aa) Nichterfüllung von Erfassungspflichten

 

Rz. 314

[Autor/Stand] Die in §§ 137, 138 und 139 AO geregelten Anzeigepflichten sollen im Wesentlichen die erstmalige Erfassung des Stpfl. durch die FinB ermöglichen. Durch die Nichtanmeldung wird die FinB über die Steuerpflicht von vornherein in Unkenntnis gehalten. Dem FA ist damit die Möglichkeit genommen, für das laufende Jahr die gesetzlich vorgesehenen Vorauszahlungen festzusetzen (§ 31 KStG, § 37 EStG). Zur Frage, wann in den Fällen des der FinB unbekannten Stpfl. Vollendung und wann der Beginn der Strafverfolgungsverjährung eintritt, s. Rz. 413 ff., 696 ff.; § 376 Rz. 68 ff.

Nach § 137 AO haben Stpfl., die nicht natürliche Personen sind, also insbesondere Kapitalgesellschaften, dem nach § 20 AO zuständigen FA und den für die Erhebung der Realsteuern zuständigen Gemeinden binnen eines Monats die Umstände anzuzeigen, die für die steuerliche Erfassung von Bedeutung sind. Die Vorschrift betrifft die Steuern vom Einkommen, ferner die Gewerbe- und Grundsteuer. Auf Personengesellschaften ist § 137 AO hinsichtlich der Einkommensteuer nicht anwendbar, da diese Gesellschaften insoweit nicht Steuersubjekt sind. Die Anzeigepflicht bei Aufnahme einer land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Erwerbstätigkeit sowie bestimmter Formen unternehmerischer Auslandsbetätigungen ist in § 138 AO vorgesehen[2]. Die Verletzung von Anzeigepflichten gem. § 138 Abs. 2 AO erfüllt den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO jedoch nicht. Es handelt sich vielmehr um eine Ordnungswidrigkeit nach § 379 Abs. 2 Nr. 1 AO (s. § 379 Rz. 290 ff.). § 139 AO sieht eine Anmeldepflicht für Herstellungsbetriebe von verbrauchsteuerpflichtigen Waren gegenüber den zuständigen Zollbehörden vor (z.B. Tabak). Entsprechendes gilt für den, der ein Unternehmen betreiben will, bei dem besondere Verkehrsteuern (z.B. Grunderwerbsteuer, Versicherungsteuer, Rennwett- und Lotteriesteuer) anfallen. Nicht unter § 139 AO fallen die Umsatz- und Kraftfahrzeugsteuer. Die Verletzung der Anzeigepflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen nach §§ 138a ff. AO begründet keine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO[3].

[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2023
[2] Vgl. BGH v. 1.3.1956 – 3 StR 462/55, BStBl. I 1956, 441.
[3] Gegenfurtner, DStR 2021, 2665 (2668).

bb) Nichterfüllung von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten

 

Rz. 315

[Autor/Stand] Ein Verstoß gegen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten (§§ 140 ff. AO) bedeutet noch keinen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Offenbarung steuerlich erheblicher Tatsachen. Hinzu kommen muss vielmehr eine weitere Handlung oder ein weiteres Unterlassen, z.B. die Vorlage der Geschäftsbücher in der Außenprüfung oder das Verschweigen steuerlich relevanter, buchungspflichtiger Tatsachen in der Steuererklärung. Denn ohne eine solche weitere Handlung oder Unterlassung kann der Steuerverkürzungserfolg durch den bloßen Verstoß gegen Buchführungspflichten nicht herbeigeführt werden. Werden die unrichtigen oder unvollständigen Bücher vorgelegt, handelt es sich um eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO (s. Rz. 211 ff.). Im Rahmen dieser Tatbestandsalternative ist die unrichtige Buchführung entgegen einer vereinzelt geäußerten Auffassung des BGH[2] nur straflose Vorbereitungshandlung (s. dazu auch Rz. 1205). In einer falschen Aufzeichnung des Warenausgangs nach § 144 AO kann jedoch Beihilfe nach § 27 StGB zur Steuerstraftat eines Dritten liegen (s. Rz. 169).

[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2023
[2] BGH v. 22.3.1979 – 4 StR 641/78, BB 1980, 1032.

cc) Nichtabgabe von Steuererklärungen oder Steueranmeldungen

Schrifttum:

Dörn, Zur Strafverfolgung der Nichtabgabe und der verspäteten Abgabe von Steuererklärungen und Steuervoranmeldungen, wistra 1989, 290; Dörn, Die Nichtabgabe von Steuererklärungen und Steuervoranmeldungen aus strafrechtlicher Sicht, DStZ 1989, 580; Dörn, Nochmals: Strafverfolgung der Nichtabgabe von Steuererklärungen, wistra 1991, 10; Dörn, Strafrechtliche Beurteilung der Nichtabgabe von Steuererklärungen, Teil I und II, Stbg 1992, 361, 404; Dörn, Nichtabgabe von Steuererklärungen, wistra 1993, 241; Dörn, Steuerhinterziehung durch Unterlassen, Kieler Schriften zum Strafrecht, Bd. 28, 2001; Ferschl, Die Strafbarkeit der Nichtabgabe von Steuererklärungen trotz Ergehens eines Schätzungsbescheids bei Veranlagungssteuern gem. § 370 I Nr. 2, II AO, DStZ 1990, 425; Gast-de Haan, Nichtabgabe von Mineralölsteuererklärungen "nur" Ordnungswidrigkeit?, DB 1988, 2536; Hofmann, Steuerstrafrechtliche Behandlung der Nichtabgabe von Steuer-Anmeldungen und -Voranmeldungen durch die Finanzverwaltung, DStR 1997, 1790; Lammerding, Nichtabgabe von Jahressteuererklärungen in strafrechtlicher Hinsicht, DB 1982, 1346. – S. auch das Schrifttum vor Rz. 271.

 

Rz. 316

[Autor/Stand] Die Steuererklärung (§§ 149 ff. AO) ist jedenfalls bei den Veranlagungssteuern die wesentliche Grundlage der Steuerfestsetzung. Sie ist eine durch Vordruck oder elektronisch formalisierte Erklärung über steuerrechtlich erhebliche Vorgänge oder Zustände. Die Steuererklärung dient entweder unmittelbar oder mittelbar – so bei der gesonderten Feststel...

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