rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfüllung eines Kindergeldanspruchs als Folge einer so genannten Weiterleitungserklärung, die noch vor der wirksamen Bekanntgabe des Kindergeldbescheides wieder zurückgenommen wird.

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Verfügung in einem Kindergeldbescheid, der Kindergeldanspruch werde für bestimmte Monate „als erfüllt angesehen”, weil der Kindergeldberechtigte das Kindergeld im Wege der Weiterleitung erhalten habe, stellt durch Auslegung der gewollten Regelung einen Abrechnungsbescheid im Sinne des § 218 Abs. 2 S. 1 AO dar mit dem die Kindergeldkasse im Wege eines zusätzlichen Feststellungverwaltungsaktes verbindlich verfügt hat.
  2. Die Familienkasse kann im Wege einer Billigkeitsmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen im Sinne des § 163 AO gemäß ihren internen Verwaltungsanweisungen auf die Aufhebung des Kindergeldbescheides und die Rückforderung des zu Unrecht an den vorherigen Anspruchsberechtigten gezahlten Kindergeldes verzichten und den Kindergeldanspruch gegenüber dem aktuellen Berechtigten als erloschen behandeln, soweit der aktuelle Berechtigte erklärt, dass der vormalige Berechtigte das Kindergeld für den fraglichen Zeitpunkt an ihn weitergeleitet hat und er seinen Kindergeldanspruch deshalb als erfüllt anerkennt.
  3. Die Weiterleitungserklärung als außerprozessuale Verfahrenserklärung kann bis zur Bekanntgabe des Verwaltungsaktes mit dem über den Kindergeldanspruch und dessen teilweises Erlöschen durch Weiterleitung entschieden wird, wirksam widerrufen werden.
 

Normenkette

EStG § 70 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2017

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erfüllung eines Kindergeldanspruchs als Folge einer sog. Weiterleitungserklärung, die noch vor der wirksamen Bekanntgabe des Kindergeldbescheides wieder zurückgenommen wurde. Der im streitigen Zeitraum in B wohnhafte Kläger ist der leibliche Vater des in 2003 geborenen Kindes A. Zwischen den Beteiligten ist in tatsächlicher Hinsicht unstreitig, dass das Kind seit seiner Geburt in dem vom Haushalt des Klägers getrennten Haushalt seiner insoweit kindergeldberechtigten Mutter, der Frau C, im Landkreis D lebte und auf Veranlassung des Jugendamtes am 11.05.2017 in den Haushalt des Klägers in B aufgenommen wurde. Hintergrund war das Antreffen der dabei unter starkem Drogeneinfluss stehenden Mutter beim Führen eines Fahrzeugs ohne Fahrerlaubnis, in dem sich auch die Geschwister des Kindes befanden, was zum sofortigen Einschreiten des Jugendamtes führte. Auf den Haushaltswechsel Bezug nehmend beantragte der Kläger bei der für ihn örtlich zuständigen Beklagten am 11.06.2017 die Auszahlung des Kindergeldes an ihn und verwies auf die Bescheinigung des Jugendamtes vom 08.06.2017 zur Verlagerung des Lebensmittelpunktes des Kindes an den Wohnsitz des Klägers nach B. Seit der Geburt des Kindes hatte bisher die Mutter das Kindergeld von der für sie zuständigen Familienkasse bezogen.

Die Beklagte reagierte auf den Antrag des Klägers am 17.07.2017 mit einer Zwischenverfügung und bat um ergänzende Vorlage einer formularmäßigen Haushaltsbescheinigung seiner Gemeinde sowie um Auskunft, ob das Kindergeld seit der Haushaltsaufnahme weitergeleitet werde (wörtlich im Anschreiben: „Wurde das Kindergeld seit der Haushaltsaufnahme von A weitergeleitet?”), wobei – so die Beklagte zur Erläuterung – vom Kläger für diese Auskunft ein beigefügtes Formular verwendet werden könne. Hierauf reichte der Kläger am 02.08.2018 eine Haushaltsbescheinigung der Gemeinde B sowie das ausgefüllte Formular mit dem Titel „Bestätigung über die Weiterleitung von Kindergeld zur Vorlage bei der Familienkasse” nach. In letzterem vervollständigte er den vorgegebenen Text, der danach wörtlich lautete (vom Kläger ergänzte Textteile sind unterstrichen): „Für die Monate von Juni bis Juli 2017 hat die Familienkasse das Kindergeld für A nicht an mich, X, sondern an C ausgezahlt.” Es folgte ein halber Absatz sowie der vorgedruckte Formulartext: „Ich bestätige hiermit unwiderruflich, dass diese Person das Kindergeld nicht für sich behalten, sondern weitergeleitet hat. Ich sehe daher meinen Anspruch auf Kindergeld für den oben genannten Zeitpunkt als erfüllt an (§ 37 Abs. 1 der Abgabenordnung) und verzichte damit auf die Auszahlung von Kindergeld durch die unten genannte Familienkasse”. Sodann folge ein vom Kläger wieder handschriftlich vervollständigter Text: „Einen Antrag auf Kindergeld bei der unten genannten Familienkasse habe ich am Juni gestellt.” In den anschließenden Zeilen, welche die Angabe der Beklagten und des Antragsvorgangs vorsahen, gab der Kläger das von der Beklagten in der Zwischenverfügung vom 17.07.2017 genannte Aktenzeichen an. Der Kläger unterzeichnete das Formular am 02.08.2017 mit seiner vollen Unterschrift.

Mit einem per einfachem Brief zur Post gegebenem Bescheid vom 18.08.2017 entsprach die Beklagte dem Kindergeldantrag des Klägers und setzte das Kindergeld ab Juni 2017 fest, bestimmte jedoch weiter, dass der Anspruch bis einschließlich Juli 2017 „als erfüllt anges...

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