Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach Bestätigung des Insolvenzplanes

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Aufhebung eines Insolvenzverfahrens tritt mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplanes ein.
  2. Da gegen den Bestätigungsbeschluss gemäß § 253 InsO die sofortige Beschwerde statthaft ist, tritt die formelle Rechtskraft frühestens mit Ablauf der 2-wöchigen Beschwerdefrist ein.
  3. Bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses hat die Zustellung von Bescheiden an den Insolvenzverwalter zu erfolgen.
 

Normenkette

AO § 122; KStG § 27; InsO §§ 259, 253

 

Streitjahr(e)

2015

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob der Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2015 wirksam bekannt gegeben und rechtzeitig dagegen Einspruch eingelegt worden ist.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein Unternehmen, das mit Vertrag vom 16. Mai 2014 gegründet wurde und die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von Chemikalien und Anlagen zur Wasseraufbereitung, Service und Wartung von Anlagen zur Wasseraufbereitung sowie die Entwicklung umwelttechnischer Verfahren zum Unternehmensgegenstand hat (HRB XXX). Alleiniger Geschäftsführer war zunächst Herr B und ist nunmehr nach dessen Abberufung sein Vater, Herr C, der seit dem XX.XX.2015 im Handelsregister eingetragen ist.

Der Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2015 erging am 02. Dezember 2016 und stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 03. Januar 2018 stellte die Klägerin vertreten durch die D-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Steuerberater E (im Folgenden: Steuerberatungsgesellschaft) einen Antrag auf Änderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Zur Begründung wies die Klägerin darauf hin, dass im Wirtschaftsjahr 2015 eine Kapitalerhöhung durchgeführt worden sei. Dazu hätten die eintretenden Gesellschafter ein Agio auf die übernommene Stammeinlage i.H.v. XXX € und der Gesellschafter B eine Sacheinlage i.H.v. XXX € geleistet. Die Sacheinlage habe aus Wirtschaftsgütern bestanden, die aus der freien Masse der insolventen Vorgängergesellschaft F-GmbH & Co. KG stammten. Es handele sich bei der Sacheinlage um Gegenstände, an denen Frau G ein Vermieterpfandrecht zustehe und die sie ihrem Sohn B, geschenkt habe, der wiederum die Einlage getätigt habe.

Durch Beschluss des Amtsgerichts H-Stadt vom 01. Mai 2018 wurde über das Vermögen der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Rechtsanwalt I zum Insolvenzverwalter bestellt (XXX IN XX/18). Zur Tabelle angemeldet wurden ausschließlich Umsatzsteueransprüche. Der Insolvenzverwalter bevollmächtigte am 04. Juli 2018 die Steuerberatungsgesellschaft die Klägerin in allen steuerlichen Angelegenheiten gegenüber dem Beklagten zu vertreten. Die Vollmacht umfasste auch die Zustellung von Mitteilungen jeder Art, insbesondere Verwaltungsakten und gerichtlichen Entscheidungen (Bl. 90 Sonderband Antrag Änderung).

Am 05. September 2018 wurde dem Insolvenzgericht H-Stadt ein Insolvenzplan für und durch die Klägerin vorgelegt. Der Insolvenzplan enthielt folgenden Passus (Seite 37 Nr. 4):

”Der Plan tritt mit Rechtskraft der Bestätigung des Plans durch das Insolvenzgericht in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Geschäftsbetrieb mit allen damit verbundenen Pflichten (z.B. zur Abgabe von Steuererklärungen, zur Zahlung von Steuern, Abgaben etc.), Rechtsverhältnissen (Dauerschuldverhältnissen wie Arbeitsverträgen, Versorgungsverträgen etc.) auf die Schuldnerin über. […]. Der Plan wird überwacht durch den bestellten Insolvenzverwalter, Herrn Rechtsanwalt I.“

Am 04. Oktober 2018 fand der Erörterungs- und Abstimmungstermin über den Insolvenzplan statt, an dem der Beklagte trotz Ladung nicht teilnahm. Der Insolvenzplan wurde in diesem Termin angenommen. Das Insolvenzgericht bestätigte mit Beschluss vom selben Tage den Insolvenzplan vom 05. September 2018.

Der Beklagte erließ am 08. Oktober 2018 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid zum 31. Dezember 2015 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG. Darin wurde das steuerliche Einlagekonto von 0 € auf XXX € erhöht und damit das Agio i.H.v. XXX € berücksichtigt. Hinsichtlich der Sacheinlage des Gesellschafters B i.H.v. XXX € wurde der Änderungsantrag vom 03. Januar 2018 abgelehnt, da trotz entsprechender Anforderungen ein Nachweis, dass die Wirtschaftsgüter aus der Insolvenzmasse der F-GmbH & Co. KG an die Vermieterin freigegeben wurden, nicht vorgelegt wurden. Der Bescheid enthielt im Adressfeld die Anschrift der Steuerberatungsgesellschaft und bezog sich auf die ”A-GmbH z.H. I als Insolvenzverw.“ Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Der Beschluss des Insolvenzgerichts vom...

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