1. Voraussetzungen

 

Rz. 726

[Autor/Stand] Nach § 24 Abs. 1 StGB wird wegen Versuchs nicht bestraft (persönlicher Strafaufhebungsgrund[2]), wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. § 24 Abs. 1 StGB unterscheidet zwischen dem unbeendeten und dem beendeten Versuch. Beim unbeendeten Versuch hat der Täter noch nicht alle Handlungen vorgenommen, die nach seiner Vorstellung zur Vollendung der Tat erforderlich sind, § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB. Straffreiheit erlangt er deshalb schon durch die freiwillige Aufgabe der weiteren Ausführung der Tat. Beim beendeten Versuch hat der Täter hingegen bereits alles getan, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des rechtswidrigen Erfolges erforderlich ist, § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB. Straffreiheit erlangt er deshalb nur dann, wenn er die Tatvollendung verhindert oder sich zumindest freiwillig und ernsthaft darum bemüht, wenn die Tat ohne sein Zutun nicht vollendet wird.

 

Rz. 727

[Autor/Stand] Sind an der Tat mehrere beteiligt, sind die Anforderungen an einen strafbefreienden Rücktritt nach § 24 Abs. 2 StGB im Vergleich zu Abs. 1 erhöht. Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert bzw. wer sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Tat zu verhindern, die ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem Tatbeitrag begangen wird. Bei einem mittäterschaftlich begangenen Versuch (s. Rz. 711) kommt ein strafbefreiender Rücktritt durch bloßes Unterlassen der weiteren Mitwirkung eines einzelnen Beteiligten also nicht in Betracht[4].

 

Rz. 728

[Autor/Stand] Bei einem (aus Tätersicht) fehlgeschlagenen Versuch ist ein Rücktritt nicht möglich; der Täter kann wegen des von ihm erkannten Fehlschlags entweder die weitere Tatausführung nicht freiwillig aufgeben oder die Vollendung der Tat nicht freiwillig verhindern. Sind die unrichtigen Angaben des nach Meinung des Täters von der FinB nicht entdeckt worden, ergeht aber trotzdem ein dem Täter ungünstiger Steuerbescheid, ist der Versuch der Steuerhinterziehung erst mit Bestandskraft des Steuerbescheids fehlgeschlagen[6]. Ein Rücktritt ist bis dahin durch Verzicht auf den möglichen Rechtsbehelf möglich[7].

 

Rz. 729– 730

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2020
[2] Kühl in Lackner/Kühl29, § 24 StGB Rz. 1 m.w.N., auch zu abweichenden Ansichten.
[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2020
[4] BGH v. 19.10.1987 – 3 StR 589/86, wistra 1988, 263.
[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2020
[6] BGH v. 17.7.1991 – 5 StR 225/91, BGHSt 38, 37 (39 f.); BGH v. 1.2.1989 – 3 StR 450/88, BGHSt 36, 105; Rolletschke in Graf/Jäger/Wittig2, § 370 AO Rz. 248 f.
[7] Schmitz/Wulf in MünchKomm/StGB3, § 370 AO Rz. 486; Krumm in Tipke/Kruse, § 370 AO Rz. 149.
[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2020

2. Verhältnis zur Selbstanzeige

 

Rz. 731

[Autor/Stand] Da der Täter auch über eine Selbstanzeige Straffreiheit bei der versuchten Steuerhinterziehung erlangen kann – § 371 AO nimmt auf § 370 AO insgesamt Bezug und schließt deshalb dessen Abs. 2 mit ein –, war das Verhältnis des § 24 StGB zu § 371 AO früher streitig. Aus der Einschränkung in § 369 Abs. 2 AO ("soweit die Strafvorschriften der Steuergesetze nichts anderes bestimmen") wurde geschlossen, dass beim beendeten Versuch der Steuerhinterziehung nur § 371 AO und nicht § 24 StGB anwendbar sei, was dann bedeutsam war, wenn zwar die Voraussetzungen des § 24 StGB erfüllt waren, nicht jedoch die des § 371 AO[2]. § 371 AO sollte also für den Tatbestand des beendeten Versuchs eine abschließende Sonderregelung enthalten und § 24 StGB nur für den Fall des unbeendeten Versuchs Anwendung finden.

 

Rz. 732

[Autor/Stand] Die Anwendung des § 24 StGB wird auch beim beendeten Versuch der Steuerhinterziehung nach inzwischen wohl einhelliger Auffassung nicht durch § 371 AO ausgeschlossen[4]. Die Differenzierung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch findet im Gesetz keinerlei Stütze. § 371 AO lässt sich vor allem auch deshalb nicht als Spezialregelung zu § 24 StGB begreifen, da erkennbar Straffreiheit für die schon vollendete Tat gewährt wird. Warum eine den Täter im Vergleich mit den allgemeinen strafrechtlichen Regeln beim vollendeten Delikt begünstigende Regelung den Versuchstäter im Vergleich zum allgemeinen Strafrecht benachteiligen sollte, ist nicht erkennbar. Beide Vorschriften stehen gleichberechtigt nebeneinander[5]. § 24 StGB ist für den Täter jedenfalls insoweit günstiger als § 371 AO, als nicht notwendig eine Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Angaben erforderlich und der Rücktritt von einer versuchten Steuerhinterziehung nicht zwingend durch das Vorliegen von Gründen i.S.d. § 371 Abs. 2 AO ausgeschlossen ist. Straffreiheit nach § 24 StGB ist schließlich auch nicht von einer Steuernachzahlung abhängig (so aber § 371 Abs. 3 AO).

 

Rz. 733

[Autor/Stand] § 24 StGB setzt in allen Varianten im Gegensatz zu § 371 AO Freiwilligkeit voraus, wenngleich die Ausschlussgründe des § 371 Abs. 2 AO eine Nähe zu Konstellationen aufweisen, in denen ...

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