Frage:

Die Bundessteuerberaterkammer hat bekanntlich über die Steuerberaterplattform ab dem 1.1.2023 für jeden Steuerberater ein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt) empfangsbereit eingerichtet (§§ 86d, 157e StBerG). § 86d Abs. 6 StBerG enthält – entsprechend § 31a Abs. 6 BRAO – berufsrechtlich eine (passive) Nutzungspflicht für das beSt. Der Inhaber des beSt ist danach verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das beSt zur Kenntnis zu nehmen. Mit Inbetriebnahme des beSt ist auch eine aktive Nutzungspflicht für Steuerberater nach § 52d Satz 2 FGO geboten.

Wir haben im Kollegenkreis die Frage diskutiert, ob ein Steuerberater, der in eigener Sache Klage beim FG wegen seiner Einkommensteuer erhebt und dabei nicht als Steuerberater auftritt, zur Nutzung des beSt verpflichtet ist. Wie ist Ihre Einschätzung?

Antwort:

Aus meiner Sicht ist es dringend zu empfehlen, auch in diesem Fall für vorbereitende Schrift­sätze und deren Anlagen und schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen das beSt zu nutzen. Zwar liegt hinsichtlich der von Ihnen aufgeworfenen Frage naturgemäß noch keine Rechtsprechung vor, da die aktive Nutzungspflicht für Steuerberater nach § 52d Abs. 1 Satz 2 FGO erst seit dem 1.1.2023 besteht, jedoch kann hier auf die Instanzenrechtsprechung zum besonderen elektronischen Rechtsanwaltspostfach (beA) zurückgegriffen werden.

Entscheidungen der Düsseldorfer Richter

Das FG Düsseldorf (Beschluss v. 9.1.2023, 4 V 1553/22 A[Erb], EFG 2023, S. 272, Beschwerde eingelegt, Az. beim BFH: II B 5/23 [AdV]) hat in einem Aussetzungsverfahren nach § 69 FGO entschieden, dass eine Rechtsanwältin nach § 52d FGO auch dann zur Nutzung des beA verpflichtet ist, wenn sie in eigener Sache Aussetzung der Vollziehung beantragt und dabei nicht als Rechtsanwältin auftritt. Hiervon ausgehend hat es den per Fax gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unzulässig verworfen, da die Rechtsanwältin die Formvorschrift des § 52d Abs. 1 Satz 1 FGO nicht eingehalten hat.

Zur Begründung führt das FG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH (Beschluss v. 23.8.2022, VIII S 3/22, BFH/NV 2022, S. 1248) aus, dass die Regelung des § 52d FGO allein an den Status als Rechtsanwalt anknüpft. Sie sei daher so zu verstehen, dass es unerheblich sei, ob die jeweilige Person als Berufsträger auftrete oder nicht. Weder aus dem Wortlaut noch aus sonstigen Anhaltspunkten ergebe sich, dass die Nutzungspflicht davon abhänge, ob im konkreten Fall als Rechtsanwalt aufgetreten werde oder nicht. Der Gesetzgeber habe die Nutzungspflicht an den berufsrechtlichen Status als Rechtsanwalt in ihrer Eigenschaft als "professionelle Einreicher" geknüpft. Diese Eigenschaft bestehe unabhängig davon, ob die Person als Rechtsanwalt auftrete oder dies – etwa bei einem Antrag oder einer Klage in eigener Sache – nicht tue.

Der 8. Senat des FG Düsseldorf (Urteil v. 19.9.2022, 8 K 670/22 E,U, EFG 2022, S. 65, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. beim BFH: VIII B 126/22) sieht die Sache hingegen anders. Er ist der Auffassung, dass es einem Berufsträger möglich ist, auch ohne Nutzung einer elektronischen Übermittlung via beA formgerecht Klage per Fax zu erheben, wenn bei Gericht nicht als professioneller Einreicher in Erscheinung getreten, sondern vom Selbstvertretungsrecht gem. § 62 Abs. 1 FGO Gebrauch gemacht wird.

Auffassung anderer FG

Das FG Rheinland-Pfalz (Urteil v. 6.10.2022, 4 K 1341/22, EFG 2023, S. 65, Revision eingelegt, Az. beim BFH: II R 44/22) versteht die Formvorschrift des § 52d FGO dahingehend, dass die Norm allein an den Status als Rechtsanwalt anknüpft. Bereits der Normwortlaut des § 52d Satz 1 FGO, der hinsichtlich der Nutzungspflicht allein auf "Rechtsanwälte" Bezug nimmt und keinerlei zusätzliche Anforderungen statuiere, spreche dafür, dass keine über die Zulassung der konkret handelnden Person als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt hinausgehenden oder zusätzlichen Anforderungen an die konkrete Nutzungspflicht zu stellen seien.

Auch das FG Berlin-Brandenburg (Beschluss v. 8.3.2022, 8 V 8020/22, EGFG 2022, S. 846) ist der Auffassung, dass die Norm allein an den Status (Zulassung) als Rechtsanwalt anknüpft.

Parallelvorschriften anderer Rechtsordnungen

Für die Parallelvorschriften in anderen Prozessordnungen haben Gerichte jedoch teilweise andere Entscheidungen getroffen.

Nach Auffassung des LG Hildesheim (Beschluss v. 12.7.2022, 5 T 163/22, NJW-RR 2022, S. 518) besteht im Rahmen des § 14b Abs. 1 FamFG die aktive Nutzungspflicht nur im Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts und ist nicht bereits allein statusbezogen aufgrund der Zugehörigkeit zu der Berufsgruppe der Rechtsanwälte begründet.

Das Tatbestandsmerkmal "durch einen Rechtsanwalt" in § 46g Satz 1 ArbGG (bzw. § 130d Satz 1 ZPO) ist nach Ansicht des ArbG Stuttgart (Beschluss v. 18.7.2022, 4 Ca 1688/22, openJur 2022, S. 14851) jedenfalls im Fall eines Verbandsmitarbeiter...

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