Rz. 11

In § 32 Abs. 3 und 4 werden die Personenkreise aufgeführt, denen eine finanzielle Belastung durch die Zuzahlung nicht zugemutet werden kann. Dabei unterscheidet man zwischen

  1. Rehabilitanden, die noch keine 18 Jahre alt sind (Rz. 11a),
  2. Bezieher von Übergangsgeld zulasten der Rentenversicherung (Rz. 12),
  3. Rehabilitanden, die finanziell unzumutbar belastet werden (Rz. 14); zu diesen zählen

    • Rehabilitanden, deren Netto-Erwerbseinkommen niedriger als 40 % der Bezugsgröße ist (Rz. 15 bis 17),
    • Bezieher von Arbeitslosengeld II oder sonstiger Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II oder SGB XII (Rz. 18),
    • Rehabilitanden, deren Übergangsgeld sich aus dem Arbeitslosengeld I berechnet (Rz. 19),
    • Rehabilitanden, die wegen sonstiger Unzumutbarkeit teilweise von der Zuzahlung befreit werden können (Rz. 20 bis 22).

Daneben sind Rehabilitanden, die eine Kinder-Rehabilitation nach § 15a erhalten, von der Zuzahlungspflicht befreit – und zwar auch, wenn sie mindestens 18 Jahre alt sind (vgl. § 14 der Gemeinsamen Richtlinie der Träger der Rentenversicherung nach § 15a Abs. 5 Satz 1 SGB VI für Leistungen zur Kinderrehabilitation – Kinderreha-Richtlinie – vom 28.6.2018; Text: vgl. Komm. zu § 15a).

2.2.1 Zum Zeitpunkt der Antragstellung noch keine 18 Jahre

 

Rz. 11a

Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 sind für die Zeit der stationären Rehabilitationsleistung nur Rehabilitanden zuzahlungspflichtig, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Ein Mensch vollendet das 18. Lebensjahr einen Tag bevor er 18 Jahre alt wird (vgl. § 187 Abs. 2 Satz 2 BGB). Um alle Rehabilitanden gleich zu behandeln, gilt als Stichtag für die Prüfung der Altersgrenze der Tag, an dem der Leistungsantrag gestellt wurde (vgl. § 1 Abs. 1 der von den Rentenversicherungsträgern erstellten Richtlinien über die Befreiung von der Zuzahlung bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und sonstigen Leistungen zur Teilhabe, vgl. Rz. 23). Wurde der Antrag bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland eingereicht, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei dem unzuständigen Leistungsträger eingegangen ist (vgl. § 16 Abs. 1 und 2 SGB I).

Schließen sich mehrere Rehabilitationsleistungen zeitlich hintereinander an, ohne dass vom Versicherten ein neuer Antrag auf medizinische Rehabilitationsleistungen zu stellen ist (vgl. § 9 Abs. 1 i. V. m. § 28 Abs. 2 SGB IX), besteht die Zuzahlungsfreiheit auch fort, wenn der Versicherte inzwischen das 18. Lebensjahr vollendet hat; der einmalige Antrag löst nämlich alle erforderlichen Teilhabeleistungen, die zur Erreichung des Teilhabeziels notwendig ist, aus.

 
Praxis-Beispiel

Versicherungspflichtig beschäftigt seit 1.8.2018

Stellung eines Antrags auf eine Entwöhnung wegen einer Abhängigkeitserkrankung (medizinische Rehabilitationsleistung nach § 15 SGB VI) am 3.3.2019

Vollendung des 18. Lebensjahres am 28.3.2019

Stationäre Entwöhnung in der Zeit vom 4.4.2019 bis 28.9.2019, anschließende stationäre Adaptionsleistung (§ 15 SGB VI i. V. m. § 42 SGB IX) vom 29.9. bis 23.12.2019

Folge:

Der Versicherte ist wegen seines Alters nicht nur für die Zeit der Entwöhnung, sondern auch für die Zeit der stationären Adaptionsleistung von der Zuzahlungspflicht befreit.

2.2.2 Bezug von Übergangsgeld (Abs. 3)

 

Rz. 12

Nach § 32 Abs. 3 sind die Versicherten von der Zuzahlungspflicht befreit, deren Übergangsgeld nach § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB IX begrenzt ist.

Für die Ermittlung der Höhe des Übergangsgeldes wird bei Arbeitnehmern und selbstständig tätigen Versicherten immer erst die Berechnungsgrundlage gemäß § 21 SGB VI i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB IX errechnet. Ist diese ermittelt, ergibt sich die Höhe des Übergangsgeldes gemäß § 21 SGB VI i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB IX durch Multiplikation der Berechnungsgrundlage mit einem Prozentsatz (je nach Familienstand entweder 68 oder 75 % der Bemessungsgrundlage). Durch diese Kürzung wird der Rehabilitand in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit teils erheblich eingeschränkt. Eine weitere finanzielle Belastung wollte der Gesetzgeber diesem Personenkreis deshalb nicht zumuten.

§ 32 Abs. 3 verweist hinsichtlich der Befreiung von der Zuzahlung lediglich auf das geminderte Übergangsgeld nach § 66 Abs. 1 SGB IX – also auf das Übergangsgeld, das unmittelbar aus dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen berechnet wird. Wird Übergangsgeld nach anderen Regelungen berechnet (Weiterzahlung des Übergangsgeldes während der Arbeitslosigkeit im Anschluss an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 71 Abs. 4 SGB IX oder Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes I oder II), ist § 32 Abs. 3 SGB VI nicht anzuwenden. Hier greift aber § 1 Abs. 1 der Richtlinien für die Befreiung von der Zuzahlung bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und sonstigen Leistungen zur Teilhabe v. 1.7.1997 i. d. F. v. 11.9.2017 (Text: Rz. 23). Danach sind alle Versicherten von der Zuzahlung befreit, die Übergangsgeld beziehen und – was der Regelfall ist – gleichzeitig nebenher keine weiteren Einkünfte aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit erh...

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