Ergänzender Hinweis: Nr. 58, 59 AStBV (St) 2020 (s. AStBV Rz. 58 f.).

Schrifttum:

Amelung, Grenzen der Beschlagnahme notarieller Unterlagen, DNotZ 1984, 195; Bandisch, Mandant und Patient, schutzlos bei Durchsuchung von Kanzlei und Praxis?, NJW 1987, 2200; Hamm/Maxin, "Legal Privilege" für Syndikusanwälte?, AnwBl. 2015, 376; Hassemer, Das Zeugnisverweigerungsrecht des Syndikusanwalts, wistra 1986, 1; Hermanns, Der Syndikus-Anwalt und der Schutz des Anwaltsgeheimnisses in Deutschland, AnwBl. 1980, 326; Hustus, Der Syndikusanwalt und das Legal Privilege respektive das Anwaltsprivileg – alea iacta est, NStZ 2016, 65; Rau, Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen im Zusammenhang mit Rechtsanwalts- und Notaranderkonten, wistra 2006, 410; Roxin, Das Zeugnisverweigerungsrecht des Syndikusanwalts, NJW 1992, 1129; Schiller, Unzulässige Einschränkungen des Anwaltprivileges bei der Beschlagnahme?, StV 1985, 169; Strahl, Beschlagnahme der Anderkonten von Berufsgeheimnisträgern bei Kreditinstituten, wistra 1990, 94; Thum, Beschlagnahmefreiheit von Verteidigungsunterlagen, HRRS 2012, 535; Wasmuth, Beschlagnahme von Patientenkarteien und Krankenscheinen im Strafverfahren wegen Abrechnungsbetruges des Arztes, NJW 1989, 2297; Weyand, Arzt- und Steuergeheimnis als Hindernis für die Strafverfolgung?, wistra 1990, 4.

 

Rz. 1003

[Autor/Stand] Beschlagnahmefrei sind grds. die gleichen Gegenstände wie beim Verteidiger (s. Rz. 1001).

Ob die Beschlagnahme von Kontounterlagen über Anderkonten, die von einem Notar, Rechtsanwalt oder Steuerberater geführt werden, zulässig ist, ist umstritten[2].

 

Rz. 1004

[Autor/Stand] Die bisherige Rspr. – auch des BVerfG – hält die Durchsuchung und Beschlagnahme von Unterlagen über ein Anderkonto bei dem kontoführenden Kreditinstitut für zulässig[4]. Das soll insb. gelten, wenn der Rechtsanwalt oder Notar nur Treuhandtätigkeiten wahrnimmt[5].

§ 97 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO stelle nur Mitteilungen des Beschuldigten an den Rechtsanwalt von der Beschlagnahme frei, nicht hingegen solche Dritter. Auch befänden sich die Unterlagen nicht im Gewahrsam des Rechtsanwalts (§ 97 Abs. 2 Satz 1 StPO); die das Anderkonto führende Bank gelte zudem nicht als Berufshelferin des Rechtsanwalts gem. § 97 Abs. 4 i.V.m. § 53a Abs. 1 StPO.

 

Rz. 1004.1

[Autor/Stand] Die Gegenansicht[7] überzeugt jedoch, da andernfalls das Schweigerecht des Beraters durch den Umweg über das Anderkonto umgangen werden könnte. Allein der Gewahrsam kann nicht entscheidend sein.

Die Führung von Anderkonten gehört grds. zu den berufsspezifischen Tätigkeiten eines Rechtsberaters und damit besteht grds. ein Zeugnisverweigerungsrecht und damit das Beschlagnahmeverbot. Das berufsbedingte Treuhänderprivileg, das den Treuhänder im Besteuerungsverfahren § 159 Abs. 2 i.V.m. § 102 StPO zur Auskunftsverweigerung berechtigt, gilt auch im Strafverfahren[8]. Demnach können die Ermittlungsbehörden von einem Rechtsanwalt, der auf einem Anderkonto ihm anvertraute Gelder verwahrt, Auskünfte und Vorlage von Urkunden, Belegen und Kontoauszügen nicht verlangen bzw. Unterlagen nicht beschlagnahmen, wenn sich daraus Rückschlüsse auf den Treugeber ziehen lassen.

 

Rz. 1004.2

[Autor/Stand] Notare, Rechtsanwälte und die ihnen in § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO gleichgestellten Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater sind zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten zwingend auf die Kreditinstitute angewiesen, so dass Bankmitarbeiter insoweit als mitwirkende Personen i.S.d. § 53a Abs. 1 Satz 1 StPO n.F. von dem Beschlagnahmeprivileg erfasst werden (§ 97 Abs. 1, 4 StPO)[10].

Durch Gesetz vom 30.10.2017[11] wurde der Kreis der Zeugnisverweigerungsberechtigten erheblich erweitert, indem der Begriff der "Gehilfen" gestrichen wurde und nun alle Personen miterfasst sind, die an der beruflichen Tätigkeit des Berufsgeheimnisträgers mitwirken; damit auch externe Dienstleister[12]. Nach altem Recht galten Selbständige – wie Banken –, die vom Berufsgeheimnisträger zur selbständigen Erledigung auch dauerhaft herangezogen wurden, nicht als "Hilfsperson" i.S.v. § 53a StPO a.F. Diese Sicht ist nach dem Wortlaut der neuen Fassung und der Intention des Gesetzgebers nicht mehr haltbar. Entgegenstehende frühere Rspr.[13] ist daher überholt.

 

Rz. 1004.3

[Autor/Stand] So hat denn auch das LG Kiel (s. nachst. Beispiel) jüngst entschieden, dass Bankmitarbeiter, die mit der Führung von Notar- bzw. Rechtsanwaltsanderkonten betraut sind, zu dem Personenkreis gehören, auf den § 53a StPO n.F. das Zeugnisverweigerungsrecht des Berufsgeheimnisträgers ausdehnt[15].

 

Beispiel 11

Eine Sparkasse hatte sich mit einer Beschwerde als Drittbetroffene gegen Durchsuchungsmaßnahmen gewendet, mit denen die StA Erkenntnisse über ein dort geführtes Notaranderkonto gewinnen wollte. Gesucht wurden Auszahlungsvorgänge, die den Verbleib des Verkaufserlöses aus einem notariellen Grundstückskaufvertrag erhellen sollten.

Das LG Kiel hat die Durchsuchung und die Beschlagnahme von dabei aufgefundenen Unterlagen sowie die Verhängung eines Ordnungs...

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