Leitsatz

Der Gesellschafter einer aufgelösten OHG haftet für Steuerverbindlichkeiten nach § 128 HGB.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Gesellschafter einer zwischenzeitlich aufgelösten OHG. Gegen diese Gesellschaft wurden aufgrund einer steuerlichen Außenprüfung erhebliche Steuernachzahlungen festgesetzt. Ob nach Ergehen der geänderten Steuerbescheide Einspruch gegen diese eingelegt wurde, ist fraglich. Die später durch den Kläger gegen die ergangenen Bescheide eingelegten Rechtsmittel blieben - aus Zulässigkeitsgründen - ohne Erfolg und wurden in 2008 endgültig abgewiesen. Zur gleichen Zeit wurde der Kläger nach einer Haftungsvoranfrage für Umsatzsteuerschulden der Gesellschaft mittels Haftungsbescheid in Haftung genommen. Hiergegen wandte sich der Kläger in seinem Einspruch u. a. mit der Begründung, sein ehemaliger Mitgesellschafter sei Verursacher der Steuerrückstände gewesen. Den Einspruch gegen den Haftungsbescheid wies das Finanzamt ab. Einer Aufforderung zur Widerlegung der Schätzungen, auf denen die Steuernachforderungen beruhten, kam der Kläger nicht nach. Gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung wandte sich der Kläger durch Erhebung einer Anfechtungsklage. Wiederum rügte er die allgemein die Schätzung des Finanzamts, kam indes der Aufforderung des Gerichts, sein Vorbringen zu konkretisieren nicht nach.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht lehnte die Klage ab. Zur Begründung führte es an, dass der Kläger zu Recht für die Steuerschulden der OHG in Anspruch genommen worden sei. Dies ergebe sich aus § 128 HGB, da auch für Steuerschulden eine Haftung besteht. Die der Haftung zu Grunde liegenden Steuerbescheide seien rechtskräftig, so dass sich der Kläger deren Bestandskraft nach § 166 AO zurechnen lassen müsse. Als Gesellschafter einer OHG hätte der Kläger gegen diese Bescheide Einspruch einlegen müssen.

 

Hinweis

Das Urteil ist insofern von Bedeutung als es zwei Aspekte aus dem Bereich des steuerlichen Verfahrenrechts vor Augen führt:

Zum einen ist dies das allgemeine Haftungsrisiko, welches für den Gesellschafter einer OHG nach § 128 HGB stets besteht. Der Gesellschafter haftet auch für Steuerverbindlichkeiten, die während der Zeit seiner Gesellschafterstellung begründet worden sind. Dies gilt auch, wenn die Gesellschaft in der Zwischenzeit gelöscht ist und unabgängig davon, ob den Gesellschafter im konkreten Fall ein Verschulden trifft. Eine entgegenstehende Vereinbarung der Gesellschafter untereinander ist Dritten gegenüber unwirksam. Damit haften OHG-Gesellschafter mit ihrem gesamten betrieblichen und privaten Vermögen für Verbindlichkeiten der OHG. Bei einem Ausscheiden sind zudem die §§ 159, 160 HGB zu beachten. Mehrere Gesellschafter haften als Gesamtschuldner. Hinsichtlich der Ausübung des Ermessens, welcher Gesellschafter in Anspruch genommen wird, ist dabei das Urteil als sehr kurz anzusehen.

Zum anderen ist es stets von erheblicher Bedeutung, die Folgen des § 166 AO, der eine Drittwirkung des Steuerbescheids begründet, zu beachten. Nach dieser Bestimmung hat der Haftende die Festsetzung gegen sich gelten zu lassen, wenn er in der Lage gewesen wäre, den Steuerbescheid als Gesamtrechtsnachfolger, Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten. Der Gesellschafter einer OHG, dem der Bescheid persönlich bekannt gegeben worden ist, hätte gegen den Bescheid Einspruch einlegen müssen. Da er dies hier nicht getan hat, tritt die Wirkung des § 166 AO ein.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22.05.2008, 1 K 59/04

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