Das OLG Schleswig-Holstein befasste sich in einem Urteil v. 11.1.2019 (Az. 17 U 21/18) mit der Frage, in wieweit es für einen Steuerberater möglich ist, eine mit dem Mandanten vereinbarte Pauschalvergütung im Nachhinein an einen gestiegenen Buchführungsaufwand anzupassen.

Ende 2012 übernahm eine Steuerberatungsgesellschaft (Klägerin) für eine Mandantin (Beklagte) die laufenden Buchführungsarbeiten. Am 13.11.2012 wurde eine Honorarvereinbarung geschlossen, in der eine Buchführungs- und Lohnabrechnungspauschale i. H. v. 1.000 EUR vereinbart wurde. Man ging bei ­Abschluss der Honorarvereinbarung davon aus, dass ca. 1.400 Buchungen im Monat zu machen und ca. 19 Mitarbeiter abzurechnen seien. Im Weiteren vereinbarte man, dass bei Abschluss der Honorarvereinbarung der tatsächliche Arbeitsaufwand nicht absehbar sei und man daher in gegenseitigem Einvernehmen eine Anpassung des Honorars an den tatsächlichen Arbeitsaufwand vornehmen wolle, sofern erforderlich. Die Laufzeit der Honorarvereinbarung wurde auf 1 Jahr festgelegt und nach Ablauf des Jahres vereinbarte man eine Laufzeit auf unbestimmte Zeit, mit einer beiderseitigen Kündigungsfrist von 3 Monaten zur Jahresmitte bzw. zum Jahresende.

Aufgrund deutlich gestiegener Umsatz- und Mitarbeiterzahlen vereinbarten beide Parteien rückwirkend zum Juli 2015 eine Erhöhung des Honorars auf 1.400 EUR. Diese Vereinbarung wurde bis Mitte 2016 praktiziert. Am 3.8.2016 vereinbarte man eine erneute Erhöhung auf 2.000 EUR, rückwirkend zum Juli 2016. Sowohl im Juli 2015 als auch im August 2016 kam es zu keiner schriftlichen Änderung der ursprünglichen Honorarvereinbarung. Ab November 2016 stellte die Mandantin die Zahlungen an die Steuerberatungsgesellschaft ein, da diese seit Ende Oktober erneut auf eine Erhöhung des Honorars aufgrund weiter gestiegener Umsatzzahlen drängte. Mit Schreiben vom 2.11.2016 begehrte die Steuerberatungsgesellschaft eine Erhöhung der Pauschale auf 3.250 EUR monatlich (dies entspricht einer prozentualen Erhöhung seit Abschluss der Honorarvereinbarung von 325 %).

In einem Schreiben vom 29.12.2016 bot die Steuerberatungsgesellschaft an, zukünftig im Rahmen der StBVV abzurechnen und in diesem Zusammenhang einen Nachlass von 46 % auf die Mindestgebühr zu gewähren. Die Beklagte ging auf diese Vorschläge nicht ein, sodass mit Ablauf des Jahrs 2016 das Mandatsverhältnis endete. Am 11.4.2017 stellte die Steuerberatungsgesellschaft der Beklagten eine Rechnung für im Jahr 2016 erbrachte Leistungen unter Zugrundelegung der StBVV. Die bis dato für das Jahr 2016 geleisteten Zahlungen i. H. v. 16.400 EUR netto brachte sie von der Rechnungssumme in Abzug. Schließlich wurde über folgende Punkte vor Gericht gestritten:

  • Konkreter Mehraufwand, den die Klägerin kontinuierlich in Rechnung gestellt hatte und der zu immer neuen Vereinbarungen des monatlichen Honorars führte.
  • Berechtigung der Steuerberatungsgesellschaft, für das gesamte Jahr 2016 rückwirkend nach der StBVV abzurechnen.
  • Die Steuerberatungsgesellschaft behauptete, dass der Arbeitsaufwand stetig gestiegen sei und dass sie daher an die im Jahr 2012 abgeschlossene ­Honorarvereinbarung nicht mehr gebunden sei. Die mündlichen Abreden seien als unwirksam ­anzusehen.
  • Die Beklagte führte an, dass ein Mehraufwand allein in den Sommermonaten bis einschließlich September entstanden sei. Dieser sei mit der vereinbarten Pauschale von 2.000 EUR hinreichend abgegolten gewesen. Zudem vertrat sie die Auffassung, dass die Honorarvereinbarung in jedem Fall weiterhin Bestand hätte und die Steuerberatungsgesellschaft grundsätzlich auch an sämtliche mündlich getroffenen Vereinbarungen gebunden sei.
  • Die Beklagte berief sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben, denn ihr sei das Erfordernis der Schriftform zu keiner Zeit bekannt gewesen und sie sehe daher die rückwirkende Abrechnung der Steuerberatungsgesellschaft nach der StBVV als treuwidrig an.
 
Hinweis

Formerfordernis und Schriftform beachten

  1. Hinsichtlich der Berufung auf Treu und Glauben hätte die Steuerberatungsgesellschaft gut daran getan, ihre Mandantin schriftlich darauf hinzuweisen, dass Ergänzungen zur bestehenden Honorarvereinbarung grundsätzlich der Schriftform unterliegen, jedoch in beiderseitigem Einvernehmen darauf verzichtet wird.
  2. Kommt es zum Bruch, wird meist nicht nur die inhaltliche Richtigkeit der Rechnung in Zweifel gezogen, sondern auch deren Form. Deshalb ist das Einhalten der Formerfordernisse erste Steuerberaterpflicht.

Entscheidung des OLG Schleswig-Holstein

  • Die Steuerberatungsgesellschaft hat einen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte auf Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrags (§§ 675, 611, 612 BGB).
  • Sie sei grundsätzlich an die in 2012 geschlossene Honorarvereinbarung gebunden. Diese wurde durch die in 2015 und 2016 getroffenen mündlichen Absprachen nicht gegenstandslos, unabhängig davon, dass das Erfordernis der Schriftform nicht eingehalten wurde. Hier sei der Beklagten Vertrauensschutz zu gewähren.
  • Im Übrigen sei es unzulässig, trotz fehlender Einigung...

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