0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit Wirkung zum 1.1.1992 durch das RRG 1992 v. 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) in Kraft getreten.

1 Allgemeines

 

Rz. 1a

Nach dem in § 3 Nr. 1 SGB IV verankerten "Territorialitätsprinzip" gelten die Vorschriften des Sozialgesetzbuches über die Versicherungspflicht in den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherung grundsätzlich nur für Personen, die eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs, also in der Bundesrepublik Deutschland, ausüben. Im Umkehrschluss dazu unterliegen Personen, die z. B. im Ausland in einem Dienstverhältnis zu einer zwischen- oder überstaatlichen Organisation (z. B. Europarat, Europäischer Gerichtshof) stehen, nicht der Versicherungspflicht nach den Vorschriften des im Bundesgebiet geltenden Sozialgesetzbuches. Gleiches gilt für Personen, die zwar im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in einem Dienstverhältnis stehen, aber nach zwischen- oder überstaatlichem Recht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den in §§ 1 bis 4, 229, 229a enthaltenen Regelungen ausgenommen sind (= Vorbehalt abweichender Regelungen gemäß § 6 SGB IV).

Der Ausschluss von der Versicherungspflicht nach §§ 1 bis 4, 229, 229a ist vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass Bedienstete zwischen- oder überstaatlicher Organisationen bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen (z. B. Erfüllung einer versorgungsabhängigen Wartezeit) während ihrer Dienstzeit i. d. R. Versorgungsansprüche in einem organisationseigenen Alterssicherungssystem erwerben. Darüber hinaus werden Personen, die vorzeitig und unversorgt aus einem Dienst bei einer zwischen- oder überstaatlichen Organisation ausscheiden, i. d. R. für die im organisationseigenen Versorgungssystem zurückgelegten Dienstzeiten finanziell abgefunden.

In Fällen des unversorgten Ausscheidens aus einem Dienstverhältnis, das im Interesse oder auf Veranlassung der Bundesrepublik Deutschland bei einer internationalen Organisation bestanden hat, bietet § 204 Abs. 1 i. V. m. § 209 Abs. 1 Deutschen i. S. v. Art. 116 des GG die Option der Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, und zwar ohne Beachtung der in §§ 197 Abs. 2, 198 Satz 1 geregelten Zahlungsfristen. Dies gilt allerdings nur, wenn die zurückgelegte Dienstzeit auch nicht in einem Alterssicherungssystem einer anderen öffentlich-rechtlichen juristischen Person (z. B. innerhalb der Beamtenversorgung des Bundes oder eines Bundeslandes der Bundesrepublik Deutschland) zu berücksichtigen ist.

Deutsche Bedienstete von privatrechtlichen internationalen Organisationen (z. B. Amnesty International) werden von der in § 204 Abs. 1 enthaltenen speziellen Nachzahlungsregelung nicht erfasst.

2 Rechtspraxis

2.1 Berechtigter Personenkreis

 

Rz. 2

Nach dem Wortlaut des § 204 Abs. 1 Satz 1 sind Deutsche zur Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen berechtigt, wenn

  • sie aus den Diensten einer zwischen- oder überstaatlichen Organisation ausgeschieden sind,
  • der Dienst auf Veranlassung oder im Interesse der Bundesrepublik Deutschland geleistet worden ist,
  • ihnen für diese Dienstzeiten eine lebenslange Versorgung oder Anwartschaft auf eine lebenslange Versorgung für den Fall des Alters und auf Hinterbliebenenversorgung durch die Organisation oder eine andere öffentlich-rechtliche juristische Person nicht gewährleistet ist und
  • sie einen Antrag auf Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen gestellt haben.

Deutsche i. S. d. Vorschriften über die Sozialversicherung sind gemäß § 2 Abs. 1a SGB IV ausschließlich die in Art. 116 GG genannten Personen. Die Nachzahlung freiwilliger Beiträge bei unversorgtem Ausscheiden aus einem Dienstverhältnis bei einer zwischen- oder überstaatliche Organisation ist somit ausschließlich diesem Personenkreis vorbehalten.

 

Rz. 2a

Weitere Voraussetzung für die Anwendung von § 204 Abs. 1 ist das Ausscheiden aus einer internationalen Organisation, deren Geschäftsgrundlage auf einer völkerrechtlichen Vereinbarung beruht. Als zwischenstaatliche Organisationen in diesem Sinne zählen hierzu z. B. die Vereinten Nationen, der Europarat, die NATO sowie die Europäische Weltraum-Organisation; zu den überstaatlichen Organisationen gehören der Europäische Gerichtshof sowie die Kommissionen der Europäischen Gemeinschaft.

Der Dienst bei einer der vorgenannten Organisationen muss nach dem Wortlaut des § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 auf Veranlassung oder im Interesse der Bundesrepublik Deutschland geleistet worden sein. Davon ist allerdings im Einzelfall ohne weitere Prüfung durch den Rentenversicherungsträger auszugehen, wenn ein Deutscher i. S. v. Art. 116 GG tatsächlich einen Dienst bei einer zwischen- oder überstaatlichen Organisation geleistet hat. Dies muss schon deshalb gelten, weil es aufgrund von internationalen politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen mit nahezu allen Ländern der Welt im ureigensten Interesse der Bundesrepublik Deutschland liegt, dass sich möglichst viele Deutsche an der von zwischen- und überstaatlichen Organisationen zu leistenden Arbeit beteiligen. Gleiches gilt ...

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