Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Sicherheitsleistung bei Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Setzt die Finanzbehörde auf Antrag die Vollziehung eines Steuerbescheids gegen Sicherheitsleistung aus, ist es statthaft, beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung oder gegen geringere Sicherheitsleistung nach § 69 Abs. 3 FGO zu beantragen. Das Gericht trifft in diesem Fall eine eigene Entscheidung über das „Ob“ und die „Höhe“ der Sicherheitsleistung; eine Erhöhung der Sicherheitsleistung durch das Gericht scheidet aus.
  2. Der Grundsatz, dass die Vollziehung ohne Sicherheitsleistung auszusetzen ist, wenn der Erfolg im Hauptsachverfahren gewiss oder sehr wahrscheinlich ist, gilt im Fall der Aussetzung der Vollziehung eines Folgebescheids nicht für die Erfolgsaussichten der Anfechtung des Grundlagenbescheids. Diese sind bei einem gegen den Folgebescheid gerichteten Antrag nicht zu prüfen. Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) wird in diesem Fall dadurch gewahrt, dass bei hohen Erfolgsaussichten (nur) in dem den Grundlagenbescheid betreffenden AdV-Verfahren der Ausschluss der Sicherheitsleistung für die Folgebescheide nach § 69 Abs. 2 Satz 6 aE FGO erreicht werden kann.
  3. Der Antragsteller hat als unterliegender Beteiligter die Kosten des gerichtlichen AdV-Verfahrens zu tragen, wenn die Finanzbehörde gegen Sicherheitsleistung ausgesetzt hatte und das Gericht dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung nicht entspricht, sondern die der Höhe nach unveränderte Sicherheitsleistung nur hinsichtlich der Frist und der Art der Erbringung konkretisiert bzw. modifiziert.
 

Normenkette

FGO §§ 69, 135

 

Streitjahr(e)

2007

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.05.2023; Aktenzeichen X B 22/22 (AdV))

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Antragsgegner die Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung eines Folgebescheids zu Recht von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht hat.

Die Antragsteller wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Antragsteller zu 1. erzielte im Streitjahr – auch aus zahlreichen Beteiligungen – Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte, die Antragstellerin zu 2. erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit und Kapitalvermögen. Wegen der Einzelheiten betreffend die Beteiligungen des Antragstellers zu 1. wird auf die Anlage mit dem Stichtag 08.06.2021 zum Bescheid für 2017 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Kirchensteuer, Verspätungszuschlag und Zinsen vom 30.06.2021 verwiesen.

Der Antragsteller zu 1. war im Streitjahr nach den unwidersprochenen Feststellungen der Betriebsprüfung unter anderem unmittelbar an der Y GP, einer in London (Vereinigtes Königreich) ansässigen General Partnership (GP) nach englischem Recht, die mit physischem Gold handelte und in Deutschland beim Finanzamt X unter der Steuernummer … geführt wird, sowie an der Z GbR (GbR), die beim FA X unter der Steuernummer … geführt wird, beteiligt.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Antragsteller zu 1. ausländische, dem (negativen) Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 32b des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus dem Vereinigten Königreich aus seiner Beteiligung an der GP i.H.v. geschätzt ./. 95.0xx.xxx,xx € geltend.

Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ergangenem Bescheid vom 12.05.2011 setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer unter erklärungsgemäßer Berücksichtigung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. ./. xxx,xx € auf 27.4xx.xxx,xx € fest, wobei die Einkünfte aus der GP weder berücksichtigt noch dem (negativen) Progressionsvorbehalt unterworfen wurden; außerdem wurden ein Verspätungszuschlag i.H.v. x.xxx,xx €, Zinsen zur Einkommensteuer i.H.v. 3.2xx.xxx,xx €, ein Solidaritätszuschlag i.H.v. 1.5xx.xxx,xx € und katholische Kirchensteuer i.H.v. 2.4xx.xxx,xx € festgesetzt. In den Erläuterungen wurde ausgeführt, die vom Antragsteller zu 1. erklärten Verluste aus der Mitunternehmerschaft könnten erst nach entsprechender Mitteilung des für die Feststellung zuständigen Finanzamts berücksichtigt werden.

Gegen den Bescheid vom 12.05.2011 legten die Antragsteller am 13.05.2011 Einspruch ein und begehrten für das Streitjahr nunmehr die Berücksichtigung eines Verlustanteils i.H.v. 93.4xx.xxx,xx € für den Antragsteller zu 1. aus seiner Beteiligung an der GbR, deretwegen die Einkommensteuer für das Streitjahr aus Sicht der Antragsteller auf 0,00 € hätte festgesetzt werden müssen.

Auf Grund einer Mitteilung für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen betreffend die GbR des FA X vom 15.03.2013, nach der Einkünfte des Antragstellers zu 1. aus privaten Veräußerungsgeschäften aus seiner Beteiligung an der GbR i.H.v. 1.1xx.xxx,xx € festgestellt worden waren, erließ der Antragsge...

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