Schrifttum:

Brenner, Von der Strafbarkeit des steuerlichen Garanten (§ 153 AO), DRiZ 1981, 412; Dörn, Anwendung der §§ 379, 380 AO auch bei Selbstanzeigen gemäß §§ 371, 378 Abs. 3 AO, wistra 1995, 7; Franzen, Zur Vollendung der Steuerverkürzung (§§ 396, 404 AO), DStR 1965, 187; Göhler, Ist die fortgesetzte Handlung mit der Entscheidung des Großen Senats in Strafsachen, wistra 1994, 185 auch in Bußgeldsachen praktisch verabschiedet?, wistra 1995, 300; Lohmeyer, Fortgesetzte Handlung und Dauervergehen im Steuerstrafrecht, ZfZ 1963, 358; Lohmeyer, Die Festsetzungsfrist bei hinterzogenen und bei leichtfertig verkürzten Steuern, INF 1984, 201; Pfaff, Aktuelle Fragen aus dem Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrecht, Stbg 1983, 185.

I. Überblick

 

Rz. 149

[Autor/Stand] Erfüllt das Verhalten des Täters den Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung mehrfach oder neben § 378 AO noch den Tatbestand einer anderen Bußgeld- oder Strafvorschrift, so stellt sich die Frage, wie sich die verschiedenen Gesetzesvorschriften zueinander verhalten.

Grundsätzlich sind die Konkurrenzverhältnisse im Ordnungswidrigkeitenrecht genauso geregelt wie im Strafrecht (s. § 370 Rz. 860 ff. und § 377 Rz. 145 ff.). So ist auch bei § 378 AO zwischen Tateinheit und Tatmehrheit zu unterscheiden. Tateinheit liegt vor, wenn der Täter durch ein und dieselbe Handlung mehrere Bußgeldvorschriften verletzt, Tatmehrheit hingegen, wenn die Verletzung mehrerer Bußgeld- oder Strafvorschriften durch mehrere selbständige Handlungen erfolgt. Die Unterscheidung ist für die Festsetzung der Geldbuße erheblich. Bei Tateinheit wird auf eine einzige Geldbuße erkannt, die der Bußgeldvorschrift zu entnehmen ist, die die höchste Buße androht (§ 19 OWiG). Bei Tatmehrheit wird für jede Handlung eine gesonderte Geldbuße verhängt (§ 20 OWiG). Im Unterschied zum Strafrecht (§§ 53, 54 StGB) kann hier keine Gesamtgeldbuße festgesetzt werden (s. § 377 Rz. 149).

Die Grundsätze der Tateinheit oder Tatmehrheit gelten jedoch nur, wenn die verschiedenen Gesetzesvorschriften im Einzelfall tatsächlich Anwendung finden. Sie können auch in Gesetzeskonkurrenz stehen, d.h. das Vorliegen eines Gesetzes schließt die Anwendung eines anderen aus (s. § 370 Rz. 879 ff.; vgl. auch § 21 Abs. 1 OWiG).

[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.09.2022

II. Mehrfache leichtfertige Steuerverkürzung

1. Rechtsgut

 

Rz. 150

[Autor/Stand] Das in § 378 AO geschützte Rechtsgut ist nicht die Steuerhoheit des Staates als solches, sondern der Anspruch gegen den Steuerschuldner auf das Vollerträgnis jeder einzelnen Steuerart (s. Rz. 5; § 370 Rz. 53 ff.)[2]. Daher kann hinsichtlich jeder einzelnen Steuerart eine Steuerverkürzung begangen und dieselbe Steuerart auch mehrfach leichtfertig verkürzt werden.

[Autor/Stand] Autor: Heuel, Stand: 01.09.2022
[2] Franzen, DStR 1965, 187 (188).

2. Leichtfertige Verkürzung mehrerer Steuerarten

 

Rz. 151

[Autor/Stand] Verkürzt der Täter leichtfertig mehrere Steuerarten, so können diese Steuerverkürzungen in Tateinheit oder Tatmehrheit stehen. Welches Konkurrenzverhältnis im Einzelfall anzunehmen ist, hängt davon ab, ob die Steuern durch ein und dieselbe oder durch mehrere selbständige Handlungen verkürzt wurden. Eine einheitliche Handlung liegt bei einer einzigen Willensbetätigung vor oder wenn mehrere Willensbetätigungen zu einer natürlichen oder rechtlichen Handlungseinheit zusammenzufassen sind (s. § 377 Rz. 145 ff.).

 

Rz. 152

[Autor/Stand] Steuern werden grds. durch die Verletzung von Anzeige-, Offenbarungs- oder sonstigen Erklärungspflichten verkürzt. Die hinsichtlich jeder Steuerart bestehenden Erklärungspflichten werden regelmäßig durch verschiedene zeitlich aufeinanderfolgende selbständige Willensbetätigungen erfüllt. Daher besteht grds. zwischen der leichtfertigen Hinterziehung mehrerer Steuerarten Tatmehrheit[3]. Das gilt auch dann, wenn die Verkürzungshandlungen in einem Unterlassen bestehen[4].

 

Rz. 153

[Autor/Stand] Nur ausnahmsweise kann eine tateinheitliche Verkürzung verschiedener Steuerarten angenommen werden.

 

Beispiel 3

Steuerberater A übernahm für B die Buchführung. Er ließ diese durch seine Angestellten ausführen. Obwohl ihm bekannt war, dass diese steuerlich unerfahren waren, überwachte er sie überhaupt nicht. Die Angeklagten führten die Bücher unrichtig und verwandten die Ergebnisse der Buchführung für Steuererklärungen zur Umsatz- und Einkommensteuer. Dadurch wurden beide Steuerarten verkürzt.

Das RG machte den A für die Steuerverkürzungen verantwortlich, weil er die Buchführung seiner Angestellten nicht überwacht hatte:

"Der Angeklagte hat die Verkürzung zweier verschiedenartiger Steuern – der Umsatzsteuer und der Einkommensteuer – bewirkt. Gleichwohl ist mit Recht nur eine einzige strafbare Handlung für vorliegend erachtet worden, da ein und dasselbe fahrlässige Verhalten des Angeklagten – die unrichtige Buchführung – zugleich die Verkürzung der Umsatz- und der Einkommensteuereinnahmen herbeigeführt hat."

Vgl. auch OLG Schleswig[6].

Tateinheitliche mehrfache leichtfertige Steuerverkürzung liegt ebenfalls vor, wenn die Steuererklärungen für mehrere Steuerarten auf demselben Vordruck ...

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