Rz. 1026

[Autor/Stand] Die Strafzumessung im Steuerstrafrecht folgt den gleichen Regeln und Grundsätzen wie im allgemeinen Strafrecht. Im Rahmen der Strafzumessung sind daher folgende drei Schritte durchzuführen:

  • Bestimmung des Strafrahmens;
  • Bestimmung des "Spielraums" (Spielraumtheorie, s. Rz. 1005) innerhalb der äußeren Grenzen des Strafrahmens, der für die Festsetzung der Strafe im Einzelfall besteht;
  • Festsetzung der konkreten Strafe innerhalb des Spielraums unter Abwägung der für und gegen den Täter sprechenden Strafzumessungstatsachen (Strafzumessung i.e.S.).

Die Strafzumessung beginnt mit der Ermittlung des Strafrahmens, in dem im konkreten Fall die Strafe anzusiedeln ist. Der Normalstrafrahmen ergibt sich aus § 370 Abs. 1 AO. Sodann ist zu prüfen, ob eine Strafrahmenverschiebung in Betracht kommt. Dies ist insb. dann der Fall, wenn ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 AO gegeben ist (s. Rz. 1088 ff.). In den Urteilsgründen muss ersichtlich werden, dass bereits bei der Wahl des konkreten Strafrahmens die relevanten Umstände berücksichtigt worden sind. Es ist nicht ausreichend, dass ein Umstand, der zu einer Strafrahmenverschiebung führen kann, erst im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungsumstände in die Würdigung einbezogen wird.[2] Innerhalb des anzuwendenden Strafrahmens ist die konkrete Strafe auf der Grundlage der individuellen Schuld des Täters zu bestimmen. Hierzu sind sämtliche für und gegen den Täter sprechenden Strafzumessungstatsachen abzuwägen (s. Rz. 1029 ff.). Wesentliche Anhaltspunkte für die Ermittlung der Strafzumessungstatsachen sind § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB zu entnehmen, der über die Verweisung des § 369 Abs. 2 AO auch im Steuerstrafrecht anzuwenden ist. § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB ist jedoch nicht abschließend, sondern beinhaltet nur eine beispielhafte Aufzählung relevanter Strafzumessungskriterien. Die Bemessung der Gesamtstrafe nach § 54 Abs. 1 StGB ist ein eigenständiger Zumessungsakt. Es ist eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, bei der die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu berücksichtigen sind. Insbesondere ist das Verhältnis der einzelnen Taten zueinander, ihre größere oder geringere Selbständigkeit, die Häufigkeit der Begehung, die Gleichheit oder Verschiedenheit der verletzten Rechtsgüter und der Begehungsweisen sowie das Gesamtgewicht des abzuurteilenden Sachverhalts zu würdigen.[3]

 

Rz. 1027

[Autor/Stand] Die Bestimmung und Festsetzung der konkreten Strafe innerhalb des vom Gesetzgeber vorgegebenen Strafrahmens mit Blick auf die konkrete Tat und den in ihr zum Ausdruck gekommenen individuellen Unrechts- und Schuldgehalt unter Berücksichtigung der allgemeinen Strafzumessungskriterien des § 46 StGB ist die originäre Aufgabe des Tatgerichts.[5] Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen[6]. Das Revisionsgericht darf lediglich nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist[7]. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Einzelakte der Strafzumessung ist i.d.R. nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein[8]. Letzteres ist dann der Fall, wenn sich die Strafe nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums bewegt.[9] Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen[10]. Vielmehr muss das Revisionsgericht in Zweifelsfällen die vom Tatrichter vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren akzeptieren.[11] Der Tatrichter hat die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände in den Urteilsgründen darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Dabei ist eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen nicht erforderlich und es obliegt ebenso dem Tatrichter zu entscheiden, was im jeweiligen Einzelfall als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist.[12] Lässt das Tatgericht jedoch bei der Strafrahmenwahl einen bestimmenden Zumessungsgesichtspunkt erkennbar außer Betracht, liegt hierin ein durchgreifender Rechtsfehler.[13] Insoweit ist jedoch einschränkend zu beachten, dass nach st. Rspr. des BGH aus der Tatsache, dass im Urteil ein für die Strafzumessung bedeutsamer Umstand nicht ausdrücklich angeführt worden ist, nicht ohne weiteres geschlossen werden kann, dass dieser vom Tatgericht gänzlich unberücksichtigt gelassen wurde.[14] Nach Maßgabe des § 354 Abs. 1a, 1b StPO i.d.F. des 1. JuMoG vom 24.8.2004[15] kommt eine eigene Sachentscheidung durch das Revisionsgericht in Betracht, wenn die tatsächlichen Grundlagen für eine Entscheidung bereits vorliegen und eine umfassende neue Gesamtabwägung mit eigener Gewichtung aller ...

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