Abschaffung Gesamthandsvermögen: Auswirkungen auf den Dualismus der Besteuerung

[Ohne Titel]

Dipl.-Finw. (FH) Sergej Müller, M.A. Taxation, StB, FBf Internationales Steuerrecht[*]

Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) führt zu einer umfassenden Änderung des Personengesellschaftsrechts, wobei steuerrechtliche Implikationen nach Auffassung des Gesetzgebers damit nicht verbunden sein sollen. Der folgende Beitrag analysiert in zwei Teilen mögliche Auswirkungen des MoPeG auf das Steuerrecht. Dabei soll in einem ersten Teil – nach einer Vorstellung des MoPeG und der damit verbundenen Abschaffung des Gesamthandsvermögens – eine mögliche Auswirkung auf die grundlegende Besteuerung der Personengesellschaft und den Dualismus der Besteuerung untersucht werden. Der zweite Teil dieses Beitrags wird sodann eine Auswirkung des MoPeG auf Ebene von Einzelsteuergesetzen analysieren sowie ausgewählte Verwaltungsvorschriften vorstellen, die durch das MoPeG eine anderweitige Beurteilung erfahren können.

[*] Sergej Müller ist Mitarbeiter bei der INFOB Prof. Dr. Bäuml PartGmbB Steuerberatungsgesellschaft in Ingelheim am Rhein.

I. Gegenstand des MoPeG

1. Hintergrund

Zum Ende der 19. Legislaturperiode wurden verschiedene Gesetzesvorhaben abgeschlossen; insbesondere auch rund um das Personengesellschaftsrecht, welches nach Maßgabe des Koalitionsvertrages vom 14.3.2018[1] reformiert werden sollte. Als integraler Bestandteil der Modernisierung der Personengesellschaften ist

  • neben dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG)
  • das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)

hervorzuheben. Letzteres läutet – neben vielen weiteren Aspekten – insbesondere eine Abschaffung des Gesamthandsvermögens ein.

Gesetzgeberische Eckdaten:

  • Das MoPeG wurde am 24.6.2021 in 2./3. Lesung durch den Bundestag angenommen[2] und einen Tag später, am 25.6.2021, durch den Bundesrat verabschiedet.[3]
  • Die Verkündung des MoPeG ist schließlich am 10.8.2021 erfolgt.[4]
  • Das MoPeG tritt zum 1.1.2024 in Kraft.[5]
[1] Koalitionsvertrag v. 14.3.2018, Zeile 6162 ff.
[2] BT-Plenarprotokoll 19/236 v. 24.6.2021, S. 30755C–30757C.
[3] BR-Plenarprotokoll 1006 v. 25.6.2021, S. 316.
[4] BGBl. I 2021, 3436.
[5] Art. 135 MoPeG.

2. Leitgedanken des MoPeG

Ausgehend von dem Gedanken der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts verfolgt das MoPeG im Kern die folgenden fünf Leitgedanken:[6]

  • Konsolidierung des Rechts der GbR;
  • Modernisierung des Rechts der Personengesellschaften;
  • Behebung des Publizitätsdefizits der GbR;
  • Flexibilisierung der Haftungsverhältnisse von Angehörigen Freier Berufe;
  • Herstellung von Rechtssicherheit bei Beschlussmängelstreitigkeiten von Personenhandelsgesellschaften.
[6] BT-Drucks. 19/27635, 100 ff. S. dazu ausführlich auch Werner, NWB 2021, 2049; Schumm, StuB 2021, 513; Kruse, DStR 2021, 2412; Fleischer, DStR 2021, 430.

a) Konsolidierung des Rechts der GbR

Der erste Leitgedanke des MoPeG verfolgt eine Konsolidierung des Rechts der GbR.[7] Der historische Gesetzgeber hatte bei der Konzeption der GbR ein rein schuldrechtliches Konstrukt vor Augen; erst im Laufe der Zeit wurde über die schuldrechtliche Ausgestaltung der GbR das Gesamthandsprinzip "drübergestülpt".[8]

Ausgehend vom ursprünglichen Gedanken der reinen Innengesellschaft hatte sich sodann ein Rechtsstreit darüber ergeben, ob die GbR

  • Außengesellschaft mit eigenem Vermögen sein könne oder
  • reine Innengesellschaft bleibe.[9]

Der BGH hatte diese Frage im Jahr 2011 zugunsten einer eigenen Rechtspersönlichkeit der GbR entschieden.[10]

Durch die Differenzierung der GbR in

  • rechtsfähige und
  • nichtrechtsfähige

Gesellschaften war eine gesetzliche Novelle[11] erforderlich, nach der die vorstehende Diskrepanz im Sinne einer Rechtssicherheit beseitigt werden soll.[12]

Beraterhinweis Künftig finden sich die Regelungen

  • zur rechtsfähigen Gesellschaft – die sich auch als eingetragene GbR (sog. e-GbR) fakultativ in ein Gesellschaftsregister i.S.d. § 706 BGB n.F. eintragen lassen kann – in §§ 706 ff. BGB n.F.,
  • zur nichtrechtsfähigen Gesellschaft ab §§ 740 ff. BGB n.F.
[7] BT-Drucks. 19/27635, 100.
[8] BT-Drucks. 19/27635, 100.
[9] BT-Drucks. 19/27635, 100.
[11] S. zur künftigen Differenzierung § 705 Abs. 2 BGB n.F.
[12] BT-Drucks. 19/27635, 101.

b) Modernisierung des Rechts der Personengesellschaften

Die Vorschriften des BGB waren seit dessen Inkrafttreten im Jahr 1900 in Bezug auf die GbR als Gelegenheitsgesellschaft zugeschnitten.[13] Da die GbR heutzutage eher als Dauergesellschaft genutzt wird, die regelmäßig und nachhaltig im Rechtsverkehr auftritt und die eine Vielzahl von Rechtsgeschäften zu verzeichnen hat, war eine Abweichung vom dispositiven Recht erforderlich.[14]

Das MoPeG verfolgt daher außerdem das Ziel, das zu großen Teilen noch aus dem 19. Jahrhundert stammende Recht der Personengesellschaften an die Bedürfnisse des modernen Wirtschaftslebens anzupassen.[15]

[13] BT-Drucks. 19/27635, 101.
[14] BT-Drucks. 19/27635, 101.
[15] BT-Drucks. 19/27635, 101.

c) Behebung des Publizitätsdefizits der GbR

Die der GbR durch die Judikative[16] attestierte Rechtsfähigkeit hatte bislang zur Folge, dass ein Rechtssubjekt existier...

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