Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe (PKH), wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 ZPO). Der Antrag auf Bewilligung der PKH ist beim Prozessgericht zu stellen. Er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Sog. isolierter Antrag auf PKH statthaft

Der Antrag auf Gewährung von PKH setzt kein bereits anhängiges Verfahren voraus. Er ist folglich ohne vorherige oder gleichzeitige Klageerhebung oder Einlegung eines Rechtsmittels zulässig. Der PKH-Antrag muss sich jedoch auf ein bestimmtes Verfahren beziehen, wobei das PKH-Gesuch nicht nur vor, sondern auch zusammen oder nach Erhebung der Klage bzw. Einlegung des Rechtsmittels eingereicht werden kann.

Wird der PKH-Antrag gleichzeitig mit der Klage- oder Rechtsmittelschrift gestellt, muss der Antragsteller deutlich machen, ob die Klage bzw. das Rechtsmittel bereits jetzt oder erst später, nämlich nur für den Fall der Bewilligung von PKH, erhoben werden soll. In der Praxis erfolgt diese Klarstellung zumeist dadurch, dass die Klageschrift als "Klageentwurf" bezeichnet oder nicht unterschrieben wird (vgl. Schoenfeld in: Gosch, AO/FGO, § 142 FGO Rz. 146 m. w. N.).

Beabsichtigte Rechtsverfolgung muss tatsächlich erfolgen (können)

Bewilligt das Gericht PKH, ist bei einem isolierten PKH-Antrag innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO, die mit der Zustellung des PKH-Beschlusses beginnt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen und die versäumte Rechtshandlung (z. B. die Klageerhebung) nachzuholen.

Das FG Köln (Beschluss v. 18.6.2018, 6 K 1075/18 [PKH], EFG 2018, S. 1830) musste sich im vergangenen Jahr mit einem nicht alltäglichen PKH-Fall befassen, nämlich der Entscheidung über einen isolierten Antrag auf PKH für eine noch zu erhebende Klage, zu der es wegen zwischenzeitlicher Abhilfe durch das Finanzamt nicht mehr kam. Dabei ging es um Folgendes:

Der steuerlich vertretene Antragsteller wollte es nicht mehr länger hinnehmen, dass das Finanzamt die Entscheidung über einen vor 11 Monaten eingelegten Einspruch gegen einen Haftungsbescheid weiter hinauszögerte. Er stellte daher im Mai 2018 beim FG einen Antrag auf PKH für eine noch zu erhebende Untätigkeitsklage mit dem Ziel der Aufhebung des angefochtenen Haftungsbescheids. Dem PKH-Antrag fügte er neben dem Klageentwurf eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei.

Im Juni 2018 hat das Finanzamt den angefochtenen Haftungsbescheid aufgehoben und zugleich erklärt, dass sich hierdurch der Einspruch erledigt ­habe.

In der Folge erklärte der Antragsteller gegenüber dem FG den PKH-Antrag für erledigt und beantragte, dem Finanzamt die Kosten des PKH-Verfahrens aufzuerlegen sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären. Zur Begründung trägt er vor, dass hierdurch seinem Vertreter die Geltendmachung der 1,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 VV RVG ermöglicht würde. Zwar könne vorliegend eine Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr ergehen, weil das Finanzamt nach dem PKH-Antrag in die Erledigungserklärung geflüchtet sei. Es werde allerdings auf eine Kostenentscheidung in unmittelbarer, hilfsweise entsprechender Anwendung des § 138 Abs. 1 FGO und auf eine Berücksichtigung dieser Vorschrift im PKH-Verfahren gehofft.

Anträge insgesamt erfolglos

Das FG hat zum einen entschieden, dass für die Bewilligung von PKH kein Raum mehr ist, wenn sich der materielle Streit in der Hauptsache bereits im PKH-Verfahren noch vor Klageerhebung erledigt. Die Voraussetzungen für PKH seien in einer derartigen Konstellation nicht erfüllt, weil es an der erforderlichen Erfolgsaussicht in der Hauptsache fehle. Denn aufgrund des Wegfalls der Beschwer des Antragstellers wäre eine Klage unzulässig. Die Bewilligung von PKH für ein nicht mehr beabsichtigtes Klageverfahren ginge ins Leere.

Dem Antragsteller könne PKH auch nicht mit Rücksicht darauf bewilligt werden, dass seinem Bevollmächtigten nach Nr. 3335 VV RVG für das Verfahren wegen PKH möglicherweise ein Vergütungsanspruch zustehe. Hierbei würde es sich nicht um Kosten des Klageverfahrens, sondern um Kosten des PKH-Verfahrens handeln, für das PKH gesetzlich nicht vorgesehen und insofern nicht zu gewähren sei. Denn unter Prozessführung i. S. v. § 114 ZPO sei nur das eigentliche Streitverfahren zu verstehen und nicht bereits das PKH-Prüfungsverfahren.

Zum anderen hat das FG beschlossen, dass vorliegend keine Kostenentscheidung nach § 138 FGO erfolgen kann. Eine derartige Kostenentscheidung setze n...

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