Schrifttum:

Adick, Bedingter Vorsatz und Festsetzung von Hinterziehungszinsen, PStR 2011, 245; Bachmann, Vorsatz und Rechtsirrtum im Allgemeinen Strafrecht und im Steuerstrafrecht, Diss. Kiel 1993; Dörn, Die Bedeutung der Prüfung von Vorsatz und Leichtfertigkeit im Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrecht, INF 1990, 488; Dörn, Fragen des Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitenrechts bei Beauftragung eines Steuerberaters, DStZ 1993, 478; Dörn, Vorwurf der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) bei Delegation steuerlicher Pflichten, DStZ 1996, 168; Dörn, Steuerliche Beurteilung und Steuerhinterziehung, Stbg 1998, 158; Duttge, Ein neuer Vorsatzbegriff?, HRRS 2012, 359 (361); Grötsch, Strafrechtliche Zurechnung von Fehlern eines Beraters im Steuerstrafrecht, wistra 2017, 92; von der Heide, Tatbestands- und Vorsatzprobleme bei der Steuerhinterziehung nach § 370 AO, 1986; Irrgang, Steuerhinterziehung durch Abweichung von der Auffassung der Finanzverwaltung oder höchstrichterlicher Rechtsprechung, DB 1988, 781; Kohlmann, Zur Frage der Vorteilsabsicht bei der Steuerhinterziehung (§ 392 AO), in FS Lange, 1976, S. 439; Maiwald, Unrechtskenntnis und Vorsatz im Steuerstrafrecht, 1984; Meine, Der Irrtum über das Kompensationsverbot – Besprechung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 24.10.1990 – 3 StR 16/90, wistra 2002, 361; Müller, Der Vorsatz und sein Nachweis im Steuerrecht und Steuerstrafrecht, AO-StB 2003, 385; Ransiek, Blankettstraftatbestand und Tatumstandsirrtum, wistra 2012, 365; Ransiek/Hüls, Zum Eventualvorsatz bei der Steuerhinterziehung, NStZ 2011, 678; Salditt, Gleichgültigkeit – Über den dolus eventualis im Steuerstrafrecht, in GS Joecks, 2018, S. 601; Thomas, Die Steueranspruchstheorie und der Tatbestandsirrtum im Steuerstrafrecht, NStZ 1987, 260; Vogelberg, Bedingter Hinterziehungsvorsatz eines verstorbenen Steuerpflichtigen, PStR 2000, 63; Wegner, Abgrenzung zwischen Vorsatz und Leichtfertigkeit bei Steuerverkürzung, PStR 2011, 140.

Vgl. auch das Schrifttum vor Rz. 645.

I. Überblick

 

Rz. 600

[Autor/Stand] Alle Tatbestände des § 370 Abs. 1 AO setzen vorsätzliches Handeln des Täters voraus (§ 15 StGB i.V.m. § 369 Abs. 2 AO). Bereicherungsabsicht ist nicht erforderlich. Den insoweit bei den Vorläuferbestimmungen des § 370 AO bestehenden Meinungsstreit[2] hat der Gesetzgeber durch die Ersetzung der Formulierung "zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil eines anderen" durch die Worte "für sich oder einen anderen" beseitigt. Vorsatz bedeutet Wissen der äußeren Tatumstände einer Strafnorm und Wille zu ihrer Verwirklichung. Der Täter muss also wissen (die Vorstellung oder Kenntnis haben), dass er sämtliche Merkmale des objektiven Tatbestands verwirklicht, und muss dies zudem wollen. Der Vorsatz bei § 370 Abs. 1 AO bezieht sich damit auch auf die Steuererheblichkeit der unrichtigen oder unvollständigen Angaben, auf die Herbeiführung des Steuerverkürzungserfolgs und das Erlangen eines nicht gerechtfertigten Steuervorteils. Insofern muss der Täter notwendig Kenntnisse der Steuerrechtslage haben (zum Irrtum s. Rz. 645 ff., 658 ff.).

"Demgegenüber gehört nach ständiger Rechtsprechung des BGH zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1953 – 5 StR 342/53, BGHSt 5, 90, 91 f.; BGH, Urt. v. 5.3.1986 – 2 StR 666/85, wistra 1986, 174; BGH, Beschl. v. 19.5.1989 – 3 StR 590/88, BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 2; BGH, Beschl. v. 24.10.1990 – 3 StR 16/90, BGHR AO § 370 Abs. 1 Vorsatz 4; BGH, Beschl. v. 8.9.2011 – 1 StR 38/11, ZWH 2012, 153 m. Anm. Adick = NStZ 2012, 160, 161 Rz. 21 f.)."[3].

Eine konkrete Vorstellung über die korrekte steuerrechtliche Einordnung des Sachverhalts ist hingegen nicht erforderlich[4].

 

Rz. 601

[Autor/Stand] Man unterscheidet drei Arten des Vorsatzes:

  • den direkten Vorsatz ersten Grades (absichtliches Handeln oder Unterlassen),
  • den direkten Vorsatz zweiten Grades (wissentliches Handeln oder Unterlassen)
  • und den bedingten Vorsatz (dolus eventualis, billigendes In-Kauf-Nehmen der Tatbestandsverwirklichung).

Da der Tatbestand keine Beschränkungen aufweist, kann § 370 AO durch sämtliche Vorsatzformen verwirklicht werden; zumindest muss also dolus eventualis gegeben sein[6]. Welche Vorsatzform vorliegt, kann für die Tatbestandserfüllung dahinstehen; sie ist aber bedeutsam für die Strafzumessung (§ 46 Abs. 2 StGB) und nach Auffassung des BGH auch für die Berichtigungspflicht nach § 153 AO (s. Rz. 337).

Mittelbare Relevanz hat der Vorsatz bei den an eine vorsätzliche Steuerhinterziehung anknüpfenden steuerlichen Nebenfolgen (s. dazu Rz. 1134 ff.), wie z.B. der Hinterzieherhaftung (§ 71 AO), der Festsetzungsverjährungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO), der Ablaufhemmung (§ 171 Abs. 5 und 7 AO) oder der Festsetzung von Hinterziehungszinsen (§ 235 AO)[7]. Ist Vorsatz gegeben, fehlt es aber am Taterfolg, liegt nur Versuch vor, wenn der Täter unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetz...

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