vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung von Ausschüttungen einer luxemburgischen SICAV nach dem DBA-Luxemburg

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine in Luxemburg ansässige und von dort aus geleitete SICAV, die sich durch eine eigene Rechtspersönlichkeit, ein getrenntes Vermögen, keine über die Einlagen hinausgehende Haftung der Anleger und durch die Fremdorganschaft auszeichnet, ist als Kapitalgesellschaft im Sinne des Art. 20 Abs. 2 S. 3 DBA-Luxemburg zu qualifizieren.
  2. Der Begriff der Dividende einer Kapitalgesellschaft wird im DBA-Luxemburg nicht bestimmt.
  3. Zahlungen einer SICAV, die im Zuge einer Kapitalherabsetzung oder Liquidation erfolgen und sich als Rückgewähr des auf Einlagen beruhenden Grund- bzw. Stammkapitals erweisen, sind kein laufender Dividenden- bzw. Kapitalertrag, sondern Anschaffungskosten der Anteile.
  4. Ob bei einer ausländischen Kapitalgesellschaft eine Herabsetzung und Rückzahlung des Grundkapitals vorliegt, bestimmt sich nach dem Gesellschaftsrecht der ausländischen Kapitalgesellschaft.
  5. Nach dem DBA-Luxemburg sind nur Dividenden nach Art. 20 Abs. 2 S. 3 DBA-Luxemburg freizustellen. Wertveränderungen der Anteile an der Kapitalgesellschaft stehen dem Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates des Anteilseigners (Art. 19 Abs. 2 DBA-Luxemburg) zu.
  6. Hat die SICAV bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise bis zum Zeitpunkt der Zwischenausschüttungen kein über die Einlagen hinausgehende Vermögen aus eigenen Geschäften erwirtschaftet, sind die Auszahlungen ausschließlich aus den eingezahlten Einlagen und dem hieraus gebildeten Grundkapital erfolgt, so dass keine Dividenden vorliegen.
  7. Soweit die Regelungen des Investmentgesetzes die wirtschaftliche Kapitalrückzahlung als Dividendenzahlung qualifizieren, führt dies nicht dazu, dass nach abkommensrechtlichen Regelungen Dividenden vorliegen.
  8. Das Investmentsteuerrecht bestimmt unabhängig von einem etwaigen gesellschaftlichen Beteiligungsverhältnis eine besondere Form der Besteuerung der Anleger von Sondervermögen. Dass das gesellschafts- und körperschaftsteuerrechtliche Trennungsprinzip einschränkende Investmentsteuergesetz enthält keine Definition im Sinne des Art. 2 Abs. 2 DBA-Luxemburg für die Auslegung des auf dem kapitalgesellschaftsrechtlichen Trennungsprinzip beruhenden Art. 20 Abs. 2 S. 3 DBA-Luxemburg.
 

Normenkette

DBA-Luxemburg Art. 20 Abs. 2 S. 3, Art. 2 Abs. 2, Art. 19 Abs. 2; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; InvStG § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2011

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.03.2021; Aktenzeichen I R 1/18)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine als Zwischenausschüttung bezeichnete Zahlung der A-S.A., SICAV-FIS an die Klägerin im Jahr 2011 abkommensrechtlich oder aus anderen Gründen steuerfrei zu stellen ist.

Die Klägerin ist eine am 14.11.2011 in B gegründete und nun im Handelsregister des Amtsgerichts C unter HRB xxxxx eingetragene Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) mit Sitz in D.

Das Geschäftsjahr der Klägerin entspricht dem Kalenderjahr.

Das Grundkapital der Klägerin beträgt 50.000 € und ist unterteilt in 50.000 Kommanditaktien. Das Grundkapital war im Streitjahr zu einem Viertel (12.500 €) eingezahlt und die Differenz (37.500 €) zum 31.12.2011 als ausstehende Auslagen ausgewiesen. Die Kommanditaktien werden seit 09.12.2011 zu 75 % von Herrn E und zu 25 % von Frau F gehalten.

Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ist seit 09.12.2011 die am 08.12.2011 begründete G-GbR. Gesellschafter der G-GbR sind Herr E zu 75 % und Frau F zu 25 %. Die G-GbR wird durch Herrn E vertreten. Die G-GbR hatte eine Sondereinlage in Höhe von 10.000 € an die Klägerin zu leisten.

Satzungsgemäßer Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere durch den Erwerb und die Veräußerung von Wertpapieren, Beteiligungen und ähnlicher Investments.

Entsprechend dieses Unternehmensgegenstands erwarb die Klägerin am 15.12.2011 insge-samt x Anteile (53,91 %) an der A-SA, SICAV-FIS (im Folgenden nur noch SICAV) zum Kaufpreis in Höhe von x € (einschließlich Spesen in Höhe von x €), welchen die Klägerin zum einen mit Sondereinlage der G-GbR i.H.v. x € (statt der ursprünglich i.H.v. x € vereinbarten Sondereinlage) und im Übrigen mit einem Kontokorrentkredit der Depotbank H-S.A finanzierte. Die Klägerin veräußerte die Anteile an der SICAV bereits am 28.12.2011 wieder. Nach Abzug von Spesen in Höhe von x € erzielte die Klägerin einen Veräußerungserlös in Höhe von x €. Der insoweit von der Klägerin ermittelte Veräußerungsverlust in Höhe von x € ergab sich aus folgenden Umständen:

Die SICAV war am 24.10.2011 gegründet worden und in das luxemburgische Handels- und Gesellschaftsregister unter der B xxxx eingetragen. Die SICAV war eine Société d'Investissement à Capital Variable (kurz ebenfalls SICAV) - d.h. ein Investmentfonds mit variablem Aktienkapital - in der Rechtsform der Societé Anonyme (S.A.) luxemburgischen Rechts. Die Anleger der SICAV waren somit zugleich d...

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