Frage:

Wie man weiß, kann die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Finanzprozess

geltend gemacht werden (ordentliche Rechtsbehelfe). Als außerordentlicher Rechtsbehelf steht schließlich nach Abschluss des fachgerichtlichen Verfahrens die Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht zur Verfügung.

Was ist verfahrensrechtlich bei der Einlegung einer Anhörungsrüge zu beachten? Fallen diesbezüglich Gerichtskosten an und wenn ja, in welcher Höhe?

Antwort:

Es ist zunächst zu konstatieren, dass die Anhörungsrüge als Rechtsbehelf nur gegen unanfechtbare Gerichtsentscheidungen in Betracht kommt (§ 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO) und ausschließlich der Beseitigung von Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör dient (§ 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO).

Will ein Kläger eine Gehörsverletzung durch das Finanzgericht rügen, ist hierfür die Anhörungsrüge nicht statthaft, wenn ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des FG – Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde – gegeben ist. Dies folgt ausdrücklich aus § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO.

Rügeberechtigt ist jeder durch die gerichtliche Entscheidung beschwerte Beteiligte, regelmäßig also neben dem Kläger auch die Finanzbehörde. Der Vertretungszwang gem. § 62 Abs. 4 FGO für Verfahren vor dem BFH gilt auch für die Erhebung einer Anhörungsrüge, wenn für die beanstandete Entscheidung ihrerseits Vertretungszwang galt (statt vieler: BFH, Beschluss v. 9.1.2018, IX S 26/17, BFH/NV 2018, S. 450, m. w. N.).

Form, Frist und Verfahren

Die Anhörungsrüge ist nach § 133a Abs. 2 Satz 1 und 4 FGO innerhalb von 2 Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird ("iudex a quo").

Die Rüge muss darlegen, dass das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 133a Abs. 2 Satz 5 FGO). Dazu muss der Rügeführer schlüssig und substantiiert darlegen,

  • zu welchen Sach- und Rechtsfragen er sich im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nicht habe äußern können,
  • welches entscheidungserhebliche Vorbringen in diesem Verfahren das Gericht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe und
  • woraus der Rügeführer dies meint folgern zu können.

Zudem muss er anführen, inwiefern dadurch die mit der Anhörungsrüge angefochtene Entscheidung – auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts – anders hätte ausfallen können.

Entscheidung des Gerichts und Kostenfolge

Das Gericht prüft zunächst die Zulässigkeit der Rüge, insbesondere ihre Statthaftigkeit sowie die Form- und Fristerfordernisse. Ist die Rüge bereits unzulässig, so verwirft es sie durch unanfechtbaren Beschluss (§ 133a Abs. 4 Satz 1 und 3 FGO).

Gelangt das Gericht – bei Zulässigkeit der Anhörungsrüge – zu dem Ergebnis, dass das rechtliche Gehör nicht verletzt worden oder die Gehörsverletzung für die Sachentscheidung unerheblich ist, weist es die Rüge ebenfalls durch unanfechtbaren Beschluss zurück, allerdings nach § 133a Abs. 4 Satz 2 und 3 FGO.

In beiden Fällen hat der erfolglose Rügeführer nach § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskosten richten sich nach Nr. 6400 des KV GKG (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Es fällt eine Festgebühr von 60 EUR an (vgl. z. B. BFH, Beschluss v. 23.1.2018, XI S 28/17, BFH/NV 2018, S. 533).

Ist die Anhörungsrüge hingegen begründet, hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist (§ 133a Abs. 5 Satz 1 FGO, sog. Fortsetzungsverfahren).

 
Hinweis

Rechtsbehelf der Gegenvorstellung gilt weiter

Neben der durch das Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) v. 9.12.2004 (BGBl 2004 I, S. 3220) mit Wirkung v. 1.1.2005 eingeführten Anhörungsrüge nach § 133a FGO gilt der ungeschriebene außerordentliche Rechtsbehelf der Gegenvorstellung weiter. Diese kann einzig darauf gestützt werden, dass die angegriffene Entscheidung auf einer gravierenden Verletzung von Verfahrensgrundrechten beruht oder jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt. Die Gegenvorstellung ist – nach aktueller höchstrichterlicher Finanzrechtsprechung – nur statthaft gegen änderbare Entscheidungen des Gerichts. Das sind solche, die vom Gericht von Amts wegen oder auf Antrag noch geändert werden können. Dazu gehören etwa ein die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnender Beschluss (vgl. BFH, Beschluss v. 14.2.2012, IV S 1/12, BFH/NV 2012, S. 967) oder die Streitwertfestsetzung (vgl. Schwarz, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 139 FGO Rz. 355c).

Autor: Dipl.-Finw. Werner Becker, Namborn

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