Leitsatz

Werden zur gleichen Zeit Miteigentumsanteile an einem Grundstück auf mehrere Bedachte schenkweise übertragen, ist keine einheitliche gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts für das ganze Grundstück mit anschließender Verteilung durchzuführen; vielmehr bilden die zugewendeten Miteigentumsanteile jeweils den Gegenstand einer lediglich gesonderten Feststellung nach § 138 Abs. 5 BewG.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1 BewG , § 3 BewG , § 138 Abs. 5 BewG , § 179 Abs. 2 Satz 2 AO

 

Sachverhalt

Der Kläger und sein Bruder erhielten ein Grundstück in Miteigentum zu je der Hälfte geschenkt. Das FA stellte daraufhin gegenüber jedem Bruder den Grundstückswert gesondert fest und rechnete dabei jedem Bruder die Hälfte des für das gesamte Grundstück ermittelten Werts zu. Allein der Kläger wandte sich gegen die Höhe des festgestellten Werts.

Das FG hob den gegen den Kläger gerichteten gesonderten Feststellungsbescheid auf, weil die Feststellung gegenüber den Brüdern einheitlich hätte erfolgen müssen.

 

Entscheidung

Der BFH war anderer Ansicht. Er hielt eine einheitliche Feststellung für unzulässig und hob die Vorentscheidung auf. § 138 Abs. 5 BewG enthält keine ausdrückliche Regelung zur Notwendigkeit einer einheitlichen Feststellung. Dies schließt eine einheitliche Feststellung gegenüber mehreren Beteiligten jedoch nicht aus. Bei einer Mehrheit von Erben hat der BFH die Notwendigkeit einer einheitlichen Feststellung der Grundstückswerte bereits bejaht und sich dabei auf § 179 Abs. 2 Satz 2 AO gestützt (Urteil vom 8.10.2003, II R 27/02, BFH-PR 2004, 106).

Bei einem Grundstückserwerb zu Miteigentum liegen aber die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 2 AO für eine einheitliche Feststellung nicht vor, weil Gegenstand der Feststellung nicht das gesamte Grundstück ist, sondern der jeweilige Miteigentumsanteil an dem Grundstück. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den §§ 2 und 3 BewG. Soweit § 138 Abs. 2, 3 und 5 sowie § 2 Abs. 1 Satz 2 BewG den Begriff der wirtschaftlichen Einheit verwenden, kann dieser im Rahmen der Bedarfsbewertung nicht losgelöst von dem Erwerbsgegenstand i.S.d. Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie ggf. der Grunderwerbsteuer ausgefüllt werden.

Ist von vornherein nur ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück freigebig zugewendet worden, ist nur dieser Anteil Erwerbsgegenstand und kann sich die Frage nach einer über diesen Anteil hinausgehenden wirtschaftlichen Einheit i.S.d. § 2 Abs. 1 BewG nicht stellen. Der Miteigentumsanteil ist die wirtschaftliche Einheit bzw. das Wirtschaftsgut des § 3 BewG.

 

Hinweis

Beim Erwerb durch mehrere Erben erhalten diese einen Anteil am Nachlass als gemeinschaftlichem Vermögen zur gesamten Hand. Erst für erbschaftsteuerliche Zwecke sind die einzelnen Nachlassgegenstände – und damit auch die im Nachlass befindlichen Grundstücke – als "Gegenstand der Feststellung" i.S.d. § 179 Abs. 2 Satz 2 AO den einzelnen Erben gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO entsprechend ihren Erbteilen wie Miteigentum nach Bruchteilen zuzurechnen. Das macht gem. § 179 Abs. 2 Satz 2 AO eine einheitliche Feststellung der Grundstückswerte erforderlich. Anders ist die Rechtslage, wenn von vornherein ein Miteigentumsanteil nach Bruchteilen den Erwerbsgegenstand darstellt.

Zu einem Miteigentumserwerb nach Bruchteilen kann es im Übrigen nicht nur durch Schenkungen kommen, sondern auch durch Erbfall, und zwar dann, wenn bereits der Erblasser nur Miteigentümer eines Grundstücks gewesen ist. Es liegt auf der Hand, dass dann die überlebenden Miteigentümer zu einem Verfahren zur Feststellung des Grundstückswerts nicht hinzuzuziehen sind.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.8.2004, II R 22/04

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