Leitsatz

Indem das Finanzamt einen Steuerpflichtigen nicht zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung auffordert, obwohl er Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in seiner Einkommensteuererklärung deklariert hat, kann kein schutzwürdiges Vertrauen erwachsen, dass einer Veranlagung mit Umsatzsteuer entgegensteht.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte als Hochschullehrer neben nichtselbständigen Einkünften auch Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Er hatte stets nur Einkommensteuererklärungen abgegeben. Sein Finanzamt forderte ihn in der Vergangenheit nicht zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung auf. Erst nach dem Eingang einer Kontrollmitteilung holte es dies nach. Gegen die in der Folge erlassenen Umsatzsteuerbescheide legte der Kläger zunächst Einspruch ein. Das Finanzamt hätte ihn seit über 20 Jahren nach Prüfung seiner vollständigen Steuererklärungen nicht als umsatzsteuerpflichtig angesehen. Sein Vertrauen darauf, nicht umsatzsteuerpflichtig zu sein, stützte sich zudem durch das aktive Tun des Finanzamtes, das ihn in den Begleitschreiben zu seinen Einkommensteuerbescheiden darauf hinwies, dass er seine Belege nach Eintreten der Bestandskraft nicht mehr aufzubewahren habe. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Hochschullehrer Klage.

 

Entscheidung

Das Gericht schloss sich dem Finanzamt an und wies die Klage als unbegründet ab. Die Finanzbehörden sind verpflichtet, gesetzlich entstandene Besteuerungsansprüche geltend zu machen. Eine Ausnahme hiervon kann nur bestehen, wenn das Finanzamt eine Zusage erteilt oder auf andere Weise einen Vertrauenstatbestand geschaffen hätte. Allein die Tatsache, dass das Finanzamt den Kläger nicht zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung aufgefordert hat, obwohl er in seiner Einkommensteuererklärung Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit deklariert hatte, begründet keinen solchen Ausnahmetatbestand. Der Kläger war auch ohne Aufforderung durch das Finanzamt zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung verpflichtet. Indem er dies unterließ, war für das Finanzamt nicht zu erkennen, ob seine Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit steuerpflichtige Umsätze waren und wenn ja, ob er die Grenze für Kleinunternehmer überschritten hatte. Das Finanzamt hat durch das Rücksenden der Belege zur Einkommensteuererklärung mit dem Hinweis auf Aufbewahrung bis zum Eintreten der Rechtskraft keinen Vertrauenstatbestand durch aktives Tun bewirkt. Diese Hinweise sind im Rahmen der Einkommensteuererklärung ergangen und haben keinerlei Auswirkung auf die Umsatzsteuerveranlagung.

 

Hinweis

Erzielt ein Steuerpflichtiger Einnahmen aus einer unternehmerischen Tätigkeit, sollte er stets auch eine potentielle Umsatzsteuerpflicht prüfen. Wird die Umsatzsteuerpflicht erst im Nachhinein festgestellt, drohen Zinszahlungen. Darüber hinaus ist häufig eine Korrektur der Ausgangsrechnungen nicht einfach durchzuführen. In diesen Fällen kann die Umsatzsteuer zu einem Kostenfaktor für den Unternehmer werden.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 22.11.2011, 2 K 1488/09

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