Rz. 1059

[Autor/Stand] § 46a StGB eröffnet die Möglichkeit, in Fällen des "Täter-Opfer-Ausgleichs" (Nr. 1) oder der "Schadenswiedergutmachung" (Nr. 2) die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern oder – sofern keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von einem Jahr oder Geldstrafe von 360 Tagessätzen verwirkt ist – von Strafe abzusehen. Hierfür ist erforderlich, dass der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen, seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutmacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt.

 

Rz. 1059.1

[Autor/Stand] Ob § 46a StGB im Bereich des Steuerstrafrechts Anwendung findet, ist in Literatur und Rspr. seit jeher kontrovers diskutiert worden.[3]

Der BGH vertritt die Auffassung, dass ein Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a Nr. 1 StGB bei Steuerstraftaten nicht in Betracht komme[4]. Die Nachzahlung hinterzogener Steuern stelle keine Wiedergutmachung i.S. dieser Vorschrift dar. Dies wird damit begründet, dass sich § 46a Nr. 1 StGB vor allem auf die "immateriellen Folgen" einer Straftat beziehe.[5] Solche seien zwar auch bei Vermögensdelikten denkbar, erforderlich sei aber ein "kommunikativer Prozess zwischen Täter und Opfer", der auf einen umfassenden Ausgleich der durch eine Straftat verursachten Folgen gerichtet sein müsse. Bei Steuerdelikten, deren geschütztes Rechtsgut allein die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs sei, scheide dies aus. Zudem sei ein geschädigtes Opfer in Gestalt einer "greifbaren natürlichen Person" erforderlich.[6]

 

Rz. 1059.2

[Autor/Stand] Demgegenüber geht der BGH im Hinblick auf Nr. 2 von einer Anwendbarkeit aus und hat diese Ansicht erst kürzlich erneut mit Urteil vom 13.3.2019 bestätigt:[8]

"Nach § 46a Nr. 2 StGB kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB mildern, wenn der Täter in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt. Dabei kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Strafrahmenverschiebung auf der Grundlage von § 46a Nr. 2 StGB – wenn auch nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen – auch beim Delikt der Steuerhinterziehung in Betracht kommen (BGH, Beschl. v. 20.1.2010 – 1 StR 634/09, wistra 2010, 152; vgl. dazu auch Klein/Jäger, AO, 14. Aufl., § 370 Rz. 347 sowie MüKoStGB/Maier, 3. Aufl., § 46a Rz. 5 jeweils mwN)."

Die bloße Bereitschaft die hinterzogenen Steuern nachzuzahlen, sowie die Zahlung der ohnehin geschuldeten Steuern sind für die Anwendung des § 46a Nr. 2 StGB nicht ausreichend. Vielmehr muss der Täter einen darüberhinausgehenden Beitrag erbringen und durch die Zahlung einen persönlichen Verzicht erleiden oder sogar in Not geraten[9]. Hierzu hat der BGH mit Urteil vom 13.3.2019 ausgeführt[10]:

"§ 46a Nr. 2 StGB setzt voraus, dass die Leistungen vom Täter unter erheblichen Anstrengungen und Belastungen erbracht werden. Dies kann etwa unter Einsatz des gesamten eigenen Vermögens (vgl. SSW-StGB/Eschelbach, StGB, 4. Aufl., § 46a Rz. 35), unter erheblicher Belastung des eigenen Unternehmens unter Inkaufnahme wirtschaftlicher Schwierigkeiten (vgl. BGH, Beschl. v. 17.12.2008 – 1 StR 664/08, wistra 2009, 188) oder durch umfangreiche Arbeiten in der Freizeit (vgl. BT-Drucks. 12/6853) geschehen. Von der Strafmilderungsmöglichkeit nach § 46a Nr. 2 StGB ist auch ein begüterter Täter nicht ausgeschlossen. Die Anforderungen an die Erschwernisse der Leistungserbringung sind bei ihm aber angesichts größerer Leistungsfähigkeit zu modifizieren (vgl. Eschelbach aaO Rz. 35), zumal nach dem Willen des Gesetzgebers erhebliche Einschränkungen im finanziellen Bereich nur dann ausreichen sollen, wenn sie eine materielle Entschädigung erst ermöglicht haben (vgl. BT-Drucks. 12/6853), was bei umfangreich vorhandenem pfändbaren Vermögen nicht der Fall ist."

Daneben kommt auch der Ausgleich der Steuerforderung unter Rücknahme eines aussichtsreichen Rechtsbehelfs oder einer Klage in Betracht. Veranlasst der Täter mithaftende Schuldner zur Zahlung, ohne eine eigene materielle Leistung zu erbringen, liegt darin noch keine erhebliche persönliche Leistung i.S.d. § 46a Nr. 2 StGB[11].

Ferner steht § 371 AO der grundsätzlichen Anwendung des § 46a Nr. 2 StGB bei Steuerstrafsachen nicht entgegen[12]. Dass hierdurch der Wirkungsbereich des § 371 AO und die dort durch die Ausschlussgründe gezogenen Grenzen unterlaufen werden könnten, ist deshalb nicht zu befürchten, weil § 46a StGB lediglich fakultativ die Möglichkeiten einer Strafmilderung bzw. des Absehens von Strafe eröffnet, während § 371 AO im Fall der wirksamen Erstattung der Selbstanzeige völlige Straffreiheit garantiert[13]. Der Anreiz zur Selbstanzeigeerstattung wird daher durch die Möglichkeit der Anwendung des § 46a StGB nicht e...

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