Eine disquotale Gewinnausschüttung kann in bestimmten Sachverhalten erhebliche Vorteile mit sich bringen. Nach § 29 Abs. 3 GmbHG ist es gesellschaftsrechtlich zulässig, dass die Anteilseigner eine von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Gewinnausschüttung beschließen. Auch steuerlich kann eine solche disquotale Gewinnausschüttung anzuerkennen sein. Schon der Umstand, dass nahezu jede verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) als disquotal zu qualifizieren ist, spricht für die Anerkennung einer auf einem wirksamen Gesellschafterbeschluss beruhenden (offenen) disqotalen Gewinnausschüttung. Der BFH[1] erkennt i.d.R. eine zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene inkongruente Gewinnverteilungsabrede an.

Fraglich ist, welche Möglichkeiten bestehen, wenn der Gewinn nicht beteiligungskongruent ausgeschüttet werden soll.

Die Aufstellung des Jahresabschlusses einer GmbH obliegt dem Geschäftsführer. Die Feststellungskompetenz, d. h. die Billigung des Jahresabschlusses, liegt bei der Gesellschafterversammlung. Aus der Feststellungskompetenz der Gesellschafterversammlung bzw. dieser grundsätzlichen Überordnung folgt auch, dass die Gesellschafter dem Geschäftsführer schon vor der Jahresabschlussaufstellung Weisungen im Rahmen des Bilanz- und Steuerrechts geben können. Beim Feststellungsbeschluss dürfen Gesellschafter-Geschäftsführer mitstimmen.

Der BFH (und die FGs) sehen nur die zivilrechtliche Wirksamkeit als Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung als erforderlich an. Dies kann durch eine einfache Satzungsänderung geregelt werden. Nur das BMF will den Gestaltungsmissbrauch prüfen und fordert, dass "beachtliche wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche Gründe" vorliegen müssen.

Nunmehr hinzugekommen ist hier eine weitere Möglichkeit und zwar durch ein kürzlich am 27.01.2022 veröffentlichtes BFH-Urteil. Danach ist es nunmehr zulässig, dass ein bestimmter Betrag an den Minderheitsgesellschafter ausgeschüttet wird und der dem Beteiligungsverhältnis entsprechende Teil betreffend den beherrschenden Gesellschafter in eine personenbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird. Irgendwann in der Zukunft kann dieser Gewinnanteil einmal ausgeschüttet werden, wenn er nicht durch Verluste "verbraucht" wurde. Für eine gespaltene Gewinnverwendung müsste ggf. eine Satzungsänderung durchgeführt werden.

Sehen Sie dazu das Video von Prof. Dr. Alexander Kratzsch:

Video: Inkongruente und disquotale Gewinnausschüttungen als Gestaltungsmittel

Weitere Inhalte zum Thema:

Entscheidung: BFH IV R 28/11, Urteil vom 04.12.2014 (NV)

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