7.2.1 Erbschaftsteuerliche Sicht

7.2.1.1 Ausgangspunkt

 

Rz. 307

Die Frage, welche Finanzierungsform sich bei der Unternehmensnachfolge erbschaftsteuerrechtlich günstiger auswirkt, muss differenziert nach Personen- und Kapitalgesellschaften betrachtet werden. Hierbei wird folgender Fall exemplarisch zugrunde gelegt[1]: Der Unternehmenswert beträgt unabhängig von der Rechtsform 100 (kein Substanzwert). Der Nennwert des Gesellschafterdarlehens beträgt 60 % des Bruttounternehmenswerts. Das Unternehmen soll auf den Neffen übertragen werden. Der Alleineigentümer des Unternehmens ist alleinstehend und kinderlos. Verwaltungsvermögen existiert nicht. Weitere persönliche Freibeträge werden nicht betrachtet.

[1] Corsten/Dreßler, DStR 2009, 2115, 2116.

7.2.1.2 Volle Eigenkapitalfinanzierung

 

Rz. 308

Erbschaftsteuerrechtlich ergibt sich bei voller Eigenfinanzierung sowohl einer Personengesellschaft als auch einer Kapitalgesellschaft folgendes Bild[1]:

 
+ Gemeiner Wert des Unternehmens 100
Verschonungsabschlag (85 %) – 85
= Steuerpflichtiger Erwerb nach Begünstigung = 15
× Steuersatz nach § 19 ErbStG 30 %
= ErbSt in Prozent des Bruttounternehmenswertes = 4,5

Die 100 %ige Eigenkapitalfinanzierung ergibt keine rechtsformabhängigen Unterschiede bei der ErbSt.

[1] Corsten/Dreßler, DStR 2009, 2115, 2116.

7.2.1.3 Volle Fremdfinanzierung

 

Rz. 309

Erbschaftsteuerlich ergibt sich bei 100 %iger Fremdfinanzierung einer Kapitalgesellschaft folgendes Bild[1]:

 
+ Gemeiner Wert des Unternehmens vor Darlehen 100
Gemeiner Wert der Schuld gegenüber dem Gesellschafter – 60
= Gemeiner Wert des Unternehmens nach Darlehen = 40
Verschonungsabschlag (85 %) – 34
= Steuerpflichtiger Erwerb nach Begünstigung = 6
x Steuersatz nach § 19 ErbStG 30 %
= ErbSt in Prozent des Bruttounternehmenswerts = 1,8
+ Darlehen 60
x Anzuwendender Steuersatz 50 %
= ErbSt auf das Darlehen 30
= Gesamtbelastung mit ErbSt = (30 + 1,8 =) 31,8
 

Rz. 310

Erbschaftsteuerrechtlich ergibt sich bei 100 %iger Fremdfinanzierung einer Personengesellschaft folgendes Bild[2]:

 
+ Gemeiner Wert des Unternehmens vor Darlehen 100
Gemeiner Wert der Schuld gegenüber dem Gesellschafter – 60
+ Sonderbetriebsvermögen I + 60
= Zwischensumme = 100
Verschonungsabschlag (85 %) – 85
= Steuerpflichtiger Erwerb nach Begünstigung = 15
X Steuersatz nach § 19 ErbStG 30 %
= ErbSt in Prozent des Bruttounternehmenswerts = 4,5
[1] Corsten/Dreßler, DStR 2009, 2115, 2117.
[2] Corsten/Dreßler, DStR 2009, 2115, 2117.

7.2.1.4 Zwischenergebnis

 

Rz. 311

Bei der Erbfolge ist unter den getroffenen Annahmen der Fall einer zu 100 % mit Gesellschafterdarlehen finanzierten Kapitalgesellschaft nachteilig. Durch eine Mischung von Eigen- und Fremdfinanzierung können sich die Gewichte verschieben. Mit einer ausschließlich mit Eigenkapital ausgestatteten Gesellschaft ist der Erbe erbschaftsteuerlich besser gestellt als bei Fremdfinanzierung.

7.2.2 Ertragsteuerrechtliche Sicht

 

Rz. 312

Bei den Ertragsteuern sind Besonderheiten hinsichtlich der rechtsformabhängigen Besteuerung zu beachten. Die folgenden Ergebnisse wurden einer Untersuchung von Corsten/Dreßler[1] entnommen.

 

Rz. 313

Bei Kapitalgesellschaften sind auf der Ebene der Kapitalgesellschaft sowohl Dividenden als auch Veräußerungsgewinne zu 95 % freigestellt[2]. Gehören die Anteile an der Kapitalgesellschaft zum Privatvermögen des Gesellschafters, greift grundsätzlich die Abgeltungsteuer für Dividenden und für Veräußerungsgewinne bei einer Beteiligung von bis zu 1 %. Gehören die Anteile dagegen zum Betriebsvermögen, ist grundsätzlich das Teileinkünfteverfahren anzuwenden. Dessen Anwendung kann in bestimmten Fällen auch alternativ zur Abgeltungsteuer beantragt werden[3].

 

Rz. 314

In Bezug auf Zinsaufwendungen aus kreditfinanzierten Anteilskäufen gelten folgende Unterschiede: Während die Kapitalgesellschaft solche Aufwendungen stets zu 100 % abziehen kann[4], greift bei der natürlichen Person bei Zuordnung der Anteile zum Betriebsvermögen nach § 3c EStG das Teilabzugsverbot, wonach nur 60 % der Zinsaufwendungen als Betriebsausgaben abziehbar sind.

 

Rz. 315

Nach Corsten/Dreßler[5] ergibt sich im Ergebnis für den o. g. Grundsachverhalt folgende Konstellation:

 
Ertragsteuern in Prozent des gemeinen Werts des Unternehmens vor Darlehensverbindlichkeit bei der Kapitalgesellschaft (Anteile im Privatvermögen)
Eigenkapital 3,0875
Fremdkapital 3,1063
 
Ertragsteuern in Prozent des gemeinen Werts des Unternehmens vor Darlehensverbindlichkeit bei der Kapitalgesellschaft (Anteile im Betriebsvermögen)
Eigenkapital 3,1785
Fremdkapital 3,1088

Als günstigste ertragsteuerliche Konstellation bei der Kapitalgesellschaft ergibt sich der Fall der Eigenkapitalfinanzierung, wenn die Beteiligung im Privatvermögen ist und die Abgeltungsteuer greift.

 

Rz. 316

Im Fall der Personengesellschaft sind Besonderheiten hinsichtlich der ESt und GewSt bzw. der Anrechnung der GewSt auf die ESt zu beachten. Danach ergibt sich folgende Konstellation[6]:

 
Ertragsteuern in Prozent des gemeinen Werts des Unternehmens vor Darlehensverbindlichkeit bei der Personengesellschaft
Eigenkapital 3,0355
Fremdkapital 3,0610

Damit ist ebenso ertragsteuerlich die Eigenkapitalfinanzierung günstiger.

[1] DStR 2009, 2115ff.
...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge