkt an beiden betroffenen Bürostandorten in Deutschland eingestuft. In Falle der VW/Jones-day Durchsuchung im Diesel-Skandal hatte es an entsprechendem Vortrag darüber gefehlt, als dass von einer organisatorisch eigenständigen Stellung ihres Münchener Büros hätte gesprochen werden können.

 

Rz. 902.4

[Autor/Stand] Das BVerfG hat auch nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen Grundrechtsfähigkeit zuerkannt, dies allerdings von verschiedenen Umständen abhängig gemacht, "so insb. von der Natur des Grundrechts und davon, ob und welche Rechte die Personengruppe nach allgemeinem...

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