Teilweise wird vertreten, dass in Sachsen erst mit Gesetz v. 28.3.2019 (GVBl. 2019, 244) durch eine Änderung des § 12 Abs. 1 KiStG die Strafbarkeit der Verkürzung der Kirchensteuer nach § 370 AO aufgehoben wurde (Hunsmann in Schott in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2020, § 380 AO Rz. 39; Webel, Steuerfahndung – Steuerstrafverteidigung, 3. Aufl. 2016, Rz. 225; Steinberger in Zugmaier/Nöcker, AO Komm., § 370 Rz. 12 [1.1.2020]; Jäger in Klein, AO Komm., 15. Aufl. 2020, § 370 Rz. 21).

Allerdings war bereits nach den vorhergehenden Fassungen des Sächsischen KiStG, welche auf das dem Einigungsvertrag als Anhang beigefügten Gesetz zur Regelung des Kirchensteuerwesens im Beitrittsgebiet hervorgingen, eine solche Strafbarkeit nicht gegeben, vgl. § 12 Abs. 1 des KiStG für das Beitrittsgebiet, wonach bei der Anwendung der AO die Vorschriften "über Strafen und Bußgelder" ausgenommen sind (Engelhardt, Die Kirchensteuer in den neuen Bundesländern, 1991, S. 59, 89f.).

Zwar sprachen die früheren Fassungen des Sächsischen KiStG, das im Jahr 2002 ausgehend von der Regelung im Einigungsvertrag neu gefasst wurde, von den Vorschriften des "Straf- und Bußgeldverfahrens" der AO, welche keine Anwendung fänden, und nicht von den "Straf- und Bußgeldvorschriften" der AO, wie in der aktuellen Fassung formuliert, aber bereits die frühere Gesetzesfassung wollte, da es sich bei der Kirchensteuer um eine Mitgliedsteuer handelt, auf strafrechtliche Sanktionen gänzlich verzichten. Insofern heißt es in der amtlichen Begründung zur Neufassung von § 12 Abs. 1 Sächsisches KiStG im Jahr 2019 rückblickend zur bisherigen Rechtslage: "Die Vorschriften der AO (...) sind auch auf die sächsische Kirchensteuer anzuwenden. Ausgenommen sind bisher die Vorschriften über Verzinsungs- und Säumniszuschläge und das Straf- und Bußgeldverfahren, da im Bereich der Kirchensteuer grundsätzlich auf Druckmittel, Sanktionen und Strafen verzichtet wird", wobei auch auf das "Wesen der Kirchensteuer als mitgliedschaftsbezogene Steuer" bei der Einschränkung der Anwendung von Vorschriften der AO abgehoben wird (Sächsischer Landtag, Drucks. 6/15538 v. 3.12.2018, S. 2; Sächsischer Landtag Plenarprotokoll 6/88 v. 13.3.2019, S. 8669 ff.).

Dabei ging es bei der Neufassung des sächsischen KiStG im Jahr 2019 allein darum, die obligatorische Festsetzung des Verspätungszuschlags, wie in gewissen Fällen vom StModG v. 18.7.2016 (BGBl. I 2016, 1679) in § 152 Abs. 2 AO angewiesen, auszuschließen (Sächsischer Landtag, Drucks. 6/15538 v. 3.12.2018, S. 2).

Zudem ergibt sich aus der amtlichen Gesetzesbegründung zur Neufassung des KiStG v. 14.2.2002 (GVBl. 2002, S. 82) in Sachsen zum 1.1.2002 gerade nicht, dass von der aufgrund des Einigungsvertrages insoweit gegebenen Rechtslage zur Strafbarkeit abgewichen werden sollte (Sächsischer Landtag, Drucks. 3/5054, S. 9 f. der amtlichen Gesetzesbegründung).

Überdies würde es ja keinen Sinn machen, wenn die vergangenen Fassungen des Sächsischen KiStG nur die Anwendung von §§ 385 ff. AO bzw. §§ 409 ff. AO hätte ausnehmen wollen. Dann wäre es nämlich wie früher in Niedersachsen erforderlich gewesen, stattdessen ein besonderes Verfahrensrecht, wie beispielsweise Verfolgung nur auf Antrag (§ 10 Abs. 1 Niedersächsisches KiStG) anzuordnen, was aber in Sachsen nicht geschehenen ist.

Folglich war und ist in Sachsen die Hinterziehung von Kirchensteuer nicht nach § 370 AO strafbar.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge