Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit einer Ausschüttung einer luxemburgischen SICAV trotz vorangegangenem Bondstripping. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 8/19)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Ausschüttung von Investmenterträgen einer luxemburgischen SICAV an eine inländische KGaA, deren persönlich haftende Gesellschafterin eine Personengesellschaft ist, ist das Schachtelprivileg nach Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 2 Sätze 1, 3 DBA Luxemburg 1958/1973 zu gewähren (vgl. BFH-Urteil vom 19.05.2010 I R 62/09, BFH/NV 2010, 1919).

2. Die Ausschüttung der SICAV an die KGaA ist auch im Fall einer bloßen Vermögensumschichtung eine Dividende i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 3 DBA Luxemburg 1958/1973 und keine Kapitalrückzahlung (entgegen FG Hessen, Urteil vom 29.11.2017, 4 K 1186/16, EFG 2018, 622).

3. Die formelle Bekanntmachung von Besteuerungsgrundlagen der Investmentgesellschaft auf Grundlage von § 5 Abs. 1 Satz 1 InvStG a.F. entfaltet für die Besteuerung der Anteilseigner keine Bindungswirkung.

4. Die steuerfreien Einnahmen sind nicht nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG um 5 Prozent zu kürzen (entgegen FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. 03.2017 3 K 383/16, EFG 2017, 1943).

5. Bei der Ermittlung des Gewinns der SICAV aus der Veräußerung der Zinsscheine von Bundesanleihen nach deren Abtrennung von den Anleihemänteln (sog, Bondstripping) sind nach den hierfür einschlägigen Vorschriften für Überschusseinkünfte von dem Veräußerungserlös keine Anschaffungskosten abzuziehen.

6. Eine Teilwertabschreibung aufgrund dauerhafter Wertminderung der Beteiligung an der SICAV ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Anleihemäntel durch das Bondstripping zu unverzinslichen Wertpapieren geworden sind.

7. § 42 AO ist wegen des Vorrangs des § 15b EStG auf eine solche Gestaltung nicht anwendbar.

 

Normenkette

InvStG a.F. § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 2, § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 8 S. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1 S. 1; DBA LUX 1958/1973 Art. 2 Abs. 1 Nr. 1; DBA LUX 1958/1973 Art. 2 Abs. 2; DBA LUX 1958/1973 Art. 13 Abs. 2; DBA LUX 1958/1973 Art. 20 Abs. 2 S. 1; DBA LUX 1958/1973 Art. 20 Abs. 2 S. 3; EStG § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 3c Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 3, §§ 15b, 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Buchst. b, Nr. 2 S. 3, Abs. 4 S. 1, § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 Alt. 2; KStG § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 8b Abs. 1, 5 S. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1; UmwStG § 20 Abs. 1, 2 S. 1, Abs. 3 S. 1; AO §§ 42, 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 5 Nr. 1; FGO § 99 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die im November 2011 aus einer Vorratsgesellschaft gegründet wurde. Ihr Unternehmensgegenstand besteht in der Verwaltung eigenen Vermögens. Alleiniger Kommanditist der Klägerin mit einer Gewinnbeteiligung von 100 % war zunächst K. Komplementärin der Klägerin ist die zeitgleich gegründete Vermögensverwaltung GmbH (im Folgenden: GmbH), deren alleiniger Gesellschafter K ist.

Im Dezember 2011wurde die X-GmbH & Co. KGaA (im Folgenden: KGaA) gegründet, ebenfalls eine Vermögensverwaltungsgesellschaft. Mit einem Aktienkapital von Euro wurde K alleiniger Kommanditaktionär der KGaA. Die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der KGaA mit einer Einlage von Euro wurde die Klägerin.

Die Gewinnverteilung erfolgte entsprechend der Kapitalanteile; der Gewinnanteil der Klägerin betrug somit 99,8 %.

Die Gründungsurkunde wurde im Dezember 2011 modifiziert.

Ebenfalls im Dezember 2011 wurde in Luxemburg eine société d'investissement à capital variable (”SICAV“) in der Rechtsform einer société anonyme gegründet. Der Sitz dieses Spezial-Investmentfonds (im Folgenden SICAV) befand sich in Luxemburg.

In Art. 4 der Gründungssatzung wurde als ausschließlicher Geschäftszweck der SICAV die Anlage des Netto-Gesellschaftsvermögens in Wertpapieren und anderen gesetzlich zulässigen Vermögenswerten nach dem Grundsatz der Risikostreuung und mit dem Ziel, den Aktionären die Erträge aus der Verwaltung des Netto-Gesellschaftsvermögens zukommen zu lassen, festgelegt.

In Artikel 35 der Gründungssatzung wurde bestimmt, dass alle in der Satzung ungeregelten Angelegenheiten im Einklang mit dem Gesetz vom 10.08.1915 über Handelsgesellschaften und dem Gesetz vom 13.02.2007 (in jeweils gültiger Fassung) entschieden werden.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gesellschaftsgründungsurkunde (Anlage K3 zum Schriftsatz vom 28.06.2016) Bezug genommen.

Eine SICAV ist in Luxemburg von der Ertragsteuer befreit. Sie unterliegt jährlich maximal der sog. Abonnementsteuer (Tax d'abonnement), die mit einem pauschalen Steuersatz auf das Nettovermögen der Gesellschaft erhoben wird (Art. 66 und 68 des Gesetzes vom 13.02.2007 über Spezialinvestmentvermögen und Art. 173-176 des Gesetzes vom 17.12.2010 über Organismen für gemeinsame Anlagen).

Das Gesellschaftskapital einer SICAV ist variabel; es entspricht dem Nettovermögen der Gesellschaft.

Sämtliche Aktien der SICAV im Nennwert von Euro (Anteile zu einem Ausgabepreis von Euro) erwarb die KGaA.

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