rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des ehemaligen Gesellschafters für Steuerverbindlichkeiten der OHG im Rahmen des § 128 HGB

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Sind die Umsatzsteuerbescheide einer zwischenzeitlich aufgelösten OHG dem ehemaligen Gesellschafter bekanntgegeben worden und mangels fristgerechter Einlegung eines Einspruchs bestandskräftig geworden, so kann der ehemalige Gesellschafter unabhängig davon nach § 128 HGB i.V.m. § 191 Abs. 1 AO als Haftungsschuldner für die Umsatzsteuerverbindlichkeiten der OHG in Anspruch genommen werden, ob ihm persönlich eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung angelastet werden kann.

2. Für die Haftung nach § 128 HGB kommt es ausschließlich auf die Gesellschafterstellung bei Entstehung der Verbindlichkeit an.

 

Normenkette

HGB § 128; AO § 191 Abs. 1 S. 1, § 166

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Haftung für Steuerschulden der Firma K. und R. OHG.

Nach Betriebsprüfung ergingen am 2. Dezember 2002 die K. und R. OHG betreffende Feststellungsbescheide, Umsatzsteuerbescheide und Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1996 und 1997. In der Betriebsprüfung konnten Unterlagen trotz mehrfacher Aufforderungen nicht vollständig vorgelegt werden und wurden unter anderem hohe Einlagen und Entnahmen, hohe Fremdleistungen, Arbeitszeitvergütungen für Gesellschafter, Büropauschalen und gezahlte Provisionen festgestellt. Die Buchführungsunterlagen der vormaligen Steuerberaterin wiesen für 1997 einen Verlust von 451.303 DM aus. Nach Erläuterung des Klägers im Rahmen der Betriebsprüfung seien etwa 600.000 DM Forderungen (Projekt C. L.) nicht eingebucht worden.

Aufgrund einer Nachkalkulation durch Ansatz durchschnittlicher Aufschlagssätze auf die Aufwendungen für Material und Arbeitskrafteinsatz (Grundlage waren insoweit die vorhandenen Buchführungsunterlagen der Steuerberaterin der OHG) kam die Prüfung zu Hinzuschätzungen von netto 57.226 DM in 1996 und 738.406 DM in 1997. Unter Berücksichtigung weiterer unstreitiger Prüfungsfeststellungen wurde ein Gewinn der OHG für 1996 in Höhe von 255.598 DM und für 1997 in Höhe von 346.917 DM festgestellt.

In der Folgezeit soll nach Angaben des Klägers gegen die ergangenen Bescheide rechtzeitig Einspruch eingelegt worden sein. Diese Einsprüche wurden mit Einspruchsbescheiden vom 20. Juni 2003 als unzulässig verworfen. Die hiergegen erhobene Klage unter dem Aktenzeichen 1 K 1271/03 (soweit die einheitliche und gesonderte Feststellung 1996 und 1997 betroffen war) ist durch Urteil vom 22. Mai 2008 abgewiesen worden.

Nach Haftungsvoranfrage vom 3. Februar 2003 nahm der Beklagte den Kläger mit Haftungsbescheid vom 10. März 2003 für Umsatzsteuerschulden der Firma K. und R. OHG in Höhe von insgesamt 95.288,43 EUR (Umsatzsteuer 1996/1997, Zinsen und Verspätungszuschläge) in Haftung. Der Beklagte führte aus, dass die Haftungsinanspruchnahme nach § 128 Handelsgesetzbuch (HGB) als Gesellschafter der OHG erfolge und die OHG erfolglos zur Zahlung der rückständigen Ansprüche aufgefordert worden sei. Soweit der Kläger sich auf einen Einspruch gegen nach Außenprüfung erlassene Bescheide beziehe, liege ein solcher nicht vor. Die Stellungnahme des Klägers vom 2. März 2003, dass er für den aufgetretenen Schaden nicht verantwortlich und ausschließlich der Mitgesellschafter R. einziger Verursacher sei, nahm der Beklagte zur Kenntnis.

Gegen den Haftungsbescheid richtete sich der Einspruch vom 21. März 2003. In diesem verwies der Kläger auf den Einspruch zur Außenprüfung, der im Finanzamt nicht bekannt war. Nach Aufforderung des Beklagten, die Umstände der Einspruchseinlegung gegen die Ausgangsbescheide darzulegen, erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 2003, dass die Steuerfestsetzungen total falsch seien und auf herbeigeholten Schätzungen sowie Tatsachen beruhten. Die Haftungsinanspruchnahme seiner Person wies er mit Bezug auf sein Schreiben vom 2. März 2003 zurück.

Mit Einspruchsbescheid vom 22. Dezember 2003 wies der Beklagte den Einspruch gegen den Haftungsbescheid als unbegründet zurück. Der Beklagte begründete die Haftungsinanspruchnahme aus der Gesellschafterstellung des Klägers und führte aus, dass aufgrund der Auflösung der Gesellschaft Vollstreckungsmaßnahmen gegen diese nicht mehr möglich gewesen seien und beide Gesellschafter gesamtschuldnerisch in Haftung genommen würden. Weiter führte er aus, dass bei einer Haftung nach § 128 HGB eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung unerheblich sei. Er stellte zudem dar, dass die Einsprüche gegen die Umsatzsteuer, Gewerbesteuermessbetrag und gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen jeweils der Jahre 1996 und 1997 mit Einspruchsbescheiden vom 20. Juni 2003 als unzulässig verworfen worden seien.

Gegen den Einspruchsbescheid hat der Kläger am 12. Januar 2004 Klage erhoben. Der Kläger führte wörtlich aus: „Da Herr R. die Firma und auch mich betrogen hat ist er der alleinige Sc...

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