Rz. 121

Folgt man der Auffassung der Finanzverwaltung, so ist der unentgeltliche Zuwendungsnießbrauch an Kapitalvermögen als Quellenübertragungsinstrument aus steuerlicher Sicht uninteressant geworden. Als andere Gestaltungsmöglichkeiten zur Quellenübertragung bieten sich die Vollrechtsübertragung, das echte Wertpapierpensionsgeschäft bzw. ein Wertpapierdarlehen an.

 

Rz. 122

—   Vollübertragung

Hier wird der Übernehmer der Vermögenswerte neuer Inhaber der Anteilsrechte bzw. Wertpapiere.

 

Rz. 123

—   Echtes Wertpapierpensionsgeschäft

Ein echtes Wertpapierpensionsgeschäft liegt vor, wenn Wertpapiere auf Zeit gegen Entgelt bürgerlich-rechtlich mit der Maßgabe übertragen werden, daß sie zu einem im voraus festgelegten oder vom "Pensionsgeber" zu bestimmenden Zeitpunkt gegen Entrichtung des empfangenen oder eines im voraus vereinbarten Betrags wieder zurückzuübertragen sind.

Nach BFH v. 29.11.1982 (GrS 1/81, BStBl II 1983, 272), dem sich die Finanzverwaltung angeschlossen hat[1], sind in dem Falle eines echten Wertpapierpensionsgeschäftes die Einkünfte aus den Wertpapieren dem "Pensionsnehmer" zuzurechnen. Dieser ist nämlich nicht nur zivilrechtlicher Eigentümer der Wertpapiere, sondern erfüllt als Rechtsnachfolger des "Pensionsgebers" den Tatbestand der Einkunftserzielung aus Kapitalvermögen[2]. Bei dem vom BFH entschiedenen Fall handelte es sich allerdings um ein entgeltliches Pensionsgeschäft. Dennoch ist in der Literatur die Auffassung vertreten worden, daß die Entscheidungsgründe des BFH auch auf den Fall anwendbar seien, in dem die zeitweise Übertragung der Wertpapiere unentgeltlich vorgenommen werde, jedenfalls dann, wenn dies bürgerlich-rechtlich wirksam und für eine gewisse Mindestlaufzeit geschehe und die getroffenen Vereinbarungen tatsächlich vollzogen würden[3].

 

Rz. 124

Handelsrechtlich ist die früher umstrittene Zurechnung der Pensionsgüter beim echten Pensionsgeschäft für den Bereich der Kreditinstitute mit dem Bankbilanzrichtlinien-Gesetz geklärt. Nach der neuen Bestimmung des § 340b Abs. 4 HGB sind beim sog. echten Pensionsgeschäft die in Pension gegebenen Wertpapiere unverändert in der Bilanz des Pensionsgebers auszuweisen. Unterschiedsbeträge zwischen Verkaufspreis und Rückkaufspreis sind als laufzeitbezogenes Entgelt für die Verpensionierung anzusehen. Diese Behandlung bei Kreditinstituten dürfte auf Nicht-Banken übertragbar sein[4]. M.E. sind aus der Regelung des § 340b HGB auch Konsequenzen hinsichtlich der Zurechnung von Erträgen zu ziehen, und zwar sowohl für die Einkünfte 1—3 wie auch für die Überschußeinkünfte eines Privatanlegers. Die Zurechnung der Wertpapiere beim Pensionsgeber erfordert also auch eine entsprechende Zurechnung der Erträge[5].

Die FinVerw hat Pensionsgeschäfte zwischen nahen Angehörigen schon immer als verdeckte Nießbrauchsfälle eingeordnet[6]. Leitet man aus § 340b HGB die Zurechnung der Wertpapiererträge beim Pensionsgeber ab, so ist diese Regelung der FinVerw obsolet geworden.

Bei sog. unechten Wertpapierpensionsgeschäften ist der Pensionsnehmer nur berechtigt, aber nicht verpflichtet, das Pensionsgut zurückzugeben[7]. Sowohl handels- als auch steuerrechtlich gehen die Pensionsgüter auf den Pensionsnehmer über[8]. Nach BMF v. 28.6.1984 (a.a. O.) dürfte diese Gestaltung aber bei Pensionsgeschäften zwischen nahen Angehörigen als verdeckter Nießbrauch angesehen und damit nicht anerkannt werden.

 

Rz. 125

— Wertpapier-Leihgeschäfte (Wertpapier-Darlehen)

Bei einem Wertpapier-Leihgeschäft werden Wertpapiere mit der Verpflichtung übereignet, daß der "Entleiher" nach Ablauf der vereinbarten Zeit Papiere gleicher Art, Güte und Menge zurückübereignet und für die Dauer der "Leihe" ein Entgelt entrichtet. Die hingegebenen und die zurückzugebenden Wertpapiere gehören derselben Wertpapiergattung an. Bei festverzinslichen Wertpapieren sind dies Wertpapiere einer Emission, sie haben also die gleiche Ausstattung (gleiches Ausgabedatum, gleichen Nennbetrag, gleiche Laufzeit und Verzinsung); bei Aktien sind Emittent und Art der Aktie (z. B. Inhaberaktie, Vorzugsaktie) identisch. Dabei wird davon ausgegangen, daß die Laufzeit der Darlehen sehr kurz und das Entgelt am Geldmarkt zinsausgerichtet ist. Zivilrechtlich liegt diesem Geschäft unstreitig ein Vertrag über ein Sachdarlehen zugrunde[9]. Nach § 607 BGB können Gegenstand eines Darlehens Geld oder andere vertretbare Sachen sein. Zu den vertretbaren Sachen gehören grundsätzlich auch Wertpapiere.

Nach BMF v. 3.4.1990 (DB 1990, 863) ist ein Wertpapier-Leihgeschäft bilanzsteuerrechtlich von einem echten Wertpapierpensionsgeschäft[10] zu unterscheiden. Für Wertpapier-Leihgeschäfte ist keine besondere handelsrechtliche Regelung vorgesehen, so daß die allgemeinen GOB gelten, wonach der Kaufmann seine Vermögensgegenstände und seine Schulden in der Bilanz auszuweisen hat. Mit der zivilrechtlichen Übertragung des Eigentums ist die Darlehensvaluta auch steuerlich dem Entleiher zuzurechnen, da er auch im wirtschaftlichen Sinne Eigentümer ist. Konsequenterweise...

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