Rz. 51

[Autor/Stand] Für den Stpfl. ist neben der Strafverfolgungs- auch die steuerliche Festsetzungsverjährung von Interesse. Auch diese dient dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit[2]. Die Festsetzungsverjährung betrifft alle Steueransprüche und macht die Änderung oder Aufhebung von Steuerbescheiden unmöglich. Zum Fristlauf vgl. §§ 169 ff. AO, auf die einschlägigen steuerrechtlichen Kommentierungen wird verwiesen.

a) Besonderheiten im Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung

 

Rz. 52

[Autor/Stand] Indes verdienen drei Regelungen im Festsetzungsverjährungsrecht im Zusammenhang mit der Steuerhinterziehung besondere Betrachtung: § 169 Abs. 2 Satz 2 AO und § 171 Abs. 5 sowie Abs. 7 AO.

 

Rz. 53

[Autor/Stand] § 169 Abs. 2 Satz 2 AO lautet:

(2) ... Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. ...

Die Vorschrift ordnet damit für den Fall der Steuerverkürzung und -hinterziehung an, dass die Verjährungsfrist sich verlängert. Für den Beginn der Festsetzungsverjährung trifft die AO keine Sonderregeln, so dass diese auch im Falle der Hinterziehung nach den allgemeinen Regeln des § 170 AO beginnt.

Voraussetzungen für die Bejahung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO ist, dass eine vorsätzliche[5] (dann Verlängerung auf zehn Jahre) oder leichtfertige (dann Verlängerung auf fünf Jahre), rechtswidrige und tatbestandsmäßige Steuerverkürzung vorliegt[6]. Ob eine Steuerverkürzung gegeben ist oder nicht, kann das FA in eigener Verantwortung entscheiden, wobei es die Entscheidung eines Strafgerichts übernehmen kann[7]. Ob eine Steuerhinterziehung vorliegt, haben FinB und FG nach dem Prüfungsmaßstab der AO zu ermitteln. Jedoch gilt der Grundsatz "in dubio pro reo"[8]. Nach dem Abschluss der Ermittlungen muss der Vorsatz also hinreichend sicher festgestellt sein.

 

Rz. 53.1

[Autor/Stand] § 171 Abs. 5 AO lautet:

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

Die steuerliche Frist kann zwar anders als die strafrechtliche nicht unterbrochen, wohl aber vor Ablauf gehemmt werden (§ 171 AO). Ermittlungen der Fahndung hindern den Eintritt der steuerlichen Festsetzungsverjährung über den Abschluss der straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ermittlungen hinaus (§ 171 Abs. 5 Satz 2 AO) bis zur Bestandskraft der diesbezüglichen Steuerbescheide. Die Verjährungshemmung ist ihrem Wortlaut nach nicht begrenzt. Ab Beginn steuerstraf- oder -bußgeldrechtlicher Ermittlungen hätte die Finanzverwaltung also unendlich Zeit, Steuerbescheide zu erlassen. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, wird zu Recht die analoge Anwendung des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO gefordert[10].

 

Rz. 54

[Autor/Stand] Ergänzend ordnet § 171 Abs. 7 AO an:

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

Somit tritt vor der strafrechtlichen Verjährung keine steuerliche Verjährung ein. Für den Regelfall der fünfjährigen strafrechtlichen Verjährung wird die Norm aufgrund der längeren steuerlichen Frist zumeist keine Bedeutung haben, jedoch können unter Berücksichtigung der Regeln über den Beginn, die Unterbrechung und Hemmung der strafrechtlichen Verjährung auch hier Fälle eintreten, in denen die steuerliche Festsetzungsverjährung aufgrund herausgeschobener strafrechtlicher Verjährung nicht eintritt. In den benannten besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung wird § 171 Abs. 7 AO regelmäßig greifen.[12] Dies kann zu einer überlangen Festsetzungsverjährung führen (Rz. 55).

b) Überlange Festsetzungsverjährung wegen § 376 Abs. 1 AO

 

Rz. 55

[Autor/Stand] § 171 Abs. 7 AO kann im Verbund mit § 376 Abs. 1 und 3 AO zu überlangen steuerlichen Verjährungsfristen führen. § 376 Abs. 1 AO dehnt unter den dort genannten Voraussetzungen die Strafverfolgung von fünf auf 15 Jahre aus. Anders als vor dem JStG 2020 führt die Verlängerung auf 15 Jahre bereits zu Friktionen, denn steuerlich beträgt die Festsetzungsfrist in Hinterziehungsfällen grds. nur zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO); für benannte besonders schwere Fälle ist die zehnjährige steuerliche Verjährung somit faktisch abgeschafft.

 

Rz. 56

[Autor/Stand] Findet eine – in der steuerlichen Verjährung ansonsten nicht bekannte – Unterbrechung der strafrechtlichen Verjährung statt, so beginnt nicht nur die Strafverfolgungsfrist erneut zu laufen, dieser Neubeginn wirkt ...

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